Datei #1254: "Amerikadienst - Für die Frau xx.01.1956"

Amerikadienst - Für die Frau xx.01.1956

Titel

Amerikadienst - Für die Frau xx.01.1956

Beschreibung

1. Die Frau und die Vereinten Nationen
Von Mrs. Kathryn H. Stone
Mitglied des Repräsentantenhauses von Virginia

2. Weiche Linien und warme Farben
Eine bemerkenswerte Ausstellung von
Gebrauchsmöbeln in San Francisco

3. Family Court
Ein Gericht, das kein Gericht ist, aber
zahlreiche Mißverständnisse auf friedliche
Weise klärt

4. Erziehung für eine Welt
Ein Besuch in der Internationalen
UN-Schule in New York


5. Kurznachrichten für die Frau
Lebensmittelkonservierung durch radioaktive Strahlung
Tanzen hilft heilen
Nahrung für Millionen-Programm wächst ständig
Neuer Frauenorden in den USA

6. Hauswirtschaftslehre als akademisches Studienfach in den USA
Die Familie steht dabei im Mittelpunkt

Datum

xx.01.1956

Text

AMERIKA

DIENST
U. S. Feature Service

3ad

Godrsberg

1 • Postfach

300

• Telefon Bonn M r h l e m 3257

IX. Jahrgang, Nr. 1/W

Für die Frau

Januar

1956

INHALTSVERZEICHNIS
DIE FRAU UND SIE VEREINTEN NATIONEN
Von Mrs. Kathryn H. Stone
Mitglied des Repräsentantenhauses
von Virginia
(96 Zeilen, 1 Bild)

Seite

1

WEICHE LINIEN - WARME FARBEN
Eine bemerkenswerte Ausstellung von
Gebrauchsmöbeln in San Francisco
(68 Zeilen, 2 Bilder)

Seite

4

FAMILY COURT
Ein Gericht, das kein Gericht ist, aber
zahlreiche Mißverständnisse auf friedliche Weise klärt
(80 Zeilen)

Seite

7

ERZIEHUNG FÜR EINE WELT
Ein Besuch in der Internationalen
UN-Schule in New York
(135 Zeilen, 1 Bild)

Seite

10

Seite

15

Seite

15

Seite

17

Seite

17

KURZNACHRICHTEN FÜR DIE FRAU
a) Lebensmittelkonservierung
durch radioaktive Strahlung
(16 Zeilen)
b) Tanzen hilft heilen
(30 Zeilen)
c) Nahrung für Millionen-Programm
wächst ständig
(24 Zeilen)
d) Neuer Frauenorden in den USA
(19 Zeilen)

* * * * #

\M KKIK A

DIENST
U. S. Feature Service

Bad

Codcibrrc

1 • Poilfich

300

IX. Jahr-rang, Nr.

• Telefon B o n n - M e h l e m 3257

2/W

Für die Frau
Februar

1956

INHALTSVERZEICHNIS
LIE LEIiOKRATISCHE ERZIEHUNG-SFORM
A u s l ä n d e r b e i d e r "Woche d e r a m e r i k a n i s c h e n

Erziehung"
(120 Zeilen, 2 Bilder)
PREISTRACER: FRANKLIN, LER RABE
Las Kinder-Königreich der Tiere
im Bronx-Zco von New York
(88 Zeilen, 1 Bild)
LIE YvOLKENMÄLCHEN
<F5 Jahre Luftstewardessen in den USA
(8o Zeilen, 2 Bilder)
KURZNACHRICHTEN FÜR LIE FRAU
Zahlen um die verheiratete Frau in USA
(24 Zeilen)
Neue Hoffnung für Betagte
(18 Zeilen)
Las "College im Heim"
(15 Zeilen)
"... mit den Ärmeren teilen"
64 Millionen Kilogramm Lebensmittel
für 29 Länder
(12 Zeilen)
US-Botschafterin für die Schweiz
für "außerordentliche Leistungen"
ausgezeichnet
(22 'Zeilen)

* * * * *

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1

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5

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8

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11

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11

Seite

12

Seite

13

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13

AMKRIKA

DIENST
U . S. F e a t u r e Service

Bad

Godesberg I • Postfach

300

IX. J a h r g a n g , Nr.

• T e l e f o n Bad Godesberg 7 1 3 2 5 7

5/w

Für die Frau
März 1956

INHALTSVERZEICHNIS
FERNSEHEN KONTRA LESEN
Ein Problem, das nicht mehr stichhaltig ist
Von Norman Smith
(65 Zeilen, 2 Bilder)

Seite 1

DIE RUDKINS VON DER PEPPERIDGE-FARM
Spezialität: handgeknetetes Brot
Von Kathleen Ayres
(89 Zeilen, 1 Bild)

Seite

4

leite

7

Seite

8

Seite

9

MUTTER GEHT WIEDER IN DIE SCHULE
Auch ältere Menschen wollen noch lernen
(48 Zeilen)
KURZNACHRICHTEN FÜR DIE FRAU
ANTIBIOTIKA ZUR NAHRUNGSMITTELKONSERVIERUNG
Wichtig« Entscheidung der USBundesprüfstelle für Nahrungsmittel und chemische Präparate
(22 Zeilen)
GEGEN DEN UNFALLTOD VON KINDERN
Aus dem diesjährigen Arbeitsprogramm
der Weltgesundheitsorganisation
(17 Zeilen)

* * * * *

AMKKIKA

DIENST
U. S. Feature Service

Bad

Codeiberg 1 • Postfach

3 0 0 • Telefon Bad Godeaberg 713257

I X . J a h r g a n g , N r . 4/W

Für die Frau
April 1956

INHALTSVERZEICHNIS
DAS SCHICKSAL DER FRAU UNTER
KOMMUNISTISCHEM REGIME
Zeitungsberichte enthüllen die Wahrheit
(60 Zeilen)

Seite

VOM SPANISCHEN BOLERO BIS ZUM INDISCHEN SARONG
Internationale Trends in der
amerikanischen Mode 195°
(85 Zeilen, 3 Bilder)

Seite

DIE JUNGEN FRAUEN DES JAHRES
"Mademoiselle" verleiht Auszeichnungen
für hervorragende Verdienste
(80 Zeilen, 1 Bild)

Seite

DIE
Von
der
(56

Seite

KINDER, DIE ICH NICHT VERGESSER KANN
Dr. Anton Geser, Leiter eines Arzteteams
Weltgesundheitsorganisation in Asien
Zeilen, 1 Bild)

KURZNACHRICHTEN FÜR DIE FRAU
Amerikanische Farmersfamilie adoptiert
acht kleine Koreanerwaisen
(14 Zeilen)
Die Rolle von Funk und Fernsehen
im religiösen Leben Amerikas
(16 Zeilen)

* * * * *

Seite

11

Seite

11

AMKRIKA

DIENST
U. S. Feature Service

Bad

Godetberg I • Postfach

3 0 0 • Telefon Bad Godetberg 713257

Für die Frau
Mai 1956

I X . J a h r g a n g , N r . 5Av

INHALTSVERZEICHNIS

IM GARTEN DER DÜFTE
Ein Blindenpro.iekt, das vielfache Nachahmung
finden wird (70 Zeilen, 2 Bilder)

Seite

1

DAS BLONDE FRAULEIN BAUINGENIEUR
AUS LOS ANGELES
Marilyn Jorgenson, die Straßenbauexpertin
(65 Zeilen, 1 Bild)

Seite

4

EINE NEUE JOHANNA - EIN NEUER TYP
Julie Harris, die zur Zeit beste
Schauspielerin der amerikanischen Bühne
(70 Zeilen, 1 Bild)

Seite

6

Seite

9

KURZNACHRICHTEN FÜR DIE FRAU
Theatersaison mit bemerkenswert
viel weiblichen Bühnendichtern
(12 Zeilen)
Musik als Lernstimulans
(10 Zeilen)
Frauencollege ehrt Woodrow Wilson
(12 Zeilen)

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AMERIKA

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Bad

Godcibern 1 • Postfach

3 0 0 • Telefon Bad Godesberg 713257

Für die Frau

Juni

IX. Jahrgang. Nr. 6/'ff

1956

INHALTSVERZEICHNIS

AMERIKAS "BE'VIINDERNSY/ERTE FRAUEN"
—————__________________________

^

Eine Armee freiwili g- r Helferinnen im
Dienste der Menschlichkeit
(98 Zeilen)

Seite

1

KINDERHEIM MIT NESTWÄRME
Das neue Kinderheim der Methodisten
in St. Louis (Missouri)
(70 Zeilen, 2 Bilder)

Seite

4

Seite

7

Seite

10

MISS HODEL UND IHR SCHECKBUCH
Eine Frau verwaltet die Bargeldbestände
der amerikanischen Regierung
(72 Zeilen, 1 Bild)

BLACKWELL-PREIS FÜR VIER AMERIKANISCHE ÄRZTINNEN
(30 Zeilen)

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KRIKA

DIENST
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B a d G o d e i b e r g I • P o s t f a c h 300 • Telefon Bad Godeiberg 713257

Für die Frau
J u l i 1956

IX. J a h r g a n g . Nr. 7/W

INHALTSVERZEICHNIS
DIE JOHN TRACY CLINIC
Eine Institution für gehörgeschädigte
Kinder und ihre Eltern
Von Mrs. Spencer Tracy
(98 Zeilen, 2 Bilder)

Seite

1

VON DER DREHTÜR BIS ZUM DACHGARTEN
Eine Frau leitet die erste amerikanische
Hotelfachschule
(90 Zeilen, 1 Bild)

Seite

5

BETRIEBSKRANKENSCHV/ESTER IN AMERIKA
Von Betty Leonard
(85 Zeilen, 1 Bild)

Seite

8

DER VERRAT BEGINNT SCHON IM ELTERNHAUS
Die "Fünf Lieben" der Chinajugend
(30 Zeilen)

Seite

11

DIE ERSTE MEDIZINISCHE HOCHSCHULE FÜR FRAUEN
1850 in Philadelphia gegründet
(30 Zeilen)

Seite

12

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AMERIKA

DIENST
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B a d C o d e . b e r g 1 • P o s t f a c h 300 • Telefon Bad Godetberg 713257

Für die Frau
August

IX. Jahrgang. Nr. 8/W

1956

INHA LTSVERZEIGHNI5

"GIRLS STATE". DER 49. STAAT DER USA
Praktische Erziehung zum guten Staatsbürger
Von Margaret Hickey
(85 Zeilen)

Seite

DIE VARIABLEN KIDDIE KEY-MODELLE
Knappe Mieder - weite Röckchen - tiefe Säum«
(55 Zeilen, 2 Bilder)

Seite

EIN HANDIKAP WIRD ÜBERBRÜCKT
Kindergarten für blinde Buben und Mädchen
(75 Zeilen, 2 Bilder)

Seite

KURZ BERICHTET FÜR DIE FRAU
Sprachunterricht für Kleinkinder
(10 Zeilen)

Seite

Europäische Haushaltsgeräte auf dem
amerikanischen Markt
(9 Zeilen)

Seite

Drei "Frauen"-Romane auf Amerikas Bücherborden
(15 Zeilen)

Seite

* * * * *

10

V '

AMKKIKA

DIENST
U. S. Feature Service

B a d G o d e a b e r g l • P o s t f a c h 300 • Telefon Bad Godesberj; 713257

Für die Frau
September 1956

IX. Jahrgang, Nr. 9/w
INHALTSVERZEICHNIS
FRAUENKLUBS HELFEN, V/O SIE KÖNNEN
Gutes tun - kennt keine Grenzen
(88 Zeilen, 2 Bilder)

Seite

DIE FRAU IST DAS MASS ALLER DINGE
Die Amerikanerinnen haben die
Herrschaft angetreten
(55 Zeilen)

Seite

PLANE DEINE ZEIT V/IE DEINE AUSGABEN
Bericht über die Sommerkonferenz
"Service Bureau for Women" in
Hartford (Connecticut)
(100 Zeilen)

Seite

DAS INTERESSIERT DIE FRAU
Immer mehr Frauen in leitenden
Positionen
(12 Zeilen)

Seite

10

S ä u g l i n g s - und X l e i n k i n d e r p f l e g e
U S - B e s t s e l l e r Nr. 1
(30 Z e i l e n )

Seite

10

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AM K K I K A DI E N S T
U. S. Feature Service

Für die Frau

B a d C o d e i b e r j I • P o s t f a c h 3 0 0 • Telefoa Bad Godeiberg 713257

IX. Jahrgang, Nr. 10/w

Oktober 1956
INHALTSVERZEICHNIS

GEHÖREN FRAUEN ÜBER VIERZTG ZUM ALTEN
BERUFSEISEN?
US-Arbeitsministerium wirbt für die
ältere Frau
(90 Zeilen, 2 Bilder)
EIN KRANKENHAUS. DAS DIE LIEBE BAUTE
(60 Zeilen, 1 Bild)

Seite

WER KEINE KONFEKTION KAUFEN WILL i..
Schneiderwettbewerb amerikanischer
Hausfrauen auf der New Yorker Modewoche
(56 Zeilen, 1 Bild)

Seite

Seite

KURZNACHRICHTEN FÜR DIE FRAU
Erweitertes AltersVersorgungsgesetz
für Frauen
(13 Zeilen)
Denkmal für Hans Christian Andersen
(7 Zeilen)
Seminar für staatsbürgerliche Erziehung
der Frauen
(10 Zeilen)

Seite

9

Seite

9

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10

Beruf - Heim - Familie
Seite
(17 Zeilen)
Passive Zuhörer sind nicht erwünscht
Seite
(17 Zeilen)
US-Familieneinkommen 1955 um Gjo gestiegen
Seite
(5 Zeilen)

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AMERIKA

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Bad

Godeaberg I • Postfach

3 0 0 • Telefon Bad Godesbera; 713257

Für
November

IX. Jahrgang. Nr. 11/w
INHALTSVERZEICHNIS

DIE FRAU ALS BOSS
Von Katharine Hamill
Nachdruck in drei Teilen aus der
Wirtschaftszeitschrift "Fortune"
I. DAS VORDRINGEN DER FRAU IN DEN
BEREICH DER MANAGER
(80 Zeilen, 2 Bilder)
II.

III.

Seite

STELLT DIE FRAU WIRKLICH IHREN MANN?
(130 Zeilen, 1 Bild)

Seite

DAS SOZIALE PROBLEM - PARTNERIN UND MUTTER
(95 Zeilen, 1 Bild)

Seite

KURZNACHRICHTEN FÜR DIE FRAU
Schlüssel für die Ursachen der Hasenscharte
(22 Zeilen)
Nansen-Medaille für Dorothy Houghton
(8 Zeilen)
Ein neues Buch von Pearl S. Bück
(10 Zeilen)
Geflüchtetes ungarisches Tänzerpaar gründet
eigenes Ballett
(6 Zeilen)

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Codesberg I • Postfach

Für die Frau

3 0 0 • Telefon Bad Godesberc 713257

Dezember

IX. Jahrgang. Nr. 12/ff

1956

INHALTSVERZEICHNIS
HAUSWIRTSCHAFTSLEHRE ALS AKADEMISCHES STUDIENFACH
Mittelpunkt ist die Familie
(100 Zeilen, 2 Bilder)

Seite

KUNST IM RAUM
Eine Ausstellung in New York
(75 Zeilen', 1 Bild)

Seite

DAS INTERESSIERT DIE HAUSFRAU
Neues von der Nahrungs- und Genußmittelindustrie
Kartoffeln von Eiern "überrundet"
(18 Zeilen)

Seite

• 7

Seite

8

Seite

8

Aus Hausfrauen werden Lehrerinnen
Ein Versuch, der Lehrerknappheit zu steuern
(16 Zeilen)

Seite

9

Neues über Antibiotika
(25 Zeilen)

Seite

9

Seite

10

Kaffee - ein neuer Aktivposten der mittelamerikanischen Kleinstaaten
(15 Zeilen)
Welche Bfotsorten liebt der Amerikaner?
(14 Zeilen)

WEIHNACHTLICHE REZEPTE
Backdüfte ziehen durch das Haus
Plumpudding - Fruit Cake - Eggnog

* * * * *

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Januar 1956

DIE FRAU UND DIE VEREINTEN NATIONEN
Von Mrs. Kathryn H. Stone,
Mitglied des Repräsentantenhauses von Virginia
Als Mrs. Kathryn Stone 1953 in das Repräsentantenhaus des Staates Virginia gewählt wurde, war sie die erste Frau, die nach einer
Pause von zwanzig Jahren wieder in diese
öffentliche Körperschaft aufgenommen wurde.
Vor kurzem hat sie nach einer Wiederwahl
ihre zweite zweijährige Amtsperiode im Kongreß von Virginia angetreten.
Vor ihrer Abgeordnetentätigkeit arbeitete
Mrs. Stone für die League of Women Voters
(Verband amerikanischer Wählerinnen) und
opferte viel Zeit und Mühe, um die Arbeit
und Ziele der Vereinten Nationen einem großen
Publikum näher zu bringen. Mrs. Stone ist die
Frau eines Betriebsberaters in Arlington
(Virginia) und Mutter von drei Kindern.
( 96 Zeilen)
NEW YORK - (AD) - Was sind die Vereinten Nationen für die
Frau? Grundsätzlich wohl das, was sie für alle Menschen sind:
Mittler des Weltfriedens und der internationalen Verständigung,
Weltforum für die gemeinsame Arbeit an der gemeinsamen Lesung
der gemeinsamen Probleme.
Es wäre zwar unrealistisch, zu sagen, daß der Friede den
Frauen mehr bedeute als den Männern; aber seit Menschengedenken
waren es die Frauen und Mütter, die am meisten um den Frieden
bangten; zu keiner Zeit jedoch stand ihnen für ihr Friedenswerk
ein besseres Werkzeug zur Verfügung als heute in der Organisation der Vereinten Nationen.
Und in gewisser Hinsicht spielen die Frauen vielleicht tatsächlich eine besondere Rolle bei der Verwirklichung der größten
Hoffnung aller Menschen, den Hoffnungen, die so klar in der
Charta der Vereinten Nationen niedergelegt sind.
So ist es nur natürlich, daß die Frauen der Welt es sind,
die den Zielen der UN ihre volle Sympathie und Unterstützung
geben. Die amerikanischen Frauenorganisationen haben dies seit
einem Jahrzehnt getan und jeder US-Delegation bei den Vereinten
- 1 -

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Januar 1956

Vereinten Nationen gehörte stets auch eine Frau an. Darunter
Persönlichkeiten wie Eleanor Roosevelt, die Gattin des verstorbenen Präsidenten Franklin Delano Roosevelt; Ruth Bryan
Rohde, vor wenigen Jahren noch US-Gesandte in Dänemark;
nnna Lord Strauss, frühere Präsidentin des Verbandes amerikanischer Wählerinnen und heutige Leiterin der Carrie Chapman
Catt Memorial-Stiftung; Edith Sampson, die bekannte Chicagoer
Negeranwältin; und Mary Pillsbury Lord, Vertreterin der USA
bei der UN-Kommission für Menschenrechte und stellvertretende
US-Delejierte bei der kürzlich beendeten zehnten UN-Vollversammlung.
Auch im Rahmen der UN-Kommission für den Status der Frau
sind die amerikanischen Frauen stets uneingeschränkt für die
Förderung der Stellung der Frau in allen Teilen der Welt eingetreten, ohne Unterschied von Rasse, Religion, Sprache und
Geschlecht, wie dies in der UN-Charta festgelegt worden ist.
Im Laufe seines 10jährigen Bestehens und Wirkens haben auf Anregung dieses Ausschusses hin 27 Länder den Frauen das Wahlrecht zugebilligt; 62 Länder haben die völlig rechtliche Gleichstellung von Mann und Frau verfassungsmäßig festgelegt, und sechs
weitere Länder haben der Frau eine solche Gleichberechtigung mit
geringen Einschränkungen gewährt. Amerikanische Delegierte bei
diesem Ausschuß ist Lorena Hahn.
Dem Besucher des UN-Hauptquartiers am East River in New York
City fällt auf, daß das Bild der Frauendelegierten immer bunter
wird - vor allem durch die Anwesenheit einer ständig wachsenden
Zahl von Vertreterinnen orientalischer Länder. Die Inderin
Madame Pandit war es beispielsweise, die zwei Jahre den Vorsitz
bei den UN-Vollversammlungen führte und es mit Fairness und
Würde tat und dies sicherlich nicht nur, weil sie eine Frau ist.
In diesem Lichte sehen alle bei den Vereinten Nationen in
irgendeiner Position tätigen Frauen ihre Aufgabe; sie erfüllen
sie mit derselben Freizügigkeit und klaren Urteilskraft wie die
Männer, die bei dieser Weltorganisation ihre Länder und Regierungen vertreten.
Aber nicht nur bei der Vollversammlung und der Verwaltung
der UN stellen die Frauen "ihren Mann", sie bekleiden darüber

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Januar 1956

darüber hinaus bei den Sonderorganisationen zahlreiche verantwortliche Ämter. Direktor der Technischen Hilfeprograrame
für soziale Wohlfahrt ist die Amerikanerin Julia Henderson.
Die australische Rechtsanwältin Mary Tenison-Woods füllt dasselbe Amt bei der UN-Kommission für den Status der Frau aus.
Katherine Lenroot, die frühere Leiterin des US-Amtes für Kinderfürsorge, hat viel zum Gelingen der Arbeit des Internationalen Kinderhilfsfonds (UNICEF) beigetragen.
Fast selbstverständlich ist es, daß jene UN-Organisationen,
deren Tätigkeitsgebiet vor allem frauliche Aufgaben, wie Säuglingspflege, Lehrtätigkeit, Kinderfürsorge und Hauswirtschaft,
einschließen, auch vorwiegend Frauen beschäftigen. Frauen vieler
Nationen haben durch die Vereinten Nationen und ihre Sonderorganisationen dazu beigetragen, das Leben ihrer Schwestern in allen
Teilen der Welt gesünder, leichter und freundlicher zu gestalten.
Die UN-Organisationen werden darüber hinaus von zahlreichen
sogenannten "ni'chtstaatlichen" (non-governmental) Frauen-Verbänden und Vereinigungen bei der Erreichung ihrer weitgesteckten
Ziele, der Errichtung des Weltfriedens und der Schaffung einer
besseren Welt, unterstützt.
Im Rahmen der UN-Charta genießen diese Organisationen den
Status eines UN-Beraters und ihre Abgeordneten sitzen im Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen (ECOSOC). So erhält ihre Arbeit doppelten Wert. Sie haben einmal ein Wort mitzureden bei den Beschlüssen des Rats und zweitens die Möglichkeit, ihre nationalen und lokalen Gruppen über die Arbeit der
Vereinten Nationen auf dem laufenden zu halten.
Die Zahl dieser im Auftrag von non-governmental-Gruppen
bei den UN arbeitenden Frauen ist schwer zu schätzen; es gehören
zu ihnen Vertreterinnen zahlreicher Verbände, wie des Christlichen Vereins Junger Frauen, des internationalen Akademikerinnenverbands, des internationalen Verbands der Klubs berufstätiger
Frauen, des Weltkirchenrats, des Katholischen Frauenbunds, der
Vereinigung jüdischer Frauenorganisationen und des Roten Kreuzes,
um nur einige zu nennen.
Jetzt, da die Vereinten Nationen die Schwelle des zweiten

•»

"AMERIKA IIENST" - FÜR DIE FRAU

Januar 1956

zweiten Jahrzehnts ihrer Tätigkeit überschritten haben, soll
noch einmal daran erinnert werden, daß diese Organisation für
uns besteht und nur durch unsere Mitarbeit bestehen kann. Ihr
Ziel ist Frieden und ein besseres Leben für alle in einer Welt
der Sicherheit, Ordnung und Freiheit. Schon die Erreichung eines
Teiles dieser weitgesteckten Aufgaben ist wesentlich für unser
Leben und für die Zukunft unserer Kinder.
ACHTUNG REDAKTION!

Auf Anforderung übersendet Ihnen der
AMERIKA DIENST kostenlos ein Forträt
von Mrs. Kathryn H. Stone.

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WEICHE LINIEN - WARME FARBEN
Eine bemerkenswerte Ausstellung von Gebrauchsmöbeln
in San Francisco
(68 Zeilen)
SAN FRANCISCO - (AD) - "California Designed", heißt der
Titel einer im San Franciscoer . etYoung-Museum gezeigten Ausstellung von Inneneinrichtungen und Gebrauchsgegenständen, die
eine originelle und aparte Kombination japanischer, schwedischer
und westamerikanischer Charakteristika in sich vereinigen.
Vater des Gedankens ist Samuel Heavenrich, Direktor der Kulturabteilung der Gemeinde Long Beach bei Los Angeles, der mit
Unterstützung von der in Köln geborenen Dr. Elisabeth Moses, heute
Kurator für Kunsthandwerk am ..tt^Young-Museum, die Ausstellung zusammengestellt hat.
Etwa ein Jahr liegt es zurück, daß "California Designed",
was zu deutsch soviel wie "Kalifornische Wertarbeit" heißt, zum
Wettbewerb aufrief. Über 500 Eingänge waren nach Ablauf der Einsendefrist zu verzeichnen, aus denen die sechsköpfige Jury 250
für die Ausstellung auswählte.
Maßgebend
- 4 -

"AMERIKA DIENST" - FÜR SIE FRAU
Januar 1956
Maßgebend für die Annahme waren nicht nur der originelle
Entwurf, sondern auch die saubere und gediegene Handwerksarbeit, wobei mehr Betonung auf "Originalität" als darauf gelegt
war, daß die Entwürfe den derzeitigen Konzeptionen von "Modern
und Geschmack" entsprachen. Bei der Beurteilung der Möbel spielte auch die Zweckmäßigkeit eine bedeutende Rolle, allerdings
durfte diese das Attribut "ansprechend" nicht beeinträchtigen.
Weiche Linienführung und warme Farbtönungen hatten vor ausgesprochen nüchternen Zweckmöbeln den Vorzug.
Das Ergebnis war denn auch eine in dieser Schau recht
spürbare Abkehr von den scharfkantigen Formen des "klinischen"
Stils, der seit langem bei modernen Einrichtungen vorherrschend
ist. Schmiedeeisen beispielsweise wurde weitgehend durch Holz
ersetzt, dessen natürliche Faserung und Struktur durch neuartige Behandlung noch eine besondere Akzentuierung erfuhr. Viele
Stücke trugen den Stempel der einfachen, ansprechenden und dabei
sehr praktischen schwedischen und orientalischen Einrichtungen;
auffallend war der starke japanische Einfluß in allen gezeigten
Gegenständen.
Bambus ist sowohl bei Möbeln als auch ein für Blendgardinen
vielverwendetes Material. Hier fielen vor allem die Arbeiten
von Lorothy Liebes auf, die den Bambus auffasert und mit Garnen
und Metallfäden durchwirkt. Die Entwürfe der kalifornischen
Kunsthandwerkerin und Lessinateurin werden seit mehr als zehn
Jahren von namhaften Firmen der USA hergestellt und haben
einen maßgebenden Einfluß auf die heutige Geschmacksrichtung
in Wandteppichen und Gardinen ausgeübt.
Weiterar Beweis für die Beliebtheit fernöstlicher Geschmacksrichtungen sind die handgemalten Scrolls auf Japanpapier mit
eingepreßten echten Schmetterlingen, Grashalmen und Blättern
sowie Tapeten aus Japanseide. Walter Harada, selbst japanischer
Abstammung, ist der Schöpfer reizvoller Bestecke aus rostfreiem
Stahl, die in San Francisco von der Firma Mitsuru hergestellt
werden.
Eine weitere Anregung aus Fernost sind die "Hibachi-Tische",
das sind runde Eßtische, die in der Mitte ein Kohlebecken haben,
wo auf offenem, mit nicht rauchender Holzkohle gespeistem Feuer

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Januar 1956

Feuer - mit Ausnahme des Reises - die Mahlzeiten für die Familie
zubereitet werden. Diese Tischöfen geben den in dem milden Klima
Kaliforniens beliebten Gartenparties und Patio-Picknicks eine
ganz besondere Note.
Unter den Gegenständen sind auch recht brauchbare und alltägliche Dinge in durchaus linienschöner und solider Form zu
finden. Dazu gehören ein Kamin aus Stahl, ein Papierkorb aus
*
Kunststoff, ein Satz Pfannen und Töpfe aus rostfreiem Stahl
und Kupfer und eine automatische Müllanlage.
Zu bemerken ist noch, daß alle Entwürfe von gebürtigen
Kaliforniern oder derzeit in Kalifornien ansässigen Künstlern,
sind, so daß dem Leitwort und der Handelsmarke "California
Designed" auch voll Rechnung getragen wird. Die Ausstellung,
die bisher in San Francisco und in Long Beach gezeigt wurde,
wird demnächst ihre Rundreise durch die USA antreten. Eine Reihe
größerer amerikanischer Städte hat ihr Interesse an der Schau
zum Ausdruck gebracht.
Wie bereits eingangs erwähnt, ist Dr. Moses, die am Zustandekommen der Ausstellung maßgeblich beteiligte Kuratorin des
DeYoung-Museums, in Köln am Rhein geboren. Sie hat in Bonn, Berlin
und München studiert und später am Kölner Kunstgewerbemuseum gearbeitet. Zu Beginn der Naziherrschaft in Deutschland ging sie
nach Italien, von wo aus sie sich 1934, einer Einladung ihrer
Freundin Vicki Baum folgend, nach den USA einschiffte. Vicki Baum
lebte damals in Kalifornien. Während ihres Amerikabesuches hatte
Dr. Moses Gelegenheit, den Direktor des DeYoung-Museums in San
Francisco kennenzulernen und von ihm die Erlaubnis erhalten, bei
der Neugestaltung des recht antiquierten Museums mitzuarbeiten.
Man sprach zunächst von drei Monaten - es sind Jahre und Jahrzehnte
daraus geworden. Das Museum - und das dürfte Beweis genug für die
Tüchtigkeit Dr. Moses' sein - hat heute die drittgrößte Besucherzahl aller amerikanischen Museen.
ACHTUNG REDAKTION!
1)

Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA
DIENST kostenlos folgende Bilder:
"California Designed" heißt eine Ausstellung von Einrichtungs- und Gebrauchsgegenständen, die in San Francisco
gezeigt wurde, und viele japanische,•schwedische und auch

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Januar 1956

auch typisch amerikanische Einflüsse aufweist.
Unser Bild zeigt eine Wohnecke: Stühle sind aus
Holz und Leder, der Wollteppich ein Entwurf von
Trude Guermonprez; die handgewobenen Stoffe aus
Leinen und Baumwolle stammen von Ida Dean Grae.
2)

Ein Wandschirm, der auf der Ausstellung "California
Designed" in San Francisco gezeigt wurde. Das Material
ist auf Fiberglas gezogenes Japanpapier mit eingepreßten Schmetterlingen, Grashalmen und Blätterwerk
im sechsteiligen Holzrahmen.

* * * * *

FAMILY COURT
Ein Gericht, das kein Gericht ist, aber zahlreiche
Mißverständnisse auf friedliche Weise klärt
(80 Zeilen)
NEW YORK - (AD) - Kürzlich begründete die Berufsabteilung
beim Obersten Gerichtshof des Staates New York eine neue Abteilung,
wie sie in anderen Staaten der USA unter der Bezeichnung "Family
Court" schon seit langem besteht. Die Gründung geht zurück auf das
Verlangen von Sozialreformern und könnte eine Reorganisation des
gesamten, vielschichtigen Justizwesens im Staate New York mit sich
bringen.
Der "Family Court" ist eine im Rahmen der Gerichtsorganisation
für Familienstreitigkeiten aller Art zuständige Stelle, deren Aufgabe es ist, Streitfälle zwischen Familienmitgliedern beizulegen,
bevor sie als Klage einem öffentlichen Gericht eingereicht werden.
Der Richter, der die Verhandlung derartiger Fälle führt, fällt dabei kein offizielles Urteil, sondern versucht, den Streit durch
einen schiedsrichterlichen Spruch beizulegen. Der Leitgedanke, der
dieser Art der Gerichtsbarkeit zugrunde liegt, ist der, daß jede
Familie versuchen soll, ihre Unstimmigkeiten aus der Welt zu schaffen, ohne daß die Gegensätze durch öffentliche Prozeßführung noch
verstärkt werden.
Das Richteramt bei diesen Verhandlungen, die unter Ausschluß
der Öffentlichkeit geführt werden, stellt im allgemeinen höhere

- 7-

"^••'ERIIC.. DIENST" - FÜR DIE TRAU

Januar 1956

höhere Anforderungen, als es bei normalen Straf- und Zivilprozessen der Fall ist. Nur größte Erfahrung und tiefstes psychologisches Einfühlungsvermögen ermöglichen es dem Richter, wirklich
das volle Vertrauen der streitenden Parteien zu gewinnen und sie
schließlich zu einer Einigung zu bringen, ohne ein Gesetz heranziehen zu müssen. Mit Geduld, Güte und Humor, aber manchmal auch
mit unmißverständlicher Offenheit muß er die Widerspenstigen zur
Ordnung rufen und versuchen, sie miteinander zu versöhnen.

"Die meisten der vor dem "Family Court" verhandelten Fälle
betreffen höchst reale Dinge des täglichen Lebens. Einmal ist es
ein getrennt lebendes Ehepaar, das sich über die Unterhaltszahlun£en an die Frau nicht einigen kann. Dann wieder ist es ein alter,
kranker Mann, der vor dem Richter erscheint und sich darüber beklagt, daß seine erwachsenen Kinder nicht genügend für ihn sorgen.
Eine junge Frau, die von ihrem Gatten verlassen wurde, nicht weiß,
wo er sich aufhält und nun vollkommen mittellos dasteht, da auch
ihre Eltern sie nicht aufnehmen wollen, bittet ebenfalls den Richter, ihr zu helfen...
Viel Leid bekommt der Richter des Family Court täglich zu
hören und zu sehen. Seine Wartezimmer sind stets gedrängt voll
von Recht- und Hilfesuchenden. Männer und Frauen aller Altersstufen und Gesellschaftsschichten kommen zu ihm, um seinen Rat
zu hören und durch ihn ihre Familienstreitigkeiten aus der Welt
schaffen zu lassen. Und nahezu in allen Fällen gelingt es ihm auch
wirklich, Frieden zu stiften. Bei all seinen Entscheidungen aber
stellt er die Rechte des Kindes in den Mittelpunkt. Es gibt nichts
Schlimmeres, als ein Kind wissentlich verkommen zu lassen, das heißt
mit anderen Worten, ihm die für seine gesunde geistige und seelische
Entwicklung notwendige Grundlage, nämlich das harmonische Zusammenleben innerhalb der Familie, zu entziehen. Diese Harmonie zu erhalten, ist die eigentliche Aufgabe des Family Court.
In New York wird ein Sonderkomitee der New York City Bar
Association noch zusätzlich zur Beratung sorgenbeladener Familienmitglieder zur Verfügung stehen und eng mit dem Family Court zusammenarbeiten, wenn es darum geht, Spezialisten auf dem Gebiete
eines gesunden Sozialwesens zur Beratung heranzuziehen.
Vor

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Januar 1956

Vor Gründung des New Yorker Family Court standen dem
Obersten Gericht weder Fachleute aus dem Sozialbetreuungswesen, noch Psychologen oder Psychiater zur Verfügung. Versuche dieser Art wurden allerdings schon von einzelnen Juristen
unternommen. Aber es gab keine organisatorische Basis dafür;
denn man war stets der Meinung gewesen, daß es nicht Angelegenheit des Gerichts sei, sich in dieser Weise zu betätigen.
Dr. Paul V. Lemkau, Direktor des Gesundheitsdienstes im
Komitee für Mentalhygiene von New York City, ist der Überzeugung,
daß der neue Family Court zur Förderung des gesunden Denkens
künftiger Generationen beitragen werde. Kürzlich sprach Dr. Lemkau
über den Rundfunk und erklärte, daß die Familie von ungeheurer
Wichtigkeit für die Psychiater sei und daß die Erhaltung der
geistigen Gesundheit der Familie zu den wichtigsten Voraussetzungen für das Bestehen der menschlichen Gesellschaft überhaupt gehöre. Der Family Court, bei dem der Versuch einer Aussöhnung und
das Yv'artenlassen und Zeitgewinnen zur Standard-Routine gehöre,
solle dazu angetan sein, die Scheidungsziffern beträchtlich zu
senken, das Heim zu schützen und somit eine gesündere Grundlage
für ein vernünftiges Denken zu schaffen.
Die Richter des Obersten Gerichtshofes vom Staate New York
werden sich beim Family Court monatlich ablösen. Als erstem Richter wurde Samuel M. Gold die Arbeit am Family Court übertragen.
Er hat schon früher manchen Ausgleich der streitenden Parteien
im Vorstadium eines Prozesses erreicht.
Zu der Taktik des Wartenlassens meint Richter Gold: "Es ist
eine alte Erfahrung, daß sich die Gemüter dann abkühlen und wenn anfängliche Wut und erster Ärger verraucht sind - oft ein
völliger Wechsel der Ansichten eintritt."
* * * * *

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

J a n u a r 1956

ERZIEHUNG FÜR EINE WELT
Ein Besuch i n d e r I n t e r n a t i o n a l e n UN-Schule i n New York
Von Edward F. P i e r c e
(135 Zeilen)
NEW YORK (Vereinte Nationen) - (AD) - Eine halbe Stunde
von der Innenstadt entfernt, in dem New Yorker Vorort Jamaica,
liegt die merk - würdigste Schule der Welt. Sie wird von den
Kindern der Angestellten des UN-Sekretariats besucht und ist
1949 aus dem Internationalen Kindergarten hervorgegangen, welcher zwei Jahre vorher durch die Mitglieder des Sekretariats
ins Leben gerufen worden war. Damals galt die neugegründete
Schule nur als interessantes Experiment, denn man wollte erfahren, inwieweit sich Kinder verschiedener Nationalitäten,
die obendrein noch verschiedene Sprachen sprechen, gemeinsam
unterrichten und erziehen lassen. Heute ist die "International
School of Children" bereits aus dem Versuchsstadium heraus und
hat-eine richtige Weltgemeinschaft en miniature - den Beweis
erbracht, daß Menschen, mögen sie auch unterschiedlichen Religionen, Rassen und Kulturgemeinschaften angehören, sehr gut miteinander aaskommen können - wiewohl die Menschen, um welche es
sich in diesem Fall handelt, Kinder sind. Aber dieser Umstand
spricht eher für die Allgemeingültigkeit des Schulexperiments,
als dagegen, denn er weist den Menschen als ein a priori soziabeles Wesen aus, das nur der richtigen Erziehung bedarf.
Die Schule, die nach der Eröffnung des neuen UN-Gebäudes
von ihrem alten Sitz in Lake Success in den New Yorker Villenvorort übersiedelt war, wo die meisten der zum Sekretariat gehörenden Familien wohnen, führt die ihr anvertrauten Kinder durch die
ersten zwei Jahre "Kindergarten" und anschließend noch durch vier
Jahre Elementarschule, also durch eine Zeit, in welcher der
Mensch seine ersten und wichtigsten Eindrücke empfängt. In diesem Jahr wird der Lehrplan sogar noch auf eine siebente Elementarklasse erweitert. Die Kinder werden also zehn bis elf Jahre
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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Januar 1956

Jahre alt sein, wenn sie diese Schule verlassen, um die nächst
höhere Lehranstalt zu besuchen.
Der Berichterstatter traf in der Schule, einem langgestreckten, zweigeschossigen Gebäudekomplex, gerade ein, als der Tag
mit der Flaggenhissung begonnen wurde. Ein kleiner Italiener
und ein dänisches Mädchen zogen das blau-weiße Banner der Vereinten Nationen empor. Wir begannen unseren Rundgang dann in
den untersten Klassen, bei den Drei- und Vierjährigen, die gerade
ihre morgendliche Betätigungsstunde - eine behutsame Einführung
in die Welt der Kunst - absolvierten. Unvergesslich ist der Eindruck dieser buntgewürfelten Gesellschaft unterschiedlichster
Miniaturpersönlichkeiten. Ein allerliebstes Chinesenmädchen
hantierte eifrig mit bunten Papierchen, eine zierliche Inderin
mit zauberhaften Samtaugen malte still versonnen etwas vor sich
hin, ein scheuer, semmelblonder Junge, Kind französisch-jugoslawischer Eltern, modellierte, völlig versunken in seine Betätigung, Formen in Ton, und ein kleiner Engländer strahlte vor
Stolz und Glück.über ein gelungenes Bild.
Der Kunstunterricht ist an dieser Schule einer der bedeutendsten Erziehungsfaktoren. Die Kinder finden hier Gelegenheit
zu künstlerischem Ausdruck, sie werden überdies dazu angeleitet,
die Einzigartigkeit und den Reichtum des Kulturerbes kennenzulernen, das eine jede Nation zu der großen gemeinsamen Weltkultur beisteuert. Leiterin dieser Kunst- und Handwerksklassen
ist Mrs. Maria Gonska - oder Miss Maria wie sie von den Kindern
genannt wird -, eine gebürtige Bulgarin. Sie führt die Kleinen
in die Geheimnisse des Zeichnens, Malens und Modellierens ein,
sie zeigt aber auch den Älteren, wie man mit Hammer, Nagel und
Säge umgeht.
Am eindrucksvollsten bei diesem Rundgang durch die Schule
war die Atmosphäre der Verträglichkeit, die Harmonie, die man
überall zu spüren bekam. Und mag es auch noch so natürlich sein,
daß Meinungsverschiedenheiten unter den Menschen - und natürlich
auch unter den "Kleinen" - entstehen, hier in diesen Räumen gibt
es niemals richtigen Zank.
T

*

"AMERIKA DIENST" - FÜR ETE FRAU

Januar 1956

In den untersten Vorschulklassen wird in englischer Sprache
unterrichtet. Es ist Sache von nur wenigen Wochen, bis ein Kind
ein fremdes Idiom mit allergrößter Leichtigkeit handhabt. Einige
können sich sogar in mehreren Sprachen fließend verständigen, über
haupt herrscht hier wirklich so etwas wie ein UN-Fluidum - eine
IT der Kinder sozusagen - bringt doch jedes Kind seine eigene
Sprache und einen ganz bestimmten kulturellen Background mit.
Die zur Zeit gebräuchlichen Hauptsprachen sind Französisch,
Englisch und Spanisch. Aber man plant auch noch Chinesisch und
Russisch dazu zu nehmen, so daß damit die fünf offiziellen Sprachen der UN vertreten wären. Die Kinder werden in dem Augenblick in die zweite Sprache eingeführt, wo sie fließend die
Grundsprache, sei es Französisch, Englisch oder Spanisch, beherrschen. Aber es geht erst dann ans lesen und Schreiben in
der zweiten Sprache, wenn sie einigermaßen in den Grundbegriffen
des Sprechens firm sind. Bei dieser Art Unterricht ist es nicht
weiter verwunderlich, daß das Lehrerteam im wahrsten Sinne des
Wortes polyglott sein muß. Und in der Tat, hier wird Bulgarisch,
Chinesisch, Englisch, Französisch, Deutsch, Spanisch und Schwedisch gesprochen.
Unser nächster Besuch galt der französischen Klasse der
Fünf- und Sechsjährigen. Hier unterrichtete Mlle. Andree Rouvet,
eine Französin. Sie bediente sich einer besonderen Methode dabei:
sie sprach ein Wort aus, ließ es durch die Kinder wiederholen und
ließ dann jeden das, was es bedeutet, auf seine Tafel malen.
V.'ort-Laut und Bild prägen sich dem Gedächtnis des Kindes ein
unr1 verdichten sich schnell zur Sproche. Als wir das Klassenzimmer betraten, stand gerade ein schmales, flachsblondes Russenmädchen vor der Tafel. Die Kleine hatte, wie wir von der Lehrerin
erfuhren, eine Zeitlang in Thailand gelebt und sprach ein seltsames Gemisch von Russisch, Englisch und etwas Französisch. Nun
lernte sie Französisch, um erst einmal eine Sprache vollständig
zu beherrschen.
'.Vir besuchten dann eine Schulklasse mit etwas größeren Kindern. Diese absolvieren ihre Unterrichtsfächer am Vormittag in
ihrer Muttersprache, am Nachmittag dagegen in einer Fremdsprache
In
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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Januar

1956

In diesem Falle wurde gerade Mathematik in Französisch gegeben,
am Nachmittag würde die Klasse zum Beispiel Erdkunde in Englisch
hören. Der Erdkundeunterricht wird von Miriam Eakin, einer
Amerikanerin, erteilt. Wir suchten ihre Klasse gleich nach der
Stippvisite bei den "Franzosen" auf. Hier also waren englischsprechende Kinder versammelt. Es war wieder eine bunte Gesellschaft. Jungen und Mädchen aus Japan, Südafrika, Persien, Holland
und den Vereinigten Staaten. Sie arbeiteten an einer riesigen,
die ganze eine Seite des Klassenzimmers ausfüllende Landkarte,
die unterteilt war in verschiedene Abschnitte , auf denen sich
die Heimatländer der einzelnen Schüler verzeichnet fanden.
Als wir von da die sechste Klasse aufsuchen wollten, war es
inzwischen so spät geworden, daß wir die Kinder gerade beim
Essen antrafen. Die Schule ist mit großen Küchen ausgerüstet,
und die Schüler nehmen ihre warmen Mahlzeiten sozusagen auf
der Schulbank ein.
Die Klassenräume für die ganz Kleinen befinden sich übrigens in einem anderen Gebäudekomplex als die für die "Großen".
Nach dem Mittagessen herrscht hier Stille, denn die Kinder
halten ihren obligatorischen Mittagsschlaf. Wir nutzten diese
Zeit, um uns mit der Schulleiterin, Madame Baudouin, einer Pariserin, zu unterhalten. Madame Baudouin trat vor vier Jahren
ihren Posten in diesem Institut an, nachdem sie eine beachtliche Schulkarriere in Frankreich durchlaufen hatte. Unsere
erste und nach allem, was wir gesehen hatten, naheliegende
Frage war: "Ist es nicht ziemlich schwer, Kinder, die aus so
vielen verschiedenen Ländern stammen, unter einen Hut zu bringen?"
"Absolut nicht", antwortete sie uns, "diese Kinder haben alle
einen gemeinsamen Zug, und das ist ihre Kindlichkeit. Wenn
man dafür Verständnis hat und ihnen mit Liebe begegnet, geht
das sehr gut. Sie müssen wissen, ich bin selber eine Mutter
und kenne mich da aus". Immerhin hat "Mere Baudouin" 180 Kinder
aus 32 Ländern unter ihrer Obhut.
Die Schule wird zum Teil aus einem Stiftungsfonds der UN,
in der Hauptsache aber aus den Erträgen des Unterrichts, also
durch das Schulgeld, finanziert. Wie in amerikanischen Schulen
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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Januar

1956

Schulen auch, tritt regelmäßig ein Lehrerkuratorium zur Beratung
der grundlegendsten Fragen zusammen. Die Schule gehört verwaltungsmäßig mit zur Universität des Staates New York. Ihr Stundenund Erziehungsplan ist sorgfältig auf die geistige wie auch
körperliche Entwicklung der Kinder abgestimmt. Sprachen, Kunst
und Literatur werden ebenso gelehrt wie handwerkliche Handfertigkeiten. Das Interesse für Geschichte, Geographie, Soziologie
und Staatsbürgerkunde wird in den Kindern ebenso geweckt wie die
liebe zur Natur. Sie werden zur Beobachtung der Umwelt in dem
gleichen Maße angehalten, wie ihnen zum künstlerischen Ausdruck
ihrer selbst verholfen wird, überdies wird dafür Sorge getragen,
daß den Kindern das Bewußtsein, innerhalb ihrer jeweiligen Nationalität in einer allumfassenden Weltgemeinschaft zu leben,
in Fleisch und Blut übergeht. Man will, daß aus den Kindern Menschen werden, die in sich selbst und im Verhältnis zu ihrer
näheren und weiteren Umwelt harmonisch sind.
Aus "Think".einer Monatszeitschrift der
International Business Machines Corporation"
ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen
der AMERIKA DIENST kostenlos folgendes Bild:
In der UN-Schule in New York werden die Kinder
der beim UN-Sekretariat Angestellten gemeinschaftlich unterrichtet und zu richtigen Weltbürgern erzogen. Das Sprechen mehrerer Sprachen ist für diese Kleinen eine Selbstverständlichkeit, und einer empfindet die Andersartigkeit des anderen als höchst normal. Kinder
gehen den Erwachsenen mit gutem Beispiel voran.
- Quellenangabe erforderlich * * * * *

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Januar 1956

KURZNACHRICHTEN FÜR DIE FRAU
LEBENSMITTELKONSERVIERUNG DURCH RADIOAKTIVE STRAHLUNG
(16 Zeilen)
CLEVSLAND (Ohio) - (AD) - Die Verbesserung der Konservierungsverfahren für Lebens- und Genußmittel durch Anwendung
radioaktiver Strahlen war das Thema wissenschaftlicher Referate
auf dem gegenwärtig in Cleveland stattfindenden amerikanischen
Kongreß für Kernphysikalische V/issenschaft und Technik.
Auf der Tagung, an der rund 3000 Delegierte teilnehmen,
berichtete Dr. L. E. Brownell von der Michigan-Universität
über Reihenversuche zur Konservierung von Brot, Kartoffeln,
Milchi Fleisch, Fisch und Zwiebeln mittels radioaktiver Strahlen. Bisher habe man mit Sicherheit feststellen können, daß derart behandelte Kartoffeln und Zwiebeln sich länger frischhalten
und die Keimung später einsetzt»
Weitere umfassende Versuche zur Sterilisierung, Pasteurisierung und Konservierung von Lebensmitteln mit Atomstrahlen
ohne Verwendung von Tiefkühlanlagen werden zur Zeit von dem
Verpflegungsamt der amerikanischen Armee durchgeführt.

TANZEN HILFT HEILEN
(30 Zeilen)
OKLAHOMA CITY - (AD) - Täglich 30 Minuten "Volkstänzen"
steht seit kurzer.Zeit auf dem Tagesplan der W.J. Bryan Schule
für körperbehinderte Kinder im Alter von 5 bis 11 Jahren. Es
r!;;rfte das erste Mal sein, daß eine derartige Bewegungstherapie
von einer Klinik dieser Art eingeführt wurde.
Square Dance, wohl der populärste Volkstanz in den USA,
ist eine Abart der europäischen Hoftänze. Er wird in Gruppen
zu acht getanzt, verlangt die volle Aufmerksamkeit eines jeden

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Januar 1956

Jeden Teilnehmers, besonders dann, wenn der "Tanzmeister" zum
Partnerwechsel oder zu einer neuen Tanzfigur aufruft.
So erlernen die Kinder spielend, trotz ihrer Beinschienen,
die Muskelbewegung zu kontrollieren und abzuzirkeln. Das Tanzen
hat darüber hinaus einen kaum abzuschätzenden psychologischen
Wert; es gibt den Kindern die Gewißheit, sich wie normale Jungen
und Mädchen bewegen zu können.
"Zunächst fallen die Kinder wohl viel", erklärte Mrs. York,
die leiterin der Physiotherapeutischen Abteilung der W.J. Bryan
Schule, "wie dies ja nicht anders zu erwarten ist. Aber rasch
gewinnen sie an Sicherheit und es gibt nur ganz selten'Stürze*."
Sie berichtete in diesem Zusammenhange von einem Mädchen,
das an Poliolähmungen litt und nur mit Krücken gehen konnte.
Heutw wirft dieses Mädchen seine Krücken beiseite und wirbelt'
mit den Besten der Tänzer durch den Raum.
Bemerkenswert ist auch die Besserung des Zustandes eines
zweiten Kin<?es, das ebenfalls an Auswirkungen der spinalen Kinderlähmung litt und obendrein einen Sprachfehler hatte, der freilich nicht angeboren, sondern auf emotionelle Ursachen zurückzuführen war. Schon nach einer Woche Tanzen waren die Sprachschwierigkeiten fast ganz behoben. Las Kind hatte die hemmenden
Ängste abgestreift, es fühlte sich zur Gemeinschaft gehörig
und geborgen.
* # * * #

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Januar 1956

NAHRUNG FÜR MILLIONEN-PROGRAMM WÄCHST STÄNDIG
(24 Zeilen)
LOS ANGELES (Kalifornien) - (AD) - Ein internationales
Hilfeprogramm, das jedermann eine ausreichende Ernährung verspricht, gewinnt immer mehr an Bedeutung, wie Florence Rose,
die Leiterin der amerikanischen "Meals for Millions Foundation",
kürzlich bekanntgab. Florence Rose hat soeben sieben Monate lang
die Welt bereist und viele Länder besucht, in denen heute die
Prinzipien der von der Stiftung propagierten "Multi-Purpose
Food", der Vielzwecknahrung, Anwendung finden.
Es handelt sich bei dieser Vielzwecknahrung um ein hochwertiges Proteinkonzentrat, das, den normalen Speisen zugesetzt,
dem Nahrungsbedürfnis und den verschiedenen Ernährungsgewohnheiten der Völker gerecht wird. Die Stiftung, die in den USA von
Organisationen und Privatpersonen unterstützt wird, hat bisher
zu 40 Millionen Mahlzeiten beigesteuert.
"Multi-Purpose Food" besteht vorwiegend aus Sojabohnen.
In Indien sind Versuche im Gange, um die Sojabohne durch Erdnüsse zu ersetzen, im Irak experimentiert man mit Datteln und
Sesamsamen als Ausgangsprodukte, die Philippinen versuchen es
mit Fischmehl. Brasilien hat bereits ein entsprechendes Präparat entwickelt, dessen Verteilung kurz bevorsteht.
Dieses auf weite Sicht geplante Programm der "Meals for
Million Foundation" soll, wie Miss Rose erklärt, dazu beitragen, die Völker zu erziehen, die besten und billigsten heimischen Ernährungsquellen nutzen zu lernen.
*

* * * *

NEUER FRAUENORDEN IN DEN USA
( 19 Zeilen)
DENVON (Pennsylvanien) - (AD) - Das erste römisch-katholische Kloster in den Vereinigten Staaten, das ausschließlich
körperbehinderte Frauen als Nonnen aufnimmt, wurde kürzlich in
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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Januar 1956

in Denvon im Staate Pennsylvanien gegründet. Es gibt wohl
eine Reihe von Orden, die blinde, taube und teilweise körperbehinderte Frauen als Novizinnen aufnehmen, die Regina Mundi
Priory ist jedoch das erste Kloster, das keine Vorschriften
in bezug auf Grad und Schwere des Gebrechens macht.
Das Kloster gehört zum Orden des Gekreuzigten Heilands
(Congregation of Jesus Crucified), der 1930 in Frankreich
gegründet wurde, um jenen körperlich Gezeichneten, die ein
Leben im Herrn in der Abgeschiedenheit eines Klosters führen
wollen, die Möglichkeit dazu zu geben.Klosterregel ist jedoch
"strengstes Stillschweigen über die eigenen Leiden".
Als erste wurden sieben Amerikanerinnen in das Kloster
aufgenommen, das von sechs Schwestern des 160 Nonnen zählenden
französischen Ordens geleitet wird. Das Kloster ist eine Stiftung des Serra Fund, der von einer privaten Unternehmer-Organisation zur Unterstützung religiöser Übungen gegründet wurde.

* * # * *

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Februar 1956

DIE DEMOKRATISCHE ERZIEHUNGSFORM
Ausländer bei der "Woche der amerikanischen Erziehung"
(120 Zeilen)
SILVER SPRING - (AD) - Es war zu Ende des abgelaufenen
Jahres. Vor dem Gebäude einer amerikanischen Elementarschule
in dem zum Staate Maryland gehörenden Washingtoner Villenvorort Silver Spring hielt ein großer gelber Autobus. Jeder konnte ihn sofort als einen der typischen Schulautobusse erkennen,
die täglich die jugendlichen Eesucher der öffentlichen Schulen
in den Vereinigten Staaten kostenlos zu ihren ünterrichtsräumen
und auch wieder nach Hause bringen.
Diesmal aber entstiegen dem Wagen keine plappernden und
lärmenden Jungen und Mädels, sondern seriöse und gepflegte
Damen und Herren. Es waren die Kulturattaches und Erziehungssachverständigen von 13 Botschaften und Gesandtschaften in
Washington, die aus Anlaß der 35."Woche der amerikanischen
Erziehung" aus der nahen Bundeshauptstadt gekommen waren, um
der Parkside Elementary School in Silver Spring einen Besuch
abzustatten.
Sie vertraten die Länder Ägypten, Australien, Brasilien,
Cuba, Dänemark, Großbritannien, Indien, Jugoslawien, Liberia,
Polen, Rumänien, Thailand und Ungarn. Den ganzen Tag über verweilten sie in der Schule, wohnten dem Unterricht in den
Klassen bei, nahmen den Lunch in der Schulkantine ein und
beobachteten die Kinder bei ihren Spielen und Belustigungen
in den Erholungspausen. Und sie waren von allem, was sie zu
sehen bekamen, sehr befriedigt.
Schon auf der Fahrt von Washington nach Silver Spring
hatte man ihnen von den vielerlei Sicherheitsvorkehrungen erzählt, die einheitlich für die ganzen Vereinigten Staaten vorgeschrieben sind, um die Kinder vor jeder Gefährdung auf den
verkehrsreichen Landstraßen zu bewahren. So ist es beispielsweise im ganzen Land jedem Fahrzeugführer gesetzlich verboten,
an einem Schulautobus - gleichviel in welcher Richtung - vor
überzufahren, solange dieser hält, um Kinder ein- und ausstei- 1 -

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE F R Ü U

Februar 1956

aussteigen zu lassen.
In der Farkside School selbst wurden die ausländischen
Gäste von Vertretern der Örtlichen Schulbehörde und des Lehrerkollegiums mit den Erziehungsgrundsätzen der Schule vertraut
gemacht, die darauf abzielen, Einfluß auf das "ganze Kind" zu
gewinnen. Die Schule sieht es als ihre Pflicht an, "genau festzustellen, wie jedes einzelne Kind sich in den verschiedenen
Lagen, vor die es sich gestellt sieht, verhält, und es so zu
lenken, daß es sich in der rechten Richtung entwickelt". Einer
der Erzieher erklärte darüber: "Wir fühlen die Verpflichtung,
ein Programm für die tägliche Lebensführung aufzustellen, das
geeignet ist, das stetige und gesunde äußere und innere Wachstum der Kinder zu gewährleisten. Jedes Kind sieht sich, wenn
es heranreift, Anforderungen gegenüber, die für seine jeweilige
Altersstufe charakteristisch sind. Diese müssen erkannt und
verstanden sein und erfüllt werden, ehe das Kind reif ist für
die nächste Stufe. Kinder erfüllen diese natürlichen Aufjaben
nicht alle zum gleichen Zeitpunkt. Denn jedes Kind ist die
Summe seiner fiesamterfahrung."
Im Verfolg dieser Auffassung ist in der Schule die praktische Unterweisung in der demokratischen Lebensform Amerikas
zu einem festen Bestandteil des Lehrplans gemacht worden. "Man
hat sich bemüht", betonte der Erzieher, "das Leben in der Schule
wirklich nach den Grundsätzen der amerikanischen Demokratie zu
gestalten. Die Schüler entscheiden in ihren Klassen, in den
Schulversammlungen sowie durch den Schülerrat mit Stimmenmehrheit darüber, welche Pläne, welche Vorschriften und welche Unterrichtsverfahren nach ihrer Ansicht der größten Anzahl von
Schülern den größten Nutzen bringen dürften."
Der Schüler-Vollzugsausschuß, der sich aus Schülern der
obersten Klasse zusammensetzt, bot den Gästen ein Beispiel angewandter Demokratie. Jeder der Beauftragten und Ausschußvorsitzenden beschrieb seine besondere Aufgabe in den Ausschüssen,
die sich mit der finanziellen Verwaltung, der Schulbücherei, der
Grundstücksverwaltung, der Versorgung des Speiseraums mit den
erforderlichen Vorräten und der Hausinstandhaltung befassen.
Durch
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"A+YERIKA

DIENST" - FÜR DIE FRAU

Februar 1956

Durch ihre Arbeit in diesen Ausschüssen werden die älteren Schüler allmählich mit den Grundzügen verantwortungsvoller
leitender Tätigkeit vertraut gemacht. Sie werden von der Schülerschaft gewählt, veranstalten Versammlungen, bei denen sie Reden
halten, Plakate ankleben und mit den wirklichen Politikern wetteifern. Auch die jüngeren Schüler beteiligen sich an mancherlei
Arbeiten auf dem Schulgelände, sogar an der gärtnerischen Gestaltung und der Pflege der Schulgrundstücke. Der Spielplatz,
der bereits in Deutschland Nachahmung gefunden hat, wurde vor
einigen Jahren von Eltern angelegt, deren Kinder die Schule besuchen.
Nachdem die ausländischen Gäste am Vormittag alle diese
Einrichtungen besichtigt hatten, wohnten sie am Nachmittag der
Vorführung eines Films von halbstündiger Dauer bei, der zeigte,
wie die Kinder die Grundfächer, Lesen, Schreiben und Rechnen,
erlernen. An die Vorführung schloß sich eine angeregte Diskussion
sowie die Beantwortung von Fragen an, die von den ausländischen
Besuchern gestellt wurden.
Die "Woche der Erziehung", die den Anlaß zu diesem Besuch
bot, wird seit 1921 in den Vereinigten Staaten alljährlich im
November abgehalten. Sie hat den Zweck, immer erneut das Interesse der Bevölkerung auf die Schule und deren Bedeutung für
die Allgemeinheit hinzulenken. Die amerikanischen Schulen stehen
während dieser Zeit allen Besuchern offen, und die Gemeinden geben sich Rechenschaft darüber, was sie erreicht haben und was
noch zu tun bleibt. Nicht weniger als 20 Millionen Personen besichtigen während der jüngsten "Woche der Erziehung" die Schulen
ihrer jeweiligen Gemeinde, darunter auch der Vizepräsident der
Vereinigten Staaten, Richard Nixon mit seiner Gattin, deren
Tochter Patricia (9) und Julie (7) ebenfalls eine "public school"
besuchen.
Die letztjährige Veranstaltung war aber noch aus einem
anderen Grunde bemerkenswert. Denn es war seit 19 Jahren das
erste Mal, daß ein amerikanischer Präsident sie zum Anlaß nahm,
eine offizielle Proklamation an die Bevölkerung zu richten.
Präsident Eisenhower forderte darin den amerikanischen Bürger

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"AMERIKA LIENST" - FÜR DIE FRAU

Februar 1956

Eürger auf, die "Woche der Erziehung" als eine Verpflichtung
dahingehend zu betrachten, daß jeder einzelne besonderes Interesse an einer immer besseren Ausgestaltung des Erziehungswesens nehmen sollte. In diesem Zusammenhang würdigte der Präsident auch die vorzügliche Leistung der Lehrer und Beamten der
Schulbehörden der USA und wies auf die verantwortungsvolle Rolle
hin, die das amerikanische Erziehungswesen beim Aufbau einer
besseren und stärkeren Nation in der heutigen Gemeinschaft der
Völker spiele.
Schon in den letzten Jahren haben verschiedene andere Länder das Beispiel der amerikanischen "Woche der Erziehung" zum
Anlaß genommen, auch ihre Wünsche und Bedürfnisse auf dem Gebiet
des Erziehungswesens in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses zu rücken. Länder, die unter diesem Gesichtspunkt ihrerseits
eine "Woche der Erziehung" abhalten, sind Australien, Ceylon,
Indien, Israel, Kanada, Liberia, Malta und die Republik der
Philippinen.
Den Dank der ausländischen Besucher der Parkside School in
Silver Spring aus Anlaß der "Woche der amerikanischen Erziehung
1955" brachte das Mitglied der indischen Botschaft zum Ausdruck.
"Die Lebensweisheit", sagte er, "die darin liegt, die junge Generation durch das Mittel der Freiheit und der Freude zu erziehen,
wie wir es hier gesehen haben, ist für viele Länder der Welt noch
lediglich ein Ideal. Aber es ist ein Ideal, das wert ist, daß man
ihm nachstrebt, und unser Verlangen danach ist durch das hier Gesehene aufs lebhafteste angeregt worden."
ACHTUNS REDAKTION!
1)

2)

Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA
LIENST kostenlos folgende Bilder:
Gäste aus Großbritannien, Liberia und Thailand besuchen
anläßlich der "Woche der Erziehung" in den Vereinigten
Staaten eine Klasse der Elementarschule in Silver Spring
bei Washington beim Unterricht über die Erhaltung der
natürlichen Hilfsquellen des Landes.
Auch der amerikanische Vizepräsident Richard Nixon stattete mit seiner Gattin während der "Woche der Erziehung" der
Washingtoner Schule, in der ihre Töchter Patricia und
Julie unterrichtet werden, einen Besuch ab. Hier zeigt .
ihnen eine. Lehrerin einige von Julies Arbeiten.
* * * * *

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"AMERIKA DIENST" - ffÜR DIE FRAU

Februar 1956

PREISTRÄGER: FRANKLIN, DER RABE
Das Kinder-Königreich der Tiere im Bronx-Zoo von New York
(88 Zeilen)
NEW YORK - (AD) - Im Herbst vergangenen Jahres hatte der
Direktor des Bronx-Zoo von New York ein paar schwere Wochen;
er sollte aus einer Flut von Einsendungen das beliebteste Tier
des Kinderzoos herausfinden. Die Wahl der rund 350 000 Kinder,
die von Ostern bis November jährlich diesen Zoo besuchen, fiel
nicht, wie man angenommen hatte, auf ein besonders seltenes
oder gar gefährliches Tier, sondern auf den frechen, jungen
Raben "Franklin".
Der Kinderzoo von Bronx besteht seit 15 Jahren und ist
dem großen Tierpark, der rund hundert Hektar Wiesen- und
Waldland umfaßt, sozusagen eingegliedert. Die Tiere leben
hier, ihren Gewohnheiten und Anlagen gemäß, wie auf freier
Wildbahn. Löwen und Tiger schleichen durch den Busch, nebenbei stelzen stolz auf hohen Beinen die zartgliedrigen Vögel
afrikanischer Herkunft. Eisbären tummeln sich in felsbestandenen Teichen, und Pinguine paddeln in glasgewandeten luftgekühlten Tanks. Die Kinder vor den Sicherheitsgräben, Wällen
und Schutzgittern können sich nicht satt sehen.
Der Kinderzoo ist mit Absicht klein gehalten und außerordentlich "persönlich". Er soll im Kind die Liebe zum Tier
wecken. Es soll es streicheln, auf den Arm nehmen und mit
ihm spielen dürfen. Dieses Kinder-Tier-Paradies, ursprünglich
für die vielleicht Neunjährigen gedacht, ist heute ein Anziehungspunkt für alle Altersstufen, auch die Erwachsenen.
Selbst halbjährige Babys strecken die Händchen nach einem Tier
aus, erzählt Mrs. Corinne Dalsgaard, die Leiterin des Kinderzoos.
Lieser Zoo innerhalb des Zoos ist ein Reich für sich, nur
durch ein besonderes Tor zu betreten. Fünf oder sechs junge
Frauen, die Erfahrung mit Kindern haben, betätigen sich als
Führerinnen. Den Erwachsenen ist der Zutritt versagt, es sei
denn, sie befinden sich in Begleitung von wenigstens einem Kind.
- 5 Auf

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Februar 1956

Auf diese Weise verschafft man dem Kinde das Gefühl besonderer Gewichtigkeit seiner Person, andererseits beschränkt
man automatisch die Besucherzahl.
Selbstverständlich sind weder Tiger noch Löwen im Kinderzoo, sondern junge, weichbefeilte Pelztiere aus der Kinderwelt
- sie leben in bunten, grell-leuchtenden Häusern von verschiedener Form und Farbe, mit Reimen aus dem Bilderbuch der nMother
Goose" und anderen Märchen an den Wänden. Da gibt es, beispielsweise, "Ding, Dong Bell, Pussy's in the Well", das Heim einer
Katzenfamilie', "Hickory, Dickory Dock", wo die Mäuse zu Hause
sind", "Noahs Arche"; das Hasenhaus; "Banty Town", von japanischen Seidenhühnern bewohnt! und "Honk and Tonk", den Entenund Gänseweiher. Weitere Bewohner des Kinderzoos sind unter anderem Angoraziegen, Meerschweinchen, Lämmchen, ein Uhu und zahlreiche Exoten der Fisch- und Vogelwelt und ein desodoriertes
Stinktier namens Shalimar. Die Reitponys nicht zu vergessen.
Inmitten dieser munteren Gemeinde befindet sich ein großer
Spielplatz, wo die Kinder mit den Tieren spielen und sie füttern
können. Für fünf Cent kaufen sie am Eingang eine Tüte Futter.
Auf diese Weise ist der Finanzkasse des Zoos geholfen und man
bewahrt die Tiere davor, an Popcorn (Puffmais) und Bonbon sich
die Mägen zu verderben. Zum hellen Entzücken der Kinder werden
stets einige der Jungtiere mit Saugflaschen gefüttert. Und nicht
selten kommt es vor, daß Kinder sich die Flasche selbst in den
Mund stecken wollen.
Mrs. Dalsgaard erzählt, daß die Kinder immer jene Tiere
vorziehen,die sie am besten kennen. Katzen sind sehr beliebt.
"Franklin", der Rabe, ist ein Frechdachs, und seine Keckheit
reizt sie zu Heiterkeitsstürmen. Der Vorgänger Franklins war der
alte verschlagene Rabe "Deacon", der die Kinder am Zooeingang
mit "hello" begrüßte, um einen Penny bettelte und Bier und Frauen bevorzugte. "Deacon" war wie viele der Tiere im Kinderzoo ein
Geschenk, das Vermächtnis einer alten Dame, die ihn auch sprechen
gelehrt hat. Der Zoo ist nicht nur eine Heimstätte für alle nur
denkbaren Arten von Haustieren von Leuten, die in nahegelegenen
Orten wohnen, sondern auch ein Refugium für Wildvögel, die auf

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Februar 1956

auf ihrem Zuge nach dem Süden und zu den Nistplätzen hier oft
Station machen. In ihrem Büro hat Mrs. Dalsgaard zur Zeit
einen Star, einen Kanarienvogel, eine Taube und einen blauen
Eichelhäher, den irgend jemand mitsamt dem Käfig eines Nachts
über den Zaun in den Zoo geworfen hatte.
Geschichten über den Zoo gibt es viele. Da ist beispielsweise die von "Sweet Pea" (Zuckererbse), einer Katze, die ihre
Jungen stets im Zoo zur Welt bringt und dort aufzieht. Man hat
sie mehrmals auf die Tierfarm des Zoos, viele Meilen von New York
entfernt, gebracht. Aber jedes Jahr, wenn der Zoo am Ostersonntag
seine Sommersaison beginnt, dann sonnt sie sich wieder auf dem
Dach "ihres" Brunnens.
In der Zeit vom I.November bis Ostern leiht der Zoo Tiere
an New Yorker Schulen aus. Während des Jahres gibt es zwar kein
offizielles Programm, aber es gibt Sonderveranstaltungen und
Führungen für körperbehinderte, kranke und blinde Kinder. Und
es ist erstaunlich, berichtete Mrs. Dalsgaard, wieviel gerade
ein blindes Kind über ein Tier, das es im Arm hält, zu sagen
weiß. "Ich habe solche Kinder später in der Schule besucht und
war ergriffen von den Tier-Nachbildungen, die sie in Ton gemacht
hatten."
Der Bronx-Kinderzoo war der erste seiner Art in den Vereinigten Staaten. Andere amerikanische Städte sind seinem Beispiel
gefolgt. Für die Fernsehstationen, die ihre Programme in New York
zusammenstellen, ist der Kinderzoo von Bronx ein beliebtes und
dankbares Sujet.
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Franklin, der Rabe, Preisträger im Wettbewerb der Tiere um die Gunst der New
Yorker Kinder.
* * * * * * *

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Februar 1956

DIE WOLKENMÄDCHEN
25 Jahre Luft Stewardessen in den USA
(80 Zeilen)
SAN FRANCISCO - (AD) - Die Leute werden sagen: "Wenn ein
junges Mädchen mutig genug ist, sich so einer fliegenden Maschine anzuvertrauen, warum sollten wir es dann nicht auch
tun ?" - mit diesem Argument überzeugte vor nunmehr fünfundzwanzig Jahren Ellen Church, eine junge, unternehmungslustige
Krankenschwester aus San Francisco, die Chefs der Luftfahrtgesellschaft "Boeing Air Transport" von der Notwendigkeit, die
Fluggäste durch Stewardessen begleiten und betreuen zu lassen.
Ende 1930 nahmen Fräulein Church und sieben weitere Wolkenmädchen auf der Linie New York-Chicago ihren luftigen Job auf.
Ihr Dress: die nach damaliger Mode über die Ohren und in die
Augen gezogenen Baretts nebst Capes aus Ballonseide, die auf
den heutigen Beschauer ausgesprochen komisch wirken mögen,
damals aber sicher als überaus modern empfunden wurden.
Die neue Einrichtung fand die Zustimmung der Passagiere
und wurde bald von den anderen Luftverkehrsgesellschaften übernommen. Heute gibt es etwa zehntausend amerikanische Luftstewardessen. Doch nicht nur was ihre Zahl anbelangt hat dieser neue
Beruf an Bedeutung gewonnen: während die ersten Wolkenmädchen,
sofern sie sich nicht selbst gewisse navigatorische und geographische Kenntnisse aneigneten, lediglich der Bequemlichkeit
der Reisenden dienten, hat die moderne amerikanische Stewardeß
eine exakte und gründliche Schule zu durchlaufen, um den Fahrgästen jede mögliche Auskunft erteilen und gegebenenfalls auch
praktisch mit Rat, Tat und Hilfe nützlich sein zu können.
Der Lehrplan der von den Luftverkehrslinien unterhaltenen
Schulen umfaßt alle erdenklichen Fächer von der Geographie der
Flugrouten, den Funkcodes und der Wetterkunde bis zur Kenntnis
der wichtigsten technischen Sicherheitsvorrichtungen. Die üblichen Pflichten der Stewardeß nehmen, da sie sich zum großen Teil
von selbst verstehen, in diesen meist fünf Wochen dauernden

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Februar 1956

dauernden Kursen den geringsten Raum ein. Hier wird den angehenden Stewardessen klar gemacht, daß ihr Beruf nicht nur interessante Reisen und Begegnungen verheißt, sondern auch einen überdurchschnittlichen Einsatz und überdurchschnittliche Fähigkeiten
verlangt. Auf den großen Überseerouten kann man mit einer durchgehenden Dienstzeit von anderthalb Tagen rechnen, während deren
die Stewardeß fast ständig auf den Beinen sein muß. Allerdings
ist die Arbeitszeit auf Grund von Abmachungen mit den Gewerkschaften maximal auf 80 Flugstunden im Monat festgesetzt.
Die Stewardeß begrüßt die Passagiere an Bord, führt sie zu
ihren Plätzen, hängt ihre Mäntel auf, nimmt ihre Namen und Bestimmungsorte auf, erklärt den Gebrauch der Sitzgurte bei Start
und Landung, schaltet die Platzlampen aus und ein, beantwortet
alle den Flug betreffenden Fragen, kommt allen V/ünschen nach,
sorgt für Lektüre, Decken und Pillen gegen Luftkrankheit, serviert die Mahlzeiten, beruhigt aufgeregte Leute, die zum ersten
Male fliegen, plaudert mit Fahrgästen, die sich offensichtlich
einsam fühlen, beschäftigt sich angelegentlich und geduldig mit
den Kindern und wärmt das Fläschchen für die ganz Kleinen . Bei
diesem Dienstplan versteht es sich von selbst, daß die "Gastgeberin" jeden Schritt und jeden Handgriff wohl zu bedenken hat.
Sie muß ungeheuer rasch und umsichtig arbeiten, ohne einen gehetzten Eindruck zu machen. So zum Beispiel müssen zwei Stewardessen
zwischen Chicago und Detroit sämtlichen Passagieren das Mittagessen innerhalb einer Stunde servieren.
Und natürlich müssen Stewardessen stets bei bester Laune
sein, auch dann, wenn der Fahrgast es nicht sein sollte, oder
wenn man die verrücktesten Ansinnen an sie stellt.
Die Sache bringt es mit sich, daß eine Stewardeß sich oft
auch mit außergewöhnlichen Situationen auseinanderzusetzen hat,
sei es, daß man einer jungen Mutter irgendwo mehrere Tausend
Meter über Alaska zu ihrem ersten Kindchen verhilft - viele
Stewardessen sind, wie Ellen Church, auch ausgebildete Krankenschwestern - oder sei es, daß man Clark Gable Gesellschaft leisten
muß, der sich einsam fühlt, weil kein Passagier neben dem Halbgott Platz zu nehmen wagt. Der Beruf der Stewardeß ist übrigens

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Februar 1956

übrigens die sicherste Heiratsvermittlung. Neunzig Prozent
dieser Mädchen werden von den Passagieren weggeheiratet, so
daß die durchschnittliche Dienstzeit der Stewardeß kaum zwei
Jahre beträgt. Es ist wohl kaum notwendig, darauf hinzuweisen,
daß sie alle ausgezeichnete Hausfrauen abgeben. Aber auch die,
die ledig bleiben, haben das nicht zu bereuen. Es gibt keinen
zweiten Frauenberuf, der die Möglichkeit bietet, im wahrsten
Sinne des Wortes die Welt kennenzulernen, in allen Kontinenten
zu Hause zu sein. Die Anstellungsbedingungen sind ziemlich
rigoros. Höhere Schulbildung, einige Jahre College, sowie zwei
oder drei Jahre Berufspraxis im Umgang mit Publikum sind
Voraussetzung. Außerdem ist ein Gewicht von 100 bis 135 englische Pfund sowie eine Größe, die 1,70 m nicht überschreitet,
vorgeschrieben. Gutes Aussehen, Charme und Manieren sind
selbstverständlich.

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1)

So sahen die ersten, von der Boeing Air Transport
angestellten "sky girls" aus. Oben links Miss Ellen
Church, die Stammutter aller Stewardessen.

2)

Zwei Stewardeßr-Elevinnen der American Airline
Training School in Chicago bei der Zubereitung
der Mahlzeiten für die Fluggäste. Die Ausbildung
einer "flugfertigen" Stewardeß umfaßt 50 verschiedene Lehrfächer, von navigatorischen Fragen
bis zu den Kunstgriffen der ersten Hilfe bei Unfällen.

* # * * *

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Februar 1956

KURZNACHRICHTEN FÜR DIE FRAU
ZAHLEN UM DIE VERHEIRATETE FRAU IN DEN USA
( 24 Zeilen)
NEW YORK CITY - (AD) - Die typische amerikanische Ehefrau ist verhältnismäßig jung, lebt in der Stadt und ist damit
beschäftigt, eine Familie zu gründen, wie eine kürzliche statistische Erhebung der Metropolitan Life Insurance Company
ergab.
Nahezu zwei Fünftel der 40 Millionen verheirateten Frauen
in den Vereinigten Staaten sind unter 35 Jahre, ein weiteres
Viertel gehört der Altersgruppe von 35 bis 44 Jahren an.
Fast die Hälfte ist seit 1940 verheiratet.
Nur sechs Prozent der verheirateten Frauen leben von
ihren Ehemännern getrennt, hauptsächlich deshalb, weil die
Männer Arbeitsplätze innehaben, die vom Wohnort der Familie
entfernt liegen. Rund 446 000 Ehemänner dienen bei den amerikanischen Streitkräften.
Obgleich die Mehrzahl der amerikanischen Ehemänner die
Verantwortung für den Unterhalt ihrer Familie allein tragen,
steigt die Zahl der in einem Arbeitsverhältnis stehenden Ehefrauen beständig. Zur Zeit sind etwa ein Viertel aller amerikanischen Ehefrauen - also rund zehn Millionen - berufstätig.
"Es ist seit langem der Brauch, daß junge Ehefrauen ihrem
Eeruf nachgehen, solange sie keine Kinder haben", so heißt es
in dem Bericht der Lebensversicherungsgesellschaft, "auffallend
aher ist die Zahl der Frauen, die, nachdem ihre Kinder erwachsen sind, wieder ein Arbeitsverhältnis, wenn auch teilweise
nur vorübergehend oder halbtags, eingehen."
* * * * •*

NEUE HOFFNUNG FÜR BETAGTE
(18 Zeilen)
BOSTON (Massachusetts) - (AD) - Die Verkalkung der Gehirnarterien bei älteren Personen braucht nicht unbedingt
"hoffnungslos" zu sein, wie zwei amerikanische Ärztinnen auf
Grund ihrer an 500 Patienten im Alter von 65 bis 70 Jahren

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Februar 1956

Jahren jemachten Untersuchungen feststellten. Die Symptome der
zerebralen Arteriosklerose sind häufig nicht auf eine Verhärtung der Arterien zurückzuführen, sondern auf Sekundärfaktoren wie Unterernährung, Sauerstoffmangel im Blut, schwächende Krankheiten, und vor allem auf Probleme emotioneller Natur.
Verliert der alte Mensch Lebenszweck und -Inhaltf verliert er
schnell alles Interesse an seinem nutzlosen Dasein, wird vergeßlich und zieht sich "in die glücklichere Vergangenheit"
zurück.
Die beiden Ärztinnen berichteten weiter, daß eine Besserung
der sozialen und emotionellen Verhältnisse des Patienten zu seiner Umgebung, eine Richtigstellung der Ernährung Hand in Hand
mit entsprechenden Herztherapien zu raschen Besserungen im Befinden der Patienten geführt haben.
* * * * *

DAS "COLLEGE IM HEIM"
( 15 Zeilen)
..LTHAM (Massachusetts) - (AD) - Junge Mütter, die eine
gewisse geistige Tätigkeit und Fortbildung nach Absolvierung
ihrer ersten Collegejahre auch in der Ehe nicht missen wollten,
haben sich zusammengetan, um ihre Studien zu Hause fortzusetzen.
Auf die Ansuchen von elf jungen Frauen hat der Christliche Verein
Junger Frauen in der Nähe von Boston, der im Rahmen seines Erwachsenenerziehungsprogramms Seminare für verschiedene akademische Fächer eingeführt hat, auch die Durchführung dieser Kurse
übernommen. Die Mütter von Waltharn besorgen sich jede Woche
einmal für ihre 14 Kinder einen Babysitter; sie selbst treffen
sich jeweils im Hause einer der Teilnehmerinnen, um Vorträge
über neue Analysen zu hören und Diskussionen zu führen.
Dr. Lawrence H. Fuchs, Professor an der Brandeis-Universität,
leitet die Kurse. Für das kommende Frühjahr ist ein Hochschulkursus in Kunstgeschichte geplant.
* * * * *

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Februar 1956

"... MIT DEN ÄRMEREN TEILEN"
(12 Zeilen)
NEW YORK CITY - (AD) Angehörige der Evangelischen
Kirche und der Ostkirche in den Vereinigten Staaten verteilten
im Jahre 1955 64 Millionen Kilogramm Lebensmittel aus dem Nahrungsmittelüberschuß-Fonds der amerikanischen Regierung entgeltlos in 29 Ländern von Europa, Asien, Afrika und Südamerika.
Die Verteilung übernahm der Church World Service (Weltkirchendienst), eine überkonfessionelle Agentur, die weltweite Hilfsprogramme gegen Hunger, Not und Elend durchführt.
Dieses Programm stellt, wie die Vertreter der Kirche erklärten, "eine gottgegebene Gelegenheit dar, unsere christliche
Aufgabe und Verpflichtung zu erfüllen, unseren Reichtum mit dem
Ärmeren zu teilen".
* * * # *

FRANCIS E. WILLIS, US-BOTSCHAFTERIN FÜR DIE SCHWEIZ,
AUSGEZEICHNET FÜR AUSSERORDENTLICHE LEISTUNGEN
(22 Zeilen)
WASHINGTON - (AD) - Die US-Botschafterin für die Schweiz,
Francis E. Willis, wurde mit dem 1955er Preis des amerikanischen
Verbandes Berufstätiger Frauen
des seit 1931 verliehenen
Preises für außerordentliche Leistungen (Award for Eminent Achievement) ausgezeichnet. Die Bronzeplakette mit der Inschrift "Umsicht-Integrität-Mut" wurde der Botschafterin durch Mrs. Mary
O'R. Bollman, der Präsidentin des Verbandes, überreicht.
Francis E. Willis ist eine der drei Frauen, die die Vereinigten Staaten bisher als Botschafterinnen mit vollem Rang
vertreten haben, und sie ist die erste Berufsdiplomatin, die zu
so hohen Ehren emporgestiegen ist. Francis E. Willis, die
frühere Collegeprofessorin, steht seit 28 Jahren im diplomatischen Dienst der Vereinigten Staaten und ist in dieser Eigenschaft in Valparaiso, Santiago (Chile), Brüssel, Madrid und
London tätig gewesen. Während der zehnten Vollversammlung der
Vereinten Nationen war sie Chefberater der US-Delegation für
Europafragen.
Francis E. Willis vertritt die ansieht, daß zwar gewisse
Fähigkeiten die Voraussetzung sind für den Erfolg im diplomatischen Dienst, daß diese aber nichts mit dem Geschlecht zu tun
haben. Es sind dies in erster Linie: Anpassungsfähigkeit, Intelligenz und Charakterstärke.
* * * # *

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März 1956

FERNSEHEN KONTRA LESEN
Ein Problem, das nicht mehr stichhaltig ist
Von Norman Smith

(65 Zeilen)
NEW YORK - (AD) - Jahrelang hat das Problem "Fernsehen kontra Lesen"
die amerikanische Öffentlichkeit stark beschäftigt. Die faszinierende
Wirkung, die das Fernsehen auf die Jugend ausübte, ließ viele Eltern
für die normale Entwicklung ihrer Kinder fürchten. Sie sahen sie schon
mit Augenfehlern, uninteressiert am Gespräch und unbelesen aufwachsen,
eine Mischung von Telegrammstil und Cowboyjargon sprechend.
Wie ich allerdings unlängst an Hand einer von mir sorgfältig durchgeführten Umfrage bei den Acht- bis Elfjährigen feststellen konnte,
ist diese Befürchtung von seiten der Eltern völlig unbegründet. Lesen,
so berichteten die meisten befragten Kinder, sei ihre Lieblingsbeschäftigung, und Woche für Woche holen sie sich in den "public
libraries", den Stadtbibliotheken, einen Arm voll Bücher nach dem anderen .
Die faszinierende Wirkung der Television auf die Jugend beginnt
allgemein nachzulassen, auch die befürchteten Folgen sind nicht eingetroffen. Dazu tragen vor allem die besseren technischen Übertragungen
und auch die besseren Programme, besonders die Sendungen für die Kinder,
bei, andererseits aber hat das Fernsehen den Kindern oft einen starken
Anreiz zum Lesen vermitteln können.
Ein typisches Beispiel dafür ist die im vorigen Frühjahr gesendete
Walt Disney-Serie "Davy Crocketts Abenteuer", eine alte amerikanische
Legende, die später in Buchform erschien und hohe Auflagezahlen erreichte.
Abgesehen vom Fernsehen ist die Vorliebe der Jugend für "Davy Crockett"Bücher auch kennzeichnend für die neueste literarische Vorliebe der
amerikanischen Kinder, nämlich zur Biographie. Es zeigt sich hier, daß
die Umwelt und die Geschehnisse - ob sie historisch, zeitgenössisch
oder utopisch sind, ob sie sich auf der Erde, den Ozeanen oder im
Weltenraum abspielen - immer mehr Interesse erwecken, wenn sie auf bestimmte Personen Bezug haben. Geschichte, Geographie, Forschungsarbeit
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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

März 1956

Forschungsarbeit und -ergebnisse werden "spielend" gelernt durch das
Leben der Gestalten, von denen das Buch erzählt.
Die Jugendbuchproduktion hat sich auf diesen Bedarf der jungen
Generation bald eingestellt. Die Bücher sind besser und die modernen
Autoren verzichten auf den früher oft angewandten bewußt primitiven
Stil, wenn sie über biologische Themen und über die Struktur der Erde
und des Himmels schreiben; sie schreiben unterhaltend, aber durchaus
ernsthaft und sind nie unterhaltsam auf Kosten der wissenschaftlichen
Exaktheit oder der Tatsachen. Es ist erstaunlich, wieviel solide kulturelle und wissenschaftliche Informationen auch in der Romanliteratur
vermittelt werden, ohne Pauken und Gutzureden.
Gute Beispiele sind die utopische Erzählung "Tunnel in the Sky"
(Tunnel in den Himmel) von Robert A. Henlein und "Spaceward Bound"
(Bestimmungsort Weltenraum) von Slater Brown, das eigentlich eine Einführung in die Astrophysik darstellt.
Ein besonders beliebtes Mädchenbuch ist "Passport to Romance"
(Freifahrt ins Glück), die Geschichte einer jungen Amerikanerin in
einer Schweizer Schule, wie sie die Sprachschwierigkeiten überwindet,
wie sie die Menschen eines anderen Landes immer besser verstehen und
schätzen lernt trotz Fremdsein und all den Kümmernissen, die die
Reifejahre mit sich bringen.
Die Liebe zum Buch wird unterstützt durch die in den USA fast überall regelmäßig durchgeführten Buchausstellungen, in denen die Kinder
gute alte Bekannte wie "Heidi" und "Alice im Wunderland" unter vielen
Neuerscheinungen finden. Die Jugendbücher sind meist reich bebildert
und unter den Illustratoren finden sich bekannte Graphiker. Die lesefreudige Jugend Amerikas macht von diesen Ausstellungen reichlich Gebrauch,
sie blättert und schmökert in den neuen Büchern nach Herzenslust, und
ihre Lesefreude findet hier vernünftige Anregung. Kürzlich erschien
auf dem Büchermarkt ein kleines Bändchen, das den Titel trägt: 'Warum
Jonny nicht lesen kann" und das zum Nicht-Lesen-Wollen der Kinder
Stellung nimmt. Daß dieses Problem aber gar nicht so ernsthaft ist, mag
die nachfolgende kleine Geschichte beweisen. Die Kinder einer New Yorker
Schule sollten einen Aufsatz über ihren Lieblingshelden aus der Geschichte oder der Literatur schreiben. Robin Hood, Peter Pan und die

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"AMERIKA DIENST" - FÜR SIE FRAU

März 1956

die Heilige Johanna lagen an der Spitze; ein Zehnjähriger aber schrieb
über Sigmund Freud, "einen tapferen Mann, der seine Forschungen fortführte, obwohl alle gegen ihn waren..."
V/er wollte da noch sagen, Jonny könnte nicht lesen?
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1)

Jedes Jahr werden in den USA die zehn bestillustrierten Kinder- und Jugendbücher mit Preisen ausgezeichnet. Eines von diesen prämierten
Werken ist Ludwig Bemelmens "Parsley" (die Petersilie)

2)

Die regelmäßig abgehaltenen Buchmessen - auch für
Jugendliche und Kinder - sind in den USA ein
starker Anreiz zum Lesen. Selbstvergessen am
Daumen lutschend, schmökert dieses kleine Mädchen in den Regalen der Bücherschau einer
Washingtoner Zeitung
* * *

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März 1956

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

DIE RUDKINS VON DER PEPPERIDGE-FARM
Von Kathleen Ayres

(82 Zeilen)
(AD) - - "Meine Backstuben sind lediglich die Stromlinienversion
der Küche aus Großmutters Tagen", meint Mrs. Margaret Rudkin, Gründerin und derzeitige Präsidentin der Brot- und Backwarenfabrik
"Pepperidge Farm, Incorporated", ein Großbetrieb, dessen Handelswaren handgefertigte Produkte sind. Jede Woche werden hier in vier
hochmodernen Fabriken nach einem hundertjährigen Rezept 500 000 Laib
Brot von 400 Frauen handgeknetet, hergestellt. Handgeknetet, das ist
die Spezialität des Hauses.
Mrs. Rudkin stolperte vor 18 Jahren in ihre Karriere hinein, wenn
man so sagen darf. Die ehemalige New Yorker Geschäftsfrau lebte damals mit ihrem Manne und drei Söhnen auf der alten Familienfarm
Pepperidge bei Fairfield im Staate Connecticut, so genannt wegen des
Gummibaums Pepperidge, der in dieser Gegend gedeiht.
In jenen Tagen litt der jüngste Sohn Jonny an Asthma,und der
Hausarzt hatte eine Diät mit Weizenschrotbrot empfohlen. Solches hausgebackene Brot aber konnte man nirgendwo kaufen. Da besann sich Mrs.
Rudkin auf ein altes Rezept ihrer Großmutter; sie suchte es heraus
und fand schließlich auch die alte Mühle, die die Weizenkörner zwischen
Mühlsteinen so zerkleinerte, wie das Rezept es vorschrieb.
Die ersten Versuche waren bei Gott nicht ermutigend, das Brot war
zu platt, nicht aufgegangen und auch zu grob. Diese Fehler aber ließen
sich beheben,und mit dem Brot besserte sich auch der Gesundheitszustand Jonnys.
Der Arzt, in seiner Therapie bekräftigt durch den sichtbaren
Erfolg, bat sich zunächst einige Laib Brote für andere Patienten aus
und schlug schließlich vor, doch den örtlichen Viktualienmarkt regelmäßig zu beschicken. Aus diesen ersten Anfängen entwickelte sich im
Laufe von wenigen Jahren die "Pepperidge Farm, Incorporated".
Heute ist John das einzige Familienmitglied, das nicht in der
Firma mitarbeitet. Vater Rudkin hat sein Maklergeschäft liquidiert und
ist nun Seniorchef und Direktor, die Söhne Henry und William fungieren

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März 1956

AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

fungieren als Vizepräsidenten unter Mrs. Rudkins präsidialer Leitung.
Die vier Rudkins, die Männer im Vertrieb und Frau Rudkin als Überwacherin
der Produktion, beschäftigen in ihren vier Betrieben 600 Menschen.
Die erste Backstube war eine Garage, in der einige wenige Hausfrauen
aus der Nachbarschaft bei der Brotzubereitung halfen. Später kamen zu der
Garage auf dem Farmgelände noch eine Scheune, ein ehemaliger Pferdestall
und in der nahegelegenen Stadt Norwalk ein stillgelegtes Krankenhaus
und ein Lagerraum. Diese Gebäude wurden renoviert und sind heute noch
in Benutzung, dazugekommen ist lediglich ein Verwaltungsneubau in der
Stadt, von dem aus der Betrieb zentral geleitet wird.
Im Empfangsraum steht das Modell einer alten Mühle, mit einem
kleinen Rad, das durch Wasserkraft gedreht wird, ein Modell der Mühlen,
die das Mahlgut für das Pepperidge-Farm-Brot aufbereiten. Den Besuchern
ist das Zusehen bei der Brotzubereitung gestattet. Man hält sich dabei
auch heute noch streng an Großmutters Rezept, das "süße Butter, frische
Milch (unabgerahmt), Honig, Rohrzuckermelasse, hausgemachte Hefe und
steinmühlengemahlenes Mehl" vorschreibt. In einem Mischgang gemixt, darf
der Teig nur einmal gehen, dann läuft er in Bütten in den Knetraum, wo
er von Frauenhänden durchgeknetet und sachgemäß geschlagen wird. Das
ist der große Unterschied zu den Erzeughissen anderer Brotfabriken, wo
der Teig mechanisch durchgearbeitet wird.
Auf andere V/eise als durch die Handknetung läßt sich die gewünschte
Teigkonsistenz nicht erzielen, versichert Mrs. Rudkin auf die oft gestellte Frage "Warum mit der Hand?"
Der Teig wird dann in ungefettete, aber durch eine besondere Behandlung nicht haftende Backformen gegeben. Nach nochmaligem Gehen wird
er eine Stunde ausgebacken und nach dem Abkühlen verpackt. Das Ergebnis
ist ein dichtes, herzhaft schmeckendes Brot. Außer diesem Brot stellt
die Firma andere Backwaren nach alten Küchenrezepten her: so etwa ein
halbes Dutzend Brötchensorten, einige davon auch in der beliebten vorgebackenen Form, die dann von den Hausfrauen in kurzer Zeit in der
häuslichen Backröhre fertiggebacken werden und so stets frisch auf den
Tisch kommen, und eine fertige, außerordentlich delikate Kräuter-Geflügelfülle, hergestellt aus den von den Verkaufsstellen zurückgegebenen
unverkauften Backwaren. Die Pepperidge-Farm-Produkte sind in allen Teilen der USA und einer Reihe anderer Länder erhältlich.
Die

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

März

Die Pep;peridgerBetriebe sind ihren Angestellten gegenüber

1956

außer-

ordentlich sozialdenkend, manche von den hier arbeitenden Frauen sind
wie Mary Ference von Beginn an - das sind nun über 17 Jahre - in der
Firma tätig, zehn ihrer Familienangehörigen haben bei Rudkin gearbeitet, sechs sind immer noch da. Jack Brady, der in den ersten Tagen das
Mehl mit der Hand siebte, ist heute Verkaufsdirektor.
Auch nachdem die neuen Brotfabriken der Pepperidge Farm Inc.
in Downington (Pennsylvanien) und in Downers Grove (Illinois) entstanden waren, änderte sich nichts an den althergebrachten Gepflogenheiten der Firma in bezug auf ihre Angestellten. Man wollte keine gelernten Bäcker, da ihre vorgefaßten Praktiken und Meinungen den Arbeitsprozeß störten. So ist der Manager der Downington Plant ein früherer Chemotechniker, während der von Downers Grove ein Absolvent der bekannten Harvard-V/irtschaf tshochschule und früherer Oberst der Armee ist.
Das Teigkneten aber besorgen vorzüglich Hausfrauen, in zwei gekürzten Schichten von 7 Uhr früh bis 2 Uhr mittags und von 2 bis 9 Uhr
abends. Am Ende eines jeden Arbeits Jahres bekommen die Angestellten
ein"Geburtstagsgeschenk" der Firma. Außer bezahltem Urlaub steht den
Angestellten nach sieben Jahren Betriebs-Zugehörigkeit ein Bonus im Gegenwert von mehreren V/ochenlöhnen zu. Die Pepperidge Farm, Inc. bezahlt
für jeden ihrer Betriebsangehörigen denen alle Aufstiegsmöglichkeiten
innerhalb der Firma offenstehen, eine Lebens-, Krankheits- und Unfallversicherung und unterhält einen Rentenversicherungsplan.

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Trotz modernster Anlagen wird in den vier Fabriken
der Pepperidge Farm, Ine', "das Brot nach einem hundertjährigen Rezept nicht maschinell, sondern mit der
Hand geknetet.
* * * * *

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

März 1956

MÜTTER GEHT WIEDER IN DIE SCHULE
Auch ältere Menschen wollen noch lernen - Von drei Amerikanern besucht
einer einen Fortbildungskurs - Die Lehrbücher kommen per Kamel und
Hundeschlitten

(48 Zeilen)
L0UI3VILLE - (AD) - Zwei kleine Mädchen saßen vor kurzem auf den
Stufen einer Bibliothek in Louisville im Staate Kentucky. Eine Bibliothekarin, die sie beobachtete, ging schließlich hinaus und fragte sie, ob
sie nicht hereinkommen wollten.
"Nein, danke", sagte das größere Mädchen. "Wir warten nur, bis
Mutter aus der Schule kommt".
Wie die Mutter dieser Kinder nehmen heute 35 Millionen Amerikaner
und Amerikanerinnen aller Altersstufen an Kursen für Erwachsenenerziehung teil, die an amerikanischen Mittelschulen, Colleges und Universitäten, an Fach- und Handelsschulen abgehalten werden. Mit anderen
Worten: von drei erwachsenen Amerikanern bildet sich einer in irgendeiner Form weiter und ebenso viele Erwachsene besuchen Fortbildungsstunden wie Kinder Kindergärten, Volks- und Hauptschulen.
Neben den eigentlichen Lehrgängen und Kursen erfreut sich auch
das Heimstudium in den USA großer Beliebtheit. Etwa zweihundert sogenannte "Korrespondenzschulen" schicken ihren Schülern das Lehrmaterial
ins Haus. Es gibt Heimunterricht in Maschinenschreiben, Stenographie und
\

allen Handelsfächern, in Mittel- und Hochschulfächern, aber auch im
Klavierspielen, im Gartenbau und im Photographieren. Die Schüler dieser Erwachsenenschulen leben in aller Welt. Eine solche Lehranstalt hat
unter ihren Schülern zum Beispiel einen Leuchtturmwärter in Alaska, einen
reisenden Zirkusakrobaten und einen Geschäftsmann in Afrika. Das Lehrmaterial erreicht die Heimschüler per Post, durch Hundeschlitten, auf
Kamelen, Mulis und durch Postboote.
In der überwiegenden Anzahl aller Fälle aber nehmen die Amerikaner
und Amerikanerinnen in den Abendstunden Unterricht in den sogenannten
"community Centers", die unseren Volkshochschulen ähnlich sind und unentgeltlich oder zu minimalen Gebühren Kurse für jedermann veranstalten. Neben Lehrgängen für Angestellte gibt es auch Unterricht in moderner
Haushaltführung. Entspannung findet man bei Musikvorträgen , Mal- und

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

März 1956

und Bastelstunden.
Wieso kehren aber überhaupt so viele Erwachsene zur Schulbank zurück? Keineswegs nur um vorwärts zu kommen und in ihrem
Beruf mehr zu leisten. Auch der technische Fortschritt im Alltag,
die moderne Einstellung dem Leben gegenüber und die Einsicht, daß
das eigene Wissen nicht mehr genügt, läßt viele Menschen wieder zum
Lehrbuch greifen. Dazu kommt, daß die Fünf-Tage-Woche den Berufstätigen mehr Zeit zum Lernen läßt. Der wichtigste Grund aber ist das
Alter. Es gibt heute in den USA viel mehr ältere Menschen als früher
(noch vor hundert Jahren waren etwa 50 Prozent der amerikanischen
Bevölkerung unter 2o Jahre alt, heute sind zwei Drittel über dieses
Alter hinaus und der Prozentsatz der Einwohner über 45 Jahre

hat sich

mehr als verdoppelt). Viele dieser Menschen trachten, ihr Wissen aufzufrischen, um mit der jüngeren Generation Schritt halten zu können.
Manche aber versuchen auch, sich einen Nebenberuf zu schaffen, und
vielen geht es wie einem New Yorker Ehepaar, das einen Tapeziererlehrgang mitmachte und nun so viele Aufträge von Freunden und Bekannten
vorliegen hat, daß es sie kaum bewältigen kann.
* * * * *
KURZNACHRICHTEN FÜR DIE FRAU
ANTIBIOTIKA ZUR NAHRUNGSMITTELKONSERVIERUNG
Wichtige Entscheidung der US-Bundesprüfstelle
für Nahrungsmittel und chemische Präparate
(22 Zeilen)
WASHINGTON

r

(AD) - Die US-Bundesprüfstelle für Nahrungsmittel

und chemische Präparate hat jetzt der American Cyanamid Company die
Genehmigung zur Herstellung und zum Vertrieb des Konservierungsmittels
für Geflügel "Acronize Chlortetracycline" erteilt, das vor allem Aureomycin, enthält. Zwei Jahre dauerten die Versuche, die der Freigabe dieses
Antibiotikums zur Verwendung in der Nahrungsmittelindustrie vorausgingen. Solche größere^1 Vorsichtsmaßregeln waren erforderlich, wie Dr. Henry
Welch von der Prüfstelle mitteilte, da der Gebrauch von Aureomycin zur
Frischerhaltung von Geflügel für eine Anzahl Menschen die Gefahr allergischer Reaktionen mit sich bringt. Die Versuche haben jedoch gezeigt,
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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

März 1956

gezeigt, daß dies nicht der Fall ist, wenn nicht mehr als sieben
Millionstel Einheiten des Antibiotikums auf dem noch nicht gebratenen oder gekochten Geflügelfleisch verbleiben, ein Rückstand,der
durch den Brat- oder Kochprozeß zerstört wird.
Das Antibiotikum setzt man der Kühlflüssigkeit, mit der das Geflügel nach dem Rupfen und Ausnehmen Übergossen wird, als Frischhaltemittel zu.
Dr. Welch teilte ferner mit, daß andere Werke der Nahrungsmittelindustrie nun auch eine Anwendung von Antibiotika zur Konservierung
von Kalb-, Rind-

und Schweinefleisch sowie Fisch in Betracht ziehen.

Kit einer entsprechenden Genehmigung der Prüfstelle sei in nächster
Zukunft zu rechnen.
(Aus "Science News Letter")
* * * * *
GEGEN DEN UNFALLTOD VON KINDERN
(17 Zeilen)
GENF - (AD) - Die Herabsetzung der Unfälle von Kindern mit nachfolgendem Tod ist ein Punkt, dessen gründliches Studium die Weltgesundheitsorganisation auf ihr diesjähriges Arbeitsprogramm gesetzt hat.
Der nach eingesandten Unterlagen der WHO-Mitgliedernationen erarbeitete statistische Bericht stellt fest, daß der Unfalltod vornehmlich
in solchen Gebieten, in denen die Sterblichkeitsziffern von Kindern
durch Krankheiten zurückgegangen sind, heute die häufigste Todesursache
bei Kindern darstellt. Dies gilt vor allem für die Gruppe der Ein- bis
Neunzehnjährigen in Westeuropa, Nordamerika, Australien und Neuseeland.
In anderen Gebieten erscheint der Prozentsatz des durch Unfall verursachten Todes von Kindern heute weniger beängstigend; man darf jedoch annehmen, daß das Verhältnis mit der Hebung des Lebensstandards und der Verbesserung der hygienischen Verhältnisse und der ärztlichen Betreuung sich
verschieben wird.
Eine Sachverständigenkonferenz, deren Termin noch nicht feststeht,
soll die wirksamsten Methoden zur Verhinderung des durch Unfall verursachten Todes von Kindern ausarbeiten.
* * * * *

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"AMERIKA DIENST"-FÜR DIE FRAU

April 1956

DAS SCHICKSAL DER FRAU UNTER KOMMUNISTISCHEM REGIME
Zeitungsberichte enthüllen die Wahrheit
($0 Zeilen)
BERLIN - (AD) - Kürzlich veranstalteten die Länder jenseits
des Eisernen Vorhangs einen "Internationalen Frauentag", über den die
kommunistische Presse in großen Schlagzeilen berichtete. Einige Schreiber und Reporter im Dienste der kommunistischen Propaganda enthüllten
dabei in ihrem Übereifer für die Partei Tatsachen über das Leben und
die Stellung der Frau in der Sowjetunion und den Satellitenstaaten, die
eine klare Widerlegung aller "Fortschritte" darstellen. Diese ungewollt
aufschlußreichen Zeilen in den Artikeln der Parteipresse bestätigen erneut, daß Sklavenarbeit, Hunger und Elend nach wie vor das Schicksal
der weiblichen Bevölkerung in den von Kommunisten beherrschten Ländern
sind.
"Die Kommunistische Partei hat den Frauen die weite Straße zur
aktiven Arbeit und zur sozial-politischen Betätigung erschlossen",
schrieb die in der UdSSR erscheinende Zeitung "Kasachstan Brawda", und
fuhr dann vielsagend fort: "TauSsnde Frauen arbeiten heute in den Bergwerken von Karaganda."
Zu dem Thema "Arbeitende Frauen von Heute" brachte auch das offizielle Organ der Kommunistischen Partei Ungarns, die in Budapest herausgegebene Zeitung "Esti", einen Beitrag. Um ein Beispiel für das Leben
einer typischen Ungarin unserer Tage zu geben, berichtete das Blatt in
diesem Artikel von einer Frau patis». "Ihr Name war zwar bisher noch
nicht in der Presse zu lesen, und sie spielt auch keine bedeutende Rolle
in der Fabrik, in der sie arbeitet", heißt es da zu Anfang unter anderem, und dann geht es weiter: "... da sie zwei Kinder hat, ist ihr erlaubt worden, ständig in der Morgenschicht zu bleiben. Sobald sie noch
einige Arbeitsstunden mehr einlegen kann, wird sie in der Lage sein,
sich einen Gasherd zu kaufen. Das wird für sie eine große Erleichterung
bedeuten. Ihre größte Sorge besteht zur Zeit darin, ob sie es sich im
nächsten Herbst leisten kann, für die Kinder neue Kleidung und Schuhe
zu kaufen."
Daß Frauen in der Tschechoslowakei Maurerarbeiten ausführen müssen,
wird von den kommunistischen Machthabern als eine Vergünstigung bezeichnet.
In einer Radiosendung erklärte der Sprecher mit Stolz, auf einer Baustelle
in Karlovy Vary hätten die "Mädchen" im letzten Winter sogar warme Arbeits- 1 -

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

April 1956

Arbeitskleidung erhalten und konnten daher auch während der kalten
Jahreszeit Außenarbeiten fertigstellen. Für eine verheiratete Frau
mit zwei Kindern im Alter von sechs und acht Jahren sei diese Tätigkeit besonders vorteilhaft. Ihre Kinder habe sie bei der Großmutter in
Znojmo in Moravia untergebracht, so daß die Mutter sie jeden Monat einmal besuchen könne.
Auch im kommunistischen Rumänien haben nach Berichten des Bukarester
Parteiblattes "Scanteia" während der letzten Monate Zehntausende Frauen
"freiwillig" Schwerarbeiten übernommen. Die Zeitung weist darauf hin,
daß sich im Laufe der vergangenen sechs Monate insgesamt 180 000 Bukarester Frauen am Ausschachten von Brunnen, am Pflastern von Straßen und
am Bau von Überlandleitungen der Elektrizitätswerke beteiligten. "Rund
1500 Frauen be- und entluden 300 LKW/Lieferungen Pflastersteine", heißt
es in dem Artikel wörtlich»
In Bulgarien brachte das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei
des Landes anläßlich des "Internationalen Frauentages" eine Aufforderung
an die bulgarischen Frauen heraus, "unermüdlich zu schaffen ... die Arbeitsleistung zu steigern ... und die Produktionskosten senken zu helfen.
Die Frauen auf dem Lande wurden verpflichtet, "die landwirtschaftlichen
Erzeugnisse zu verbessern" und "größere Arbeitsdisziplin zu erstreben."
Der Aufruf endet mit dem Hinweis, von allen Frauen würde erwartet, daß
sie ihre Kinder lehren, "Arbeit und Wissenschaft zu lieben ... unser
sozialistisches Vaterland zu lieben ... die große Sowjetunion zu lieben."

* * * * *

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

. April 1956

VOM SPANISCHEN BOLERO BIS ZUM INDISCHEN SARONG
Internationale Trends in der amerikanischen Mode 1956
(85 Zeilen)
AD - Die amerikanische Mode im Frühling, Sommer und Herbst dieses
Jahres wird, was Stoffe, Dessins und Entwürfe anbelangt, durchweg internationale Züge tragen. Eine Feststellung, die sich geradezu aufdrängte,
nachdem die amerikanischen Modeschöpfer ihre diesjährigen Kollektionen
vorgeführt hatten.
Schon vor Jahren machte sich eine gewisse Vorliebe der amerikanischen Frau für Kleidermoden aus dem Ausland bemerkbar. Um ihr in dieser
Hinsicht entgegenzukommen, haben amerikanische Modehäuser ihre Fachkräfte im vergangenen Jahre auf ausgedehnte Reisen ins Ausland geschickt.
Sie wollten damit weniger als bisher auf Importware angewiesen sein, sondern sich Anregung und Ideen holen, nach denen sie eigene Kollektionen
zusammenstellen konnten, deren Einzelstücke auch für den mittleren Geldbeutel noch erschwinglich sind, und auch dem finanziell besser gestellten Käufer viel modisch Attraktives zu bieten haben. In den amerikanischen
Modewerkstätten und auch in den Modeabteilungen der großen Warenhäuser umspannen die international akzentuierten Kleidungsstücke das ganze Repertoire der modebwußten und gutangezogenen Frau vom Morgen bis zum Abend.
Da ist beispielsweise der Hausanzug aus Bermuda für den Vormittag, das
spanische Bolerokleid mit reichbestickter Seidenbluse für den Nachmittag
und das fernöstlich ausgerichtete Abendkleid von exotischer Eleganz und
Linienführung in seinen vielfältigen Abwandlungen des indischen Sarong
und des japanischen Kimono.
Aber nicht alle in den Kollektionen gezeigten und in diesem Jahre getragenen Kleider, Mäntel, Blusen, Röcke und Hosen sind in den amerikanischen Modewerkstätten hergestellt. Kleider im Chinastil mit Mandarinkragen
und dem seitlichen Gehschlitz kommen vielfach direkt aus einer Schneiderei
in Hongkong und einzelne Stücke der Strand- und Sportbekleidungsindustrie,
wie etwa der japanische Happi-Mantel, in seiner Heimat das Wahrzeichen der
Zimmerleute, Maurer und Fischhändler, sind reine Importware.
• Darüber hinaus erhalten die amerikanischen Modeschaffenden eine Fülle
von Anregungen alljährlich im Costume Institute des Metropolitan Museum
of Art in New York. Hier steht den Fachleuten eine außerordentlich reichhaltige und auch kostbare Kostümsammlung von internationalem Ausmaß und_

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

April 1956

und eine umfassende Modebibliothek für das Material- u d Entwurfsstudium zur Verfügung. Die vor wenigen Monaten hier gezeigte Schau
"Mediterranean Palette" brachte manche neue Idee, die als spanische,
italienische, griechische, türkische oder nordafrikanische Impressionen
in den Frühjahrs- und Sommergarderoben der amerikanischen Frau sichtbaren Ausdruck gefunden hat.
Eine zweite, im vergangenen Frühjahr zusammengestellte Ausstellung
zeigte unter dem Motto "Von Casablanca bis Kalkutta" orientalische Kleidungssitten, deren Eigenarten sich in Hüten, Schuhen, Kleidern

Mänteln

und vor allem dem Kostümschmuck aus den Werkstätten Amerik s widerspiegelte.
Die Fachleute in Amerika bestätigen, daß seit der Einführung italienischer
Moden im Jahre 1951 keine andere ausländische Stilrichtung mehr die amerikanische Mode so beeinflußt hat, wie derzeit die orientalische. Der indische Sarong, ein rechteckiges Stück Stoff von etwa 5 mal 9 Meter Länge,
das sich die indischen Frauen seit Jahrhunderten kunstvoll um den Körper
drapiert haben, wird von Textilfirmen der USA in Großhandelsmengen eingekauft. In den Hütten um Benares arbeiten Inderinnen im Fiebertempo an den
Webstühlen, um die großen amerikanischen Aufträge fristgemäß erfüllen zu
können. Neben dem Sarong sind Baumwolltuche aus Madras, wo sie in Heimarbeit gewebt werden, bei den amerikanischen Importeuren sehr begehrt.
Aus Hongkong kommt Fertigkleidung, in heimischen Werkstätten nach
amerikanischen Normmaßen

hergestellt. Im vergangenen Jahr hat eine einzige

Hongkonger Firma dafür 540 000 Meter Japanseide zu Kleidern, Blusen, Jacken
und anderem mehr verarbeitet, die.in 185 Geschäften in 41 Staaten der USA
abgesetzt wurden. Als Garn wird nach Hongkong neben der Japanseide auch
die begthrte Yukata-Baumwolle eingeführt und dort verwebt.
Aus Thailand kommen Seiden von bezaubernder Schönheit, die hauptsächlich zu großen Abendkleidern, Stolen, Jacken und Herrenkrawatten
verarbeitet werden. Diese an altertümlichen Webstühlen gefertigten Stoffe
mit ihrer ungleichmäßigen Webstruktur sind von unvergleichlicher Qualität
und in den USA nicht herstellbar. Es läßt sich freilich nicht ganz verheimlichen, daß ihre Farben, Dessins und Webart die heimische Baumwollspinn- und Weberei stark beeinflußt haben.
Ein übriges

zur Internationalisierung der amerikanischen Mode haben

jene ausländischen Modehäuser von Rang getan, die ihre Kollektionen in den
USA gezeigt haben, wie beispielsweise die bekannte italienische Modeschöpferin Simonetta, deren Salon in Rom weltweiten Ruf genießt. Sie

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"AMERIKA SINNST' - FJR DIE FRAU

April 1956

Sie zeigte im Herbst 1955 ihre Kreat'onen in 14 ame^ika ^sehen S ädten.
Aber nicht nur die amerikanische Mode hat Anleihen im Aas and aufgenommen, auch auslandische Modeschaffende haben sich vom amerikanischen
Stil inspirieren lassen.
Der "America.. Look" hat sich vor a lern in der Sportbekleidung durchgesetzt. In Paris und auch anderswo haben die Frauen eine besondere
Vorliebe für de

leg ren und doch so feschen amerikanischen Stil ent-

wickelt. Selbst Dior ist der Ansicht, daß "die Sportmode in den USA ohne
Zweifel exzellen

sei".

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1) Der Schnitt erinnert stark an die Uniformen der Pariser Polizei.
Das mit Alpaca abgefütterte Cape eignet sich besonders für kühlere Tage.
2) D'e Mö chskutte der italienischen Renaissance inspirierte
amerikanische Modeschöpfer zu der großen Kapuzenstola mit
Silberclipsen, nach dem Vorbild der Florentiner Schule gehalte* . Der Stolakragen wird zu einem einfachen Tweedkleid
getragen. Rechts im Bild ein Bolerokleid aus Seidensamt und
reichbestickter Satinbluse, nach der Art der spanischen
Matadoren.
5) Besonders auffallend ist der orieitalische Einfluß auf die
diesjährige Modesaison der USA. Links im Bilde ein im Chinastil gearbeitetes, enganliegendes Kleid! mit Mandarinkragen,
geschlitztem Rock und Knöpfen in Form von chinesischen Schriftzeichen; in der Mitte ein Abendkleid nach japanischem Vorbild
mit Schärpe, als Brautkleid oder Abendkleid gedacht} rechts
ein Dress mit farbenfrohem Rock, eine Anlehnung an den indischen Tanzrock. Der steinbesetzte Halsschmuck ist die Nachbildung eines hinterindischen Har.

x- * * * *

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

April 1956

DIE JUNGEN FRAUEN DES JAHRES
"Mademoiselle" verleiht Auszeichnungen für
hervorragende Verdienste
(80 Zeilen)
NEW YORK - (AD) - Zehn junge Frauen erhielten kürzlich von der
führenden amerikanischen Frauenzeitschrift "Mademoiselle" eine Auszeichnung für hervorragende Verdienste, die sie sich im Laufe des
Jahres 1955 auf den verschiedensten Gebieten erworben haben. Der
Verlag dieser Zeitschrift führt eine solche Ehrung bereits zum
dreizehnten Male durch.
Die "Jungen Frauen des Jahres" haben in ihren jeweiligen Fachgebieten außergewöhnliche Leistungen gezeigt

"obwohl sie den Höhepunkt

ihrer Laufbahn noch nicht erreicht haben dürften", erklärte einer der
Herausgeber der Zeitschrift. In diesem Jahr gehörten zu den Ausgezeichneten, Schauspielerinnen von Bühne und Film, eine Sängerin, eine Sportlerin, '/Yissenschaftlerinnen, eine Modekünstlerin und eine Schriftstellerin .
Die 12jährige Gloria Lockerman ist die Jüngste unter den Preisträgerinnen. Sie begann ihren Weg zu Ruhm und Anerkennung während des
letzten Jahres in der Fernsehsendung "Die 64 OOO-Dollar-Frage", aus
der sie als Siegerin hervorging. Die Redaktion der "Mademoiselle" begründete ihren Entschluß, Gloria den Ehrentitel "Junge Frau des Jahres"
zu verleihen, mit der Erklärung: "Sie ist ein Symbol für die Gruppe unter
den einfachen Bürgern der USA, die - durch einen Zufall plötzlich ins
Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit gestellt - Qualitäten aufzuweisen
haben, in denen sich der Geist der Nation widerspiegelt." Weiterhin wurde
darauf hingewiesen, daß Fernsehveranstaltungen wie die, bei der dieses
Mädchen einen Preis gewann, "das besondere Gefallen des amerikanischen
Publikums finden, weil sie die Verwirklichung der typisch amerikanischen
Idee darstellen» Mit etwas Glück und viel "Wissen um das wie" ist für
jeden alles möglich".
Zu den anderen Preisträgerinnen im 7/ettbewerb um den Ehrentitel des
Jahres gehören:
1. Kim Stanley aus Tularosa in Neu-Mexiko, die nach ihrer Ausbildung
an einer Schauspielschule nach New York ging, dort zunächst in kleinereg

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

April 1956

kleineren Rollen spielte und schließlich in einer "Picnic"-Inszenierung am Broadway vor eine große Aufgabe gestellt wurde, die ihr den
ersten Erfolg in der breiteren Öffentlichkeit einbrachte. Von da an
ging ihre berufliche Laufbahn steil aufwärts. Im vergangenen Jahr
wurde sie in "The Traveling Lady" (Die reisende Dame) erstmalig als
Star herausgestellt, und für ihre schauspielerische Leistung in
"Bus Stop" erhielt sie dann die besten Kritiken des Jahres.
2. Die Rechtsanwältin Jane Prizant Gilman aus Middletown in
New York, die ihr Studium in Abendsemestern absolvierte und 1950
ihre Examina bestand. Zunächst war sie für die New Yorker Anwaltskammer tätig und wurde dann auf Grund ihrer außergewöhnlichen Leistungen in eine wichtige Kommission berufen, die eingesetzt worden war,
um Untersuchungen über das amerikanische Rechtswesen durchzuführen.
Die von ihr völlig selbständig durchgeführten Erhebungen und der Bericht,
den sie dann auf Grund der Ergebnisse ausarbeitete, werden nach Angaben
der verantwortlichen Körperschaften die Grundlage für eine Reform und
Vereinheitlichung des Justizwesens im Staate New York bilden.
3« Die. Sängerin Leontyne Price aus Laurel in Mississippi, die
ursprünglich als Pianistin auf kleinen privaten Gesellschaften spielte,
später ein Stipendium für die Juilliard-Musikschule in New York bekam
und dann in der Neu-Inszenierung von "Porgy and Bess" für eine Welttournee
den ersten großen Erfolg in der öffentlichkeit zu verzeichnen hatte.
Weitgehende Anerkennung und begeisterten Beifall fand sie schließlich
im letzten Jahr, als sie in einer Fernseh-Aufführung von Puccinis
Oper "Tosca" mitwirkte.
4« Die Geologin Doris Zeller aus Madison in Wisconsin, die als
wissenschaftliche Beraterin für eine der führenden amerikanischen ölgesellschaften tätig ist und von der American Association of Petroleum
Geologists für "ihren genialen Beitrag auf dem Gebiet der Paläontologie"
ausgezeichnet wurde. Ihre wissenschaftlichen Forschungen über die Lebewesen vergangener Erdzeitalter sind den ölgesellschaften eine wesentliche
Hilfe bei der Entscheidung, wo Bohranlagen am günstigsten angelegt werden
können. Zur Zeit führt sie für die brasilianische Regierung geologische
Untersuchungen auf den Ölfeldern Amazonas durch.
5. Die Schwimmerin Pat McCormick aus Long Beach in Kalifornien, die
praktisch alle Rekorde im Kopfsprung hält und als eine der größten
Springerinnen aller Zeiten gilt.

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6.

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

April 1956

6. Die Wissenschaftlerin Liane Brauch Russell, die als einzige
Amerikanerin im vorigen Jahr den ehrenvollen Auftrag erhielt, ein
Referat für die Genfer Internationale Konferenz über die friedliche
Anwendung der Atomenergie auszuarbeiten.
7. Die japanische Schauspielerin Machiko Kyo aus Tokio, die in
den drei mit internationalen Preisen ausgezeichneten Filmen "Rashomon",
"Ugetsu" und "Tor zur Hölle" mitwirkte.
8. Die Modekünstlerin Jeanne Carr aus New York City, die bei ihren
Modellen für Fertigkleidung bisher in der Konfektion ungebräuchliche
Stoffe und Farben verwendete und im Jahre 1955 eine sehr modische
Mädchenbekleidung zu mäßigen Preisen herausbrachte.
9» Die Schriftstellerin Francoise Sagan aus Paris, Verfasserin des
Romans "Bonjour Tristesse", der in ihrem Heimatland und auch in den
Vereinigten Staaten zu einem Bestseller wurde.

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Die "Jungen Frauen des Jahres 1956"
Links: die 12jährige Gloria Lockerman.
Von links nach rechts, obere Reihet Die Schauspielerin
Kim Stanley, die Rechtsanwältin Jane Prizant Gilman, die
Sängerin Leantyne Price. Mittlere Reihe» die Geologin
Doris Zeller, die Schwimmerin Pat McCormick mit den
vielen Rekorden im Kopfsprung, die Wissenschaftlerin
Liane Brauch Russell. Untere Reihe» die japanische Filmschauspielerin Machiko Kyo, die Modekünstlerin Jeanne Carr
und die französische Schriftstellerin Francoise Sagan.

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"AMERIKA DIENST" - FLR DIE FRAU

April 1956

DIE KINDER, DIE ICH NICHT VERGESSEN KANN
Von Dr. Anton Geser,
Leiter eines Ärzteteams der Weltgesundheitsorganisation in Asien

( 56 Zeilen)
VEREINTE NATIONEN, New York - (AD) - Während der letzten drei
Jahre habe ich mein Leben unter den Kindern Asiens verbracht. Zuerst
war ich im Rahmen einer Calmette-Schutzimpfungsaktion tätig und
während des letzten Jahres leitete ich ein Team des Kinderhilfswerks
der Weltgesundheitsorganisation. Unsere Aufgabe war, die Häufigkeit
von Tuberkuloseerkrankungen festzustellen und die Wirksamkeit der
Calmette-Schutzimpfung für Kinder zu überprüfen.
Mein Team, das aus zwei dänischen Krankenschwestern, mehreren
einheimischen Pflegekräften und mir bestand, arbeitete in Indonesien,
Nord-Formosa und in verschiedenen Gegenden von Kambodscha, Vietnam
und den Philippinen. Insgesamt haben wir 50 000 Kinder untersucht und
geimpft.
Ich will hier nicht von unseren wissenschaftlichen Ergebnissen
erzählen. Was wir in medizinischer Hinsicht geleistet haben, wird in
einem wissenschaftlichen Bericht niedergelegt werden, den die WHO
für die Fachwelt herausgeben wird. Hier will ich nur von unseren
Patienten reden: von den asiatischen Kindern.
Es sind erstaunliche Kinder, die ich nie vergessen werde wegen
ihrer liebenswerten Charaktereigenschaften, ihrem Mut und ihrer tapferen
Haltung in allen Lebenslagen. Tag für Tag, wenn sie sich zur Impfung
anstellten, hatte ich Gelegenheit, ihre Ruhe und Gelassenheit zu
bewundern.
Ihr Alter spielte dabei gar keine Rolle. Ob sie nun drei, fünf
oder sieben Jahre alt waren - wenn beim Impfen die Reihe an sie kam,
hielten sie uns ohne den geringsten Protest und ohne zu weinen den
Arm hin. Manchmal lächelten sie auch, als ob sie sagen wollten:
"Hoffentlich mache ich Ihnen nicht zu viel Mühe". Welch ein Kontrast
zu den europäischen Kindern, die bei Massenimpfungen ganz blaß dastehen,
aus der Reihe laufen und denen vor Angst oft schlecht wird.
Man

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

April 1956

Man wird einwenden, daß die asiatischen Kinder keine Angst hatten,
weil sie zum Unterschied von den europäischen nicht wußten, was sie
erwartete. Aber das stimmt nicht. In vielen Schulen, die von unserem
Team getestet wurden, bekamen ein und dieselben Kinder in gewissen
Zeitabständen vier bis sechs Impfungen. Trotzdem war ihre Haltung
vor jeder Injektion gleich ruhig.
Und noch etwas haben wir festgestellt: welch gute Nerven die
immer freundlichen Kinder dieser Länder haben. Sie versagten auch
dann nicht, wenn die Impfungen im Klassenzimmer vorgenommen wurden.
Nach einem freundlichen Lächeln des Willkommans konnten die Lehrer
häufig sogar mit dem Unterricht einfach fortfahren, und die Schüler
folgten ihnen weiter mit voller Aufmerksamkeit, während wir in einer
Ecke des Schulzimmers unsere Impfungen durchführten.
Zu den Dingen, die ich nicht vergessen werde - und die ein
Schlüssel sind zur Haltung dieser Kinder und dem Nationalcharakter
ihreB Volkes - gehören auch die Eindrücke an den Filipino-Schulen.
Immer wieder hörte ich dort die Lehrer eine erstaunliche Frage an
ihre Schüler stellen. Sie lautete: "Wie oft seid ihr heute höflich
gewesen?" Und die kleinen Buben und Mädchen hoben dann jedesmal eifrig
die Hand und sagten stolz: "Ich bin heute sehr oft höflich gewesen".
In diesem menschlich so graziösen und liebenswürdigen Wesen der
glücklichen, ungehemmten und von Natur aus nicht nervösen Kinder
dürfte auch die Antwort auf die Frage liegen, warum sie beim Impfen
soviel Haltung bewahrten. Und es mag die Lösung des Problems sein,
wieso Krankheiten nervöser Art so häufig in den technisch überentwickelten Ländern der gemäßigten Zone vorkommen und so selten in den
ländlichen Gebieten Asiens.
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"Hoffentlich mache ich Ihnen nicht zu viel Mühe?"

* * * * *

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''AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

April 1956

KURZNACHRICHTEN FÜR SIS FRAU
AMERIKANISCHE FARMERSFAMILIE ADOPTIERT ACHT KLEINE KOREANERWAISEN
(14 Zeilen)
CRISWELL (Oregon) - (AD) - Zu seinen acht eigenen Kindern nahm
das Ehepaar Harry Holt aus Criswell im Staate Oregon kürzlich noch
acht kleine Koreanerwaisen an Kindes Statt an, die nun zusammen mit
der Familie auf der Holt-Farm leben und dort eine neue Heimat gefunden
haben.
Anlaß zu diesem Entschluß war ein Film, den die Familie vor etwa
einem Jahr gesehen hat und in dem das Leben in einem koreanischen Waisenhaus geschildert wurde. Die Holts brauchten jedoch eine vom Kongreß
der Vereinigten Staaten erlassene Sondergenehmigung für die Adoption
von gleichzeitig acht Kindern, die sie durch die Intervention der Senatoren von Oregon auch erhielten.
Mr. Holt konnte nunmehr seine acht Schützlinge, darunter ein zehn
Monate altes Baby, in Korea in Empfang nehmen und mit dem Flugzeug
nach den USA bringen.
* * * * *

DIE ROLLE VON FUNK- UND FERNSEHEN IM RELIGIÖSEN LEBEN AMERIKAS
(:6

Zeilen)
WASHINGTON - (AD) - Die Übertragung von Rundfunk- und Fernsehpro-

grammen religiösen Inhalts spielt im religiösen Leben der Amerikaner eine
immer größere Rolle. Diese Feststellung traf der Nationale Kirchenrat, der
größte lutherische Kirchenverband der USA, kürzlich an Hand der Auswertung
einer diesbezüglichen Umfrage.
Katholische wie evangelische Kirchenführer sind der Auffassung, daß
Funk und Fernsehen sich als zusätzliche mächtige Werkzeuge in der religiösen Erziehung erwiesen haben. Selbst Papst Pius XII. bezeichnete unlängst
das Fernsehen als "eine wunderbare Einrichtung", das Wort Gottes den Katholiken zu künden, die aus irgendwelchen Gründen ans Zimmer gefesselt sind un
dem Gottesdienst in der Kirche nicht beiwohnen können.
Die amerikanischen Sender kommen den Kirchen entgegen und stellen
ihnen die Sendezeit kostenlos zur Verfügung. Im Rahmen der religiösen
Programme führender Sendestationen richten namhafte Würdenträger der
katholischen, evangelischen und jüdischen Glaubensgemeinden das Wort
an die Gläubigen.
* * * * *

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Mai 1956

IM GARTEN DER DÜFTE
Ein Blindenpro.iekt. das viel Nachahmung finden dürfte

(70 Zeilen)
NEW YORK - (AD) - Ganz im Gegensatz zu anderen öffentlichen
Parks stößt man in einem bestimmten Teil des Botanischen Gartens
in Brooklyn immer wieder auf ein Schild mit der Aufschrift: "Bitte
die Blumen berühren!" Die Worte sind in Braille, der Blindenschrift,
gedruckt. Kein Wunder, denn dieser "Garten der Düfte", wie er offiziell
heißt, ist eigens für die Blinden der Stadt New York angelegt, denen
hiermit über Geruch- und Tastsinn der Weg in die Schönheiten der Blumen- und Pflanzenwelt erschlossen werden soll.
Vor einem Jahr nach dem Vorbild einer ähnlichen Einrichtung in
Brighton (England) angelegt und von der "V/omen's Auxiliary", einer
Frauengruppe der Botanischen Gesellschaft, durch Verkauf von Pflanzen
und Blumen und dem Erlös von verschiedenen gesellschaftlichen Veranstaltungen finanziert, ist hier eine Anlage geschaffen worden, die
über ihre eigentliche Bestimmung hinaus auch für die Sehenden eine
wahre Augenweide geworden ist.
über sanft abfallende Böschungen und Hänge führt der Pfad hinunter zu einer weiten Rasenfläche, teilweise eingefaßt von Steinmauern,
hier und dort mit Gebirgsblumen bepflanzt. Die Blumenbeete sind meist
in Brusthöhe, meist auf den Mauern angelegt, um es den blinden Besuchern des Gartens leicht zu machen, die Blüten zu berühren und
sich die Nasen mit den verschiedensten Wohlgerüchen vollzusaugen.
Schmale Geländer und Leitseile weisen den suchenden und so überaus
empfindsamen Händen den Weg zu den Brailleschildern, die vor jeder
Pflanze angebracht sind.
Um den blinden Gästen die Orientierung im Garten zu erleichtern,
sind die Gartenwege mit verschiedenen Materialien bearbeitet: ein
Steinfliesenweg führt zum Unterkunftshaus und den Aufenthaltsräumen,
Asphaltblöcke kennzeichnen die Spielecke, wo Brettspiele, wie Dame
und Schach, verfügbar sind, grasbewachsene Pfade führen zu schattigen
Baumgruppen, und Kies unter den Füßen zeigt die Richtung zu den Ruhebänken an, die man, um die Wirkung abzurunden, alle aus wohlriechenden
- 1

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Hai 1956

wohlriechenden Hölzern gemacht hat. Sie sind zum großen Teil ein Geschenk der Hörer des außerordentlich beliebten Rundfunkprogramms
"Happiness Exchange" (Der Glückstausch).
Der "Garten der Düfte" enthält vorwiegend stark

duftende Blumen,

Bäume und Sträucher. Aromatische Gräser strömen einen würzigen Duft
aus, und Pflanzen mit schweren und zarten Gerüchen sind nach einem
sinnvollen Plan aufgeteilt. Braille-beschriftete Schilder fordern
zum Berühren der Blumen, zum Brechen von Zweigen, zum Schmecken von
eßbaren Rinden und Früchten auf, damit nichts von dieser duftenden,
würzigen Erbauung verlorengehe.
Es wird mitunter behauptet, daß kein Nichtsehender je voll die
vielfältige und wunderbare Formgebung und Struktur von Blatt und
Stengel voll zu erkennen vermag. Um jedoch das Empfinden dafür
zu wecken, wurde bei der Anlegung des Gartens eben auf diese Verschiedenartigkeit besonders geachtet. Auf Wunsch der blinden Gäste
wurden auch dornentragende Gewächse in den Garten aufgenommen. Es
muß jedoch darauf hingewiesen werden, daß es sich bei allen diesen
Pflanzen nicht unbedingt um seltene Arten handelt. Es gibt unter
den heimischen und wohlbekannten genug Auswahl, um einen Begriff
von der Vielfalt und Verspieltheit der Natur zu geben. Es ist bekannt, daß es vor allem die Flora ist, die auch auf den Nichtsehenden
gewisse Sinnenreize auszuüben vermag. Die Aufgabe der Gartenarchitekten, Ärzte und Psychologen ist es, diese Medien richtig einund anzusetzen.
An einem Ende des Gartens, die Anlage überschauend, befindet
sich eine mit Fliesen ausgelegte Terrasse. Hier finden regelmäßig
Unterrichtskurse für Kinder und Erwachsene statt. Wenngleich auch
heute noch in den Anfängen begriffen, sollen diese in Zukunft eine
erste Stellung im Arbeitsprogramm einnehmen. Man hofft, die ülinden
nicht nur "sehend" zu machen, sondern in ihnen auch den Wunsch zu
v/ecken, sich selbst gärtnerisch zu betätigen und ihrem Leben neue
Inhalte hinzuzufügen.
Trotz

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Mai 1956

Trotz der kurzen Zeit seines Bestehens hatte der "Garten der
Düfte" seit seiner Eröffnung im Sommer 1955 bereits viele Hunderte
von Besuchern zu verzeichnen, darunter Blinde aus allen Teilen der
Vereinigten Staaten und auch dem Ausland. Andere amerikanische Städte,
die im Rahmen der vorjährigen Internationalen Blumenschau in New York
ein Modell des "Garden of Fragrance" sehen konnten, haben die Absicht
geäußert, ähnliche Anlagen einzurichten.

ACHTUNG REDAKTION!

1)

2)

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Im "Garten der Düfte", den die Stadt New York im
vergangenen Jahre für ihre Blinden angelegt hat,
führen schmale Leitseile die tastenden Hände der
blinden Gäste zu den Braille-Schildern, die vor
jeder Pflanze angebracht sind und den Besucher zum
Berühren der Blumen und Sträucher auffordern.

Der Duft der Nelke, zum ersten Male bewußt
erlebt. Den blinden Menschen den Weg in die Schönheiten der Pflanzenwelt zu erschließen, ist die
Kauptaufgäbe des im Sommer 1955 in New York angelegten "Garten der Düfte".

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"ALIERIKA DI BKS T" - FÜR DIE FRAU

Mai 1 956

DAS BLONDE FRÄULEIN BAUINGENIEUR AUS LOS ANGELES
Marilyn Jor^enaon, die Straßen"bauexpertin
(65 Zeilen)
LOS ANGELES - (AD) - Die "blonde, knapp dreißigjährige Marilyn
Jorgenson aus Los Angeles in Kalifornien ist eine Frau, die die Genugtuung für sich in Anspruch nehmen kann, Straßen zu "befahren, die sie
selbst gebaut hat.
Miss Jorgenson ist nämlich wohlbestallter Bauingenieur beim
Straßenbauamt von Kalifornien. Auf ihrem Reißbrett entstehen Autobahnen, Rampen, Gefälle, Böschungen, Drainagen. Sie ist außerdem
Expertin in Fragen des Straßenbaurechts.
Zur Zeit arbeitet sie an einem neuen Acht-Kilometer-Abschnitt
des San Diego Freeway bei Los Angeles, einer im Gegensatz zu den
"toll highways" gebührenfreien Autoschnellbahn, für die 3 bis 4 Millionen Dollar verarschlagt wurden. Zu ihrem Mitarbeiterstab gehören vier
technische Assistenten, zwei Ingenieure und ein technischer Zeichner.
Dieses Projekt stellt an den verantwortlichen Ingenieur besonders hohe
Anforderungen hinsichtlich seines bautechnischen Könnens. Es schließt
vier Auf- und Abfahrten der herkömmlichen Art ein, die direkt ins
Straßennetz der Stadt münden und eine jener Kleeblattstraßen-Überund Unterführungen, die die kreuzungsfreien Verbindungswege zu anderen
Autobahnen bilden. Zweck dieses neuen Straßenstücks ist es, Verkehrsstauungen an den Stadtausfahrten von Los Angeles zu verhindern und dazu
beizutragen, den Verkehr sicherer und schneller abwickeln zu können.
Wie bekannt, gehört Los Angeles zu den verkehrsreichsten Städten der USA.
Wöchentlich einmal kann man dem Fräulein Bauingenieur mit Plänen und
Blaupausen an dieser Baustelle begegnen. Andere Revierfahrten dienen der
Überprüfung und Inspektion von Lrainageanlagen, der möglichen Planung
neuer und der Verbesserung alter Straßen. Kostenvoranschläge, Reports
über technische Daten und vergleichende Studien fallen ebenfalls ins
Ressort der technisch begabten Marilyn.
Die oftmals an sie gerichtete Frage, ob eine Frau in diesem ausgesprochenen Männerberuf überhaupt Aussichten und Anerkennung finde, kann
Miss Jorgenson nur bejahen. Für sie sei der Umstand, eine Frau zu sein,
niemals ein Hindernis im Beruf gewesen. Es habe sie von jeher xntere^

-4 -

"AMERIKA DIENST" - F Ü R DIE FRAU

Mai 1956

interessiert, wie man Brücken und Straßen baue und sie finde es
heute wunderbar, ihre Ideen verwirklicht zu sehen.
Wie sehr ihre männlichen Kollegen im Ingenieursverband von
Los Angeles die Frau in ihren Reihen schätzen, mag aus der Tatsache
hervorgehen, daß sie kürzlich Miss Jorgenson zum Schatzmeister und
Sekretär der Abteilung Transportwesen ihres Verbandes ernannt haben.
Es war im vergangenen Jahr, daß Marilyn Jorgenson die erforderlichen sechs Jahre Praxis vollenden und ihre Lizenzprüfung als Bauingenieur ablegen konnte. Es ist interessant zu hören, daß sie unter
1500 Prüfungskandidaten die einzige Frau war.
Ehe Marilyn, die in Grafton in Nord-Dakota geboren ist, sich zu
diesem Beruf entschloß, arbeitete sie ein Jahr lang als Stenotypistin.
Dann immatrikulierte sie an der Universität von Minnesota und machte
im Jahre 1948 ihr erstes Examen. Sie brauchte drei Jahre bis zum Abschluß ihrer Studien, besuchte in dieser Zeit die Sommersemester und
arbeitete in der Universitätsbibliothek, um die magere Studentenkasse
etwas aufzufüllen.
In der Zwischenzeit war ihre Familie nach Los Angeles umgezogen.
So war es nur natürlich, daß sie sich dort um eine Anstellung bewarb.
Sie hatte, als sie ihre Papiere beim Straßenbauamt Kalifornien einrichte,
zunächst mit Ablehnung gerechnet. Aber nichts dergleichai geschah, und
die Behauptung, daß man Frauen in solchen Posten nicht gerne sehe,
gibt es nach Miss Jorgensons Meinung und Erfahrung nicht.
Der weibliche Bauingenieur von Kalifornien ist trotz seines männlichen Berufes ein ausgesprochen fraulicher, ja sogar häuslicher Typ.
Die Miss im Straßenbauamt ist eine große Musikliebhaberin und besitzt
eine reichhaltige Schallplattensammlung klassischer Werke. Unlängst,
so erzählt sie freudestrahlend, habe sie sich auch eine Nähmaschine
angeschafft, um nun ihre Garderobe selbst zu schneidern. Auch einer
Heirat sei sie keineswegs abgeneigt.
Vorerst aber gehört ihre ganze Aufmerksamkeit' dem selbsterwählten
und geliebten Beruf. Und es muß in der Tat ein schönes Gefühl für sie
sein, wenn sie mit ihrem Wagen Straßen befährt, die in ihrem Kopf entstanden und unter ihrer Aufsicht gebaut worden sind.
ACHTUNG REDAKTION!

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"AMERIKA DIENST" - FÜR SIE FRAU

ACHTUNG REDAKTION!

Mai 1956

Auf Anforderung übersendet Ihnen der
AMERIKA DIENST kostenlos folgendes
Bilds
Der Bauingenieur Marilyn Jorgenson vom
Straßenbauamt Kalifornien bei der Besichtigung
der Arbeiten einer Drainageanlage am neuen
Straßenbauprojekt am San Diego Freeway, einer
Autoschnellbahn, die Los Angeles mit San Diego
verbindet.

* * * * #

EINE NEUE JOHANNA - EIN NEUER TYP
Julie Harris, die zur Zeit beste Schauspielerin
der amerikanischen Bühne
( 70 Zeilen)
NEW YORK - (AD) - Wenn in Zukunft nicht mehr Julia, sondern
Johanna die begehrteste weibliche Bühnenrolle, und die ideale Schauspielerin Amerikas ein knabenhaft schlankes 7/esen mit GarcoP-Haarschnitt
sein wird, dann dürfte daran Julie Harris, die zur Zeit gefeiertste
Künstlerin des Broadway, in hohem Maße beteiligt sein.
Anlaß zu dieser Feststellung ist die hervorragende schauspielerische Leistung der gazellenhaften Künstlerin als Jungfrau von Orleans in
Jean Anouilhs Bühnenstück "Die Lerche", von LilLian Hellman für die
amerikanische Bühne bearbeitet.
Dieses Stück ist das jüngste einer langen Serie von dramatisierten
Fassungen, historischen wie psychologischen Deutungen der Geschichte des
französischen Bauernmädchens, dessen Tod auf dem Scheiterhaufen im Jahre
1431 nicht ein Ende, sondern der Anfang war.
Erlauchte Geister des westlichen Kulturkreises - Shakespeare,
Schiller, Voltaire, Anatole France, Shaw, Mark Twain und Maxwell Anderson
um nur einige zu nennen - waren von der Gestalt der Jeanne d'Arc gepackt,
waren hingerissen von der Tragweite ihres Einflusses, ihren Handlungen
und den Kräften, die in ihr schlummerten und sie vorwärtstrieben.
Große Könnerinnen der Bühne haben diese Gestalt verkörpert, unter
ihnen die berühmte französische Tragödin Sarah Bernhardt, die 1890 mit
46 Jahren noch die Rolle der 18jährigen Heldin in Baribers Jeanne d'Arc

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"AMERIKA PIEPST" - FÜR DIE FRAU

Mai

195g

Jaenne d'Arc spielte. In Deutschland feierte Elisabeth Bergner unvergessene Triumphe in Shaws "Heilige Johanna", und in Amerika sind
es fünf Schauspielerinnen, deren Johanna-Interpretierung starken
Eindruck hinterlassen hat. Es sind dies (1909) Maude Adams in Schillers
"Die Jungfrau von Orleans", (1923) Winifred Lenihan bei der Uraufführung der Shawschen "Heiligen Johanna", (1936) Katharine Cornell
und (1951) Uta Hagen in Neuinszenierungen desselben Stückes. In
Maxwell Andersons "Spiel im Spiel"-Version der "Joan of Lorraine"
war es Ingrid Bergmann.
Heute ist es Julie Harris, die in dieser Rolle am Broadway Beifallsstürme und Bewunderung entfacht und ein schauspielerisches Können
an den Tag legt, das sich mit dem aller ihrer berühmten Vorgängerinnen
messen kann - ja Bogar noch übersteigtt Dies bestätigen die Kritiker,
deren Urteilsvermögen die Spanne von Maude Adams bis heute umfaßt.
Ein Urteil, das um so bemerkenswerter ist, als das moderne Stück trotz
seiner geschliffenen Dialoge und analytischen Tiefe der Bernard ShawVersion der Heiligen Johanna vieles schuldig bleibt.
Die neue Johanna ist kaum 30 Jahre alt und hat eine kaum leicht
zu nennende Lehrzeit hinter sich. Frühzeitig hat sie die Wohlgeborgenheit ihres Elternhauses in einem vornehmen Detroiter Vorort verlassen
und sich in New York auf ihre Schauspielkarriere vorbereitet. Schauspielunterricht, Sommerkurse, Mitwirkung bei vielerlei Theatergruppen
und schließlich das Actor's Studio, das mehr als jede andere Ausbildungsstätte dieser Art dazu beiträgt, den Sinn des Schauspielers für sein
Da-3ein zu klären. Julie Harris begnügte sich lange Zeit mit Statistenrollen, bis sie endlich eine "Große Szene" in Nashs "The Young and the
Fair"» die Rolle eines kleptomanischen Schulmädchens in dem Broadwaystück spielen durfte. Es folgten» die spatzenfreche 12jährige Frankie
Adams in Carson McCullers "Member of the Wedding" (Das Mädchen Frankie);
die kapriziöse, supervornehme und leicht verdrehte Sally Bowles in
John van Drutens "I am a Camera" (ich bin eine Kamera) und mehrere
Filmrollen, darunter die der Abra in dem vieldiskutierten und erfolgreichen Streifen "Jenseits von Eden", nach John Steinbecks gleichnamigem
Roman gedreht.
Dann aber war es wieder die Bühne, die lockte. Julie Harris
erzählt, monatelang mit dem Stück "Die Lerche" förmlich gelebt zu
haben, ehe die Proben begannen.

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1>i ese

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Mai 1956

Diese ernste Auffassung ihrer Kunst, dieses unentwegte Arbeiten
an sich selbst, blieb nicht unbelohnt. Aber alle Anerkennung, aller
rauschender Applaus, aller finanzieller Erfolg bedeuteten ihr nichts,
wenn es ihr nicht gelingt, den Menschen im Zuhörerraum jene Freude,
jenen Rausch und jene Ängste mitzuteilen, die sie beim Spiel erlebt
und erleidet.
Ethel Barrymore, die Grande Dame des heutigen amerikanischen
Theaters sagte einmal über die junge Künstlerint "Dieses Mädchen kann
schlechthin alles". Dieses Aufgehen in der Dichtung ist wohl auch der
Grund, warum ihr Helen Hayes das Spitzentuch der göttlichen Sarah
Bernhardt überließ, das sich jeweils im Besitz der größten "Schauspielerin Amerikas" befinden soll.

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Julie Harris in der Rolle der Johanna
in Jean Anouilhs "Die Lerche", in der
sie am Broadway sagenhafte Triumphe
feiert.

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Hai 1956

KÜRZNACHRICHTEN
Theatersaison mit hervorragenden Bühnenschriftstellerinnen

(12 Zeilen)
NEV/ YORK CITY - (AD) - In einer Theaterspielzeit, die die New York
Times "eine der erregendsten seit Jahren" bezeichnet, ist es erstaunlich, wie viele Stücke von Frauen verfaßt wurden. Da ist zunächst
Lillian Hellmans englische Bühnenfassung von Jean Anouilhs" "Die Lerche",
Frances Goodrich als Co-Autorin in der Dramatisierung von "Das Tagebuch
der Anne Frank" und Mary Drayton mit "Debüt" nach einem Roman von
Isabel Dünn. Ferner wären zu nennen: "The Chalk Garden" von Enid Bagnold,
"Janus" von Carolyn Green, "The Young and the Beautiful" von Sally
Benson, "A Roomful of Roses" von Edith Sommers, "V/itness for the
Prosecution" von Agatha Christie, sowie

"The Ponder Heart" von Eudora

Welty, verfaßt nach dem gleichnamigen Roman dieser begabten amerikanische
Schriftstellerin.

* « *
Musik als Lernstimulans
(10 Zeilen)
LOS ANGELES - (AD) - Wie Tests an Kindern im Kinderschulalter
und an zurückgebliebenen Kindern gezeigt haben, ist Musik ein ausgezeichnetes Mittel, die Lernwilligkeit der Kinder anzuregen und zu erhöhen. Dieses Ergebnis berichtete kürzlich Dr. W. E. Jeffrey, Leiter
der psychoanalytischen Abteilung an der Universität von Kalifornien.
Man verwendete bei den Versuchen Kindermusik, die von Tonbändern
über Kopfhörer übertragen wurde. Für jede richtige Antwort gab es Musikgaben. Dr. Jeffrey ist der Ansicht, daß dieser Methode in der Erziehung vor allem von geistig zurückgebliebenen Kindern besondere
Bedeutung zukomme.
* * *

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Juni

1956

AMERIKAS "BEWUNDERNS'E-tTE FRAU IN"
Eine Armee freiwilliger Helferinnen im Dien t der Menschlichkeit

Nachstehenden Artik
Form dem amerikanlso!
"The Reader1s Digest
des Originalartikels
leitender Mitarbeite
"The Christian Heral

ha. en wir in gekürzter
... Monatsmagazin
entnommen. Der Verfasser
ist Clarence W. Hall,
d..s Redaktionss ..abes von
.

- Bei Nachdruck ist Quellenangabe . bedingt erford rlich -

(98 Zeilen)
"Die Amerikaner scheinen gar nicht zu wissen, wem sie den stark
entwickelten Gemeinschaftssinn und das rege soziale Interesse verdenken, durch das sich ihr Volk vor allen anderen Völkern auszeichnet ihren bewundernswerten Frauen", sagte kürzlich ein europäischer Soziologe,
der zwei Jahre lang das Leben in größeren und kleineren Gemeinden der
Vereinigten Staaten studierte.
Im Ausland herrscht ja die weitverbreitete Ansicht, die Amerikane in sei die verwöhnteste und egozentrischste Frau der Welt. Das ist
ei.- s h

oberflächliches Urteil, bei dem die große und stets wachsende

Zahl von

r.uen übersehen wird, die in den verschiedensten Wohlfahrts-

verei .'gungen, in Kirchen und Klubs, iir. Roten Kreuz und bei den Pfadfinderinn.n, im Christlichen Verein Junger Frauen und vielen anderen
Organisationen . .:ermüdlich und in uneigennütziger Weise um ihre Mitmensch.,

bemüh b Bind«

Die Leiterin d-r Abteilung für freiwillige Mitarbeit im Rot-->n
Kreuz, Mrs. Rob-rt Whltel w Wilson, schät::t die Z „hl dieser freiw'lügen Helferin..en ia Dlen.te philanthropischer Organisationen auf über
20 Millionen. Zu ähnlichen Ergebnissen gelar. t das US-Har.delsministerium, das 115 Fr uenverelne:: mit 110 000 Ortsgruppen und ei :er Gesamtmitgliedschaft von über 35 Millionen registriert. Mehr als die Hälfte
dieser Frauen sind mindestens drei Stunden wöchentlich in ihren örtlichen Wohl fahrt.: verbanden tätig.
Diese
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"AMERIKA DIENST" - FbR DIE FRAU

Juni 1956

Diese "bewundernswerten Frauen" stellen eine Freiwilligenarmee,
die fünfmal so groß ist wie die US-Streitkräfte. Sie opfern das Vierfache an Arbeitszeit wie alle bezahlten Polizisten und Feuerwehrleute
zusammengenommen. Selbst bei einem Mindestlohn würden ihre Gehälter
sich auf insgesamt 2,25 Milliarden Dollar jährlich belaufen. Nur sehr
wenige Wohlfahrtseinrichtungen, seien sie öffentlicher oder privater
Natur, können sich genügend bezahltes Peraonal leisten. Kein Wunder
also, daß das Verhältnis der ehrenamtlichen zu den bezahlten Mitarbeitern 250 : 1 beträgt - und 75 V" d.er ehrenamtlichen Mitarbeiter
sind Frauen. Das Bild der "Wohltäterin" früherer Zeiten war die reiche Bürgerafrau, die mit freundlicher Herablassung Almosen vergab. Die freiwillige Helferin unserer Tage gehört durchaus nicht nur, nicht einmal vorliegend den begüterten Schichten an. "Die Wohltäterin von
einst", meint die Leiterin eines New Yorker Frauenverbandes, "verteilte ihre Gaben - die freiwillige Helferin von heute gibt sich
selbst."
Die Mehrzahl dieser Freiwilligen sind Haus- und Geschäftsfrauen
oder Berufstätige zwischen 20 und 50 Jahren - der tätigsten und erfülltesten Periode im Leben der Frau. Für die ältere Frau bedeutet
die Mitarbeit im Dienste des Mitmenschen eine Bereicherung ihres
Daseins, die Bestätigung, daß auch sie noch gebraucht wird. So hat
Mrs. Ruth T. Lucas, die Leiterin des Zentralbüros für Freiwilligendienste in Cleveland, eine Arbeitsgruppe zur Betreuung der Patienten
des staatlichen Krankenhauses gebildet. Das Durchschnittsalter ihrer
Mitarbeiterinnen ist J2 Jahre. Sie schreiben Briefe für die Kranken,
lesen ihnen vor, arrangieren Gesellschaften und Spiele, fahren NichtGehfähige im Rollstuhl aus und leisten die mannigfaltigsten Dienste.
"Die älteren, mit den Stürmen des Lebens vertrauten Frauen",
sagt Mrs. Lucas, "sind weitaus geduldiger, freundlicher und mitfühlender. Und, was besonders wichtig ist: sie lassen sich durch Mißerfolge nicht so leicht entmutigen."
Die Erkenntnis, daß es jemanden gibt, der sich "um einen sorgt",
ist für viele Alte, Kranke und Bedürftige eine wahre Beglückung. "Die
Patienten merken sehr bald den Unterschied zwischen der als berufliche

"jMEBIiwi DIENST" - FÜR DIE FRAU

Juni 1956

berufliche Pflicht geleisteten Hilfe und den aus dem Herzen kommenden
Diensten einer freiwilligen Helferin", berichtet eine Oberschwester
eines großen New Yorker Krankenhauses. "Daß jemand sich eine Stunde
lang an das Bett eines Kranken setzt, der keinerlei Angehörige mehr
hat, wirkt oft Wunder für die Genesung".
Manche Frauen leisten geradezu Schöpferisches in ihrer karitativen Arbeit. Eine Helferin in Cleveland zum Beispiel hat einen Versuch unternommen, aus dem sich vielleicht einmal eine anerkannte
Methode der Psychiatrie entwickeln wird: es ist dies "die allmähliche
Rückführung' ins Leben. Als Helferin in einer psychiatrischen Klinik
stellte sie fest, daß viele Patienten, die kurz vor der Entlassung
standen, mit Bangen dem Wiedereintritt in die "Außenwelt" entgegensahen. Sie schlug

aher vor, drei Patienten vor ihrer endgültigen Ent-,

lassung erst einmal einige Tage zu sich in die Wohnung zu nehmen,
um ihnen die Eingewöhnung in die neuen Verhältnisse zu erl-eichtern.
Dieser Versuch erwies sich als so erfolgreich, daß die Anstalt inzwischen eine ständige Einrichtung daraus gemacht hat.
Auch die jungen Mädchen beteiligen sich eifrig am Leben ihrer
Gemeinden. In 76 000 Schulen hat das Jugend-Rot-Kreuz Programme eingerichtet, deren 21 Millionen Mitglieder ein fast unerschöpfliches
Reservoir an freiwilligen Hilfskräften darstellen. Viele Schulen begrüßen und fördern die^e ehrenamtlichen Dienste, da sie eine Bereicherung des praktischen Wissens der Mädchen mit sich bringen und ihre
menschliche Entwicklung positiv beeinflussen. Eine nicht geringe Zahl
dieser jugendlichen Helferinnen wählt später den Beruf der Sozialfürsorgerin. Von den 65 000 Mitgliedern der Junior League sind über
50 000 in karitativen Unternehmen tätig: In Atlanta (Georgia) haben
sie eine Schule für Sprech.cehemmte eingerichtet, in Dallas (Texas)
ein Programm für alte Leute und in Evanston (Illinois) eine Muttermilchbank für Frühgeburten.
Diese Legionen freiwilliger Helferinnen werden zum großen Teil
durch die Büros für freiwillige Hilfsdienste gewonnen, die die führenden Wohlfahrtsstellen in etwa 100 amerikanischen Städten gemeinsam
unterhalten. Ihre wirkungsvollste Werbeparole heißt "Du wirst gebrauch
ihr

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Juni 1956

ihr zukräftigstes Argument "Die Kunst zu lehen ist d'e Kunst zu
geben - Dich selbst'1.
Die freiwilligen Helfer sind das Salz der amerikanischen Gesellschaft; der se.bstlose Dienst am Nächsten ist ein lebensspenden er Kraftq eil für den Gebenden wie für den Empfangenden; und es
ist schließlich und endlich "die beste Methode, sich Seelenfrieden,
Glück, wahre Freiheit und schöpferische Kräfte zu erhalten."

(Nach "The Reader's Digest')
- Quellenangabe erforderlich -.
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KINDERHEIM MIT NESTWÄRME
Das Kinderheim der Methodisten in St. Louis

(70 Zeilen)
ST. LOUIS - (A-.) - V/er das neue Kinderheim der Methodisten in
St. Louis besucht, der wird nicht einen Augenblick daran erinnert
werden, daß er sich hier in einem Waisenhaus befindet. Es gibt dort
weder trostlose Riesenschlafsäle

noch unpersönliche Aufenthalts-

räune, und nirgends begegnet man dem trübseligen Zug paarweise gehender gleichgekleideter Waisenkinder. Tatsächlich hat dieses Haus auch
keine einzige "Waise", denn kein Kind wächst hier ohne die Liebe,
Fürsorge und Wärme der Familie auf.
Jedes Kind im Methodistenheim voi. St. Louis, das mit Hilfe von
vielen privaten Spenden neu errichtet wurde, wird einer Familie zugeteilt, die aus Pflegeeltern und neun Kindern besteht. Es gibt vier
solcher Familien Lind jede wohnt in einer abgeschlossenen Wohnung innerhalb des Heims. So hüben hier 36 elternlos aufwachsende Kinder im
Alter von 5 bis 1. Jahren ein neues Zuhause gefunden. Nicht alle übrigens sind echte Waisen, sondern kommen auch aus zerbrochenen Ehen, die
für Kinder nicht me'.r der richtige Pflegeort sind.
Die

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AMERIKA DTENST" - FÜR DIE FRAU

Juni 1956

Die Aufnahme in dieses Heim ist nicht an Bedingungen konfessioneller, pädagogischer oder sozialer Natur gebunden. Hier werden alle,
Jungen und Mädchen gleichermaßen, aufgenomm -n und bleiben meist zwei
Jcthre. Nachher kehren sie, sofern dies möglich ist, zu ihren Familien
zurück oder v/erden sorgfältig ausgesuchten Pflege- oder Adoptiveltern
anvertraut.
Das Kinderheim mit Nestwärme liegt in einem freundlichen Stadtteil von St. Louis und ist von einem großen Garten umgeben. Es wird
von einem kleiner Team geführt, dem ein Leiter, drei Fürsorgerinne ,
mehrere Ärzte und die Pflegeeltern angehören. Die vier gleichgroßen
Wohnungen bestehen aus je einem Wohn- und Eßzimmer, einer Küche, zvei
Badezimmern, sechs Schlafräumen und einigen Räumen für "die Eltern".
AbseiuS von den Wohnungen liegen die große Heimküche, die Verwaltungsbüros, ein großer Gemeinschaftsraum und einevmoderne Werkstatt.
Es ist eine alte pädagogische Erfahrung, daß Kinder sich in Familien wohler fühlen und besser entwickeln als in einer noch so gepflegten Institutsatmosphäre. Hier fühlen sie sich ernst genommen, hier
bekommen sie die persönliche Sicherheit und das Gefühl des "DazuGehörpns",

hne die das Leben "draußen

später nicht zu meistern ist.

Freilich kann keinem Kinde, das 'neu" in die Familie kommt, die Zeit
der Justierung, das heißt der Anpassung, erspart werde . Aber mit
Lieb-

ind Gedild ist es bald soweit, daß selbst die scheuesten Kinder

sich rasch heinr'sch fühlen.
Die Pflegeeltern werden selbstverständlich sorgfältig ausgewählt.
Sie müssen eine entsprechende Vorbildung mitb >ngen, eigene Erfahrung
im Umgang mit Kindern haben, unbescholten sei

und seJbst eine ha.mo-

nische Ehe l'ühren. Die Kinder nennen sie "Vater' und "Mutter" und
schließe:- sich n r allzugern eng an sie an. Die Mütter sind ausschl. eßlich für d\e Kinder da, ihre Sorge ist das körperliche und see'ische
Wohlbefinden der ihnen anvertrauten jungen Menschen, sie bere-'ten ihnen das F~uns ück

die Hauptmahlzeiten werden in der großen Heimküche

zubere tet, aber auch in den Wohnungen eingenommen), haben ein stets
williges Ohr für die kleinen und großen Nöte, trocknen

Tränen, stopfen

die Strümpfe, fli ken die Kleidchen und Höschen und verstehen so wunder
bar "mitzumacuen". Die Väter haben ihren Beruf, aber auch si p widmen

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Juni 1956

widmen einen großen Teil ihrer Freizeit den ..indem (vertraglich sind
es 20 Stunden, die allerdings vielfach übersc .ritten v/erden), treiben
mit ihnen Sport, helfen bei den Schularbeite , nehmen sie mit zu
größeren Spaziergängen, Picknicks und sind gute Lehrmeister im Bastelraum.
Die Jungen und Mädchen der Familien besuchen die öffentlichen
Schulen und verfügen über ein vernünftiges Maß an Freiheit. Sie können
S .hulfreunde besuchen oder sie auch mit nach Hause bringen u: d jede
Art von Musik öder Sport betreiben. Wie es in allen amerikanischen
Haushaltungen üblich ist, helfen sie - Jungen wie Mädchen - im Hause
mit, decken den Tisch, putzen die Schuhe, wa chen ab, räumen auf. Sie
bekommen, wie jedes andere amerikanische Kind regelmäßig ein Taschengeld, und sie haben obendrein die Chance, si^.h durch kleine Extraarbeiten

etwas dazu zu verdienen.
Erwähnenswert ist, daß die Jungen und Mädchen in den Familien

nicht gleichmäßig verteilt sind, daß es solche mit nur Mädchen oder
nur Knaben und auch "gemischte" Familien gibt. Die größeren Kinder
haben eigene Zimmer, die kleineren schlafen meist zu dritt zusammen.
Es ist i n e n auch erlaubt, irgendein Tier zu halten, an dem

ie meist

sehr hängen und das sie ganz allein betreuen. Sofern die Kind r noch
Angehörige haben, wird auf die Aufrechterhaltung des Kontakts geachtet,

or allem mit Hinblick auf den Tag, da sie das Heim wieder ver-

lassen werden.
ACHTUNG REDAKT PN!

Auf Anforderung übersendet Ihnen der
AMERIKA DIENST kostenlos folgende Bilder:

1)

Viel Ireude ha en ie beiden Waisen, die in den "Familien'' den
Methodistenheimes in St. Louis (Missouri) ein neues Zu. aus.-, gefunden hab n, an i rem Kanarienvogel, den sie selbst b treuen
ü fen.

2)

''Kinderheim mit Nestwärme möchte man dieses Waisenhaus in St.
Louis nennen. Die 36 elternlosen Insassen sind in vi^.r Familien
aufgeteilt mit je einem Vat r und einer Mutter. Kurz vor dem
Schlafengehen trifft sich die Familie im Y/ohnzimmer, wo "Mutter'
noch eine spannende Geschichte vorliest.

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Juni 1956

MISS HODEL UND IHR SCHECKBUCH
Eine Frau verwaltet die Bargeldbestände der
amerikanischen Regierung
Von Jerry und Electa T. Kluttz
- Bei Nachdruck Quellenangabe erforderlich (72 Zeilen)
WASHINGTON - (AD) - Mit der Verwaltung ihrer Bargeldbestände
und der Verantwortung dafür, daß die vom Fiskus zu leistenden Zahlungen
ordnungsmäßig gedeckt sind, hat die amerikanische Regierung eine Frau
betraut. Miss Ethel Hodel, die seit Januar 1948 diese verantwortungsreiche Stellung im Finanzministerium der USA bekleidet, führt offiziell
den Titel einer Leiterin der Abteilung für Kontenüberwachung. Zu ihren
Obliegenheiten gehört es, möglichst genaue Voranschläge der täglich
vom Fiskus benötigten Geldbeträge vorzunehmen und dafür zu sorgen,
daß diese rechtzeitig an Ort und Stelle zur Verfügung stehen.
Die Finanzoperationen einer Großmacht wie der Vereinigten Staaten sind von beträchtlichem Umfange und erstrecken sich häufig über
den ganzen Erdball. Einige der wichtigsten Faktoren, die Miss Hodel
bei ihren Schätzungen berücksichtigen muß, sind, daß
täglich etwa eine Million Schecks von rund 1100 amerikanischen
Beamten in allen Teilen der Welt ausgegeben werden,
die Vereinigten Staaten etwa 12 000 verschiedene Bankkonten
unterhalten,
die Ausgaben des Staates sich auf durchschnittlich 5 bis 6 Milliarden Dollar im Monat belaufen,
der Staat Sparbonds und andere Papiere im Werte von insgesamt
65 Milliarden Dollar ausgegeben hat, die jederzeit einlösbar sind,
und daß schließlich alle politischen Maßnahmen der Regierung
den empfindlich reagierenden amerikanischen Geldmarkt beeinflussen
und sich bei ungenauen Schätzungen inflationistisch oder deflationistisch auswirken können.
Mindestens 30 Tage im voraus nimmt Miss Hodel ihre Schätzungen
über die Höhe der von der Regierung täglich eingenommenen und

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Juni 1956

und ausgegebenen Geldsummen vor. Diese Summen variieren, die Staatseinnahmen schwanken zwischen 50 Millionen bis 1,^ Milliarden Dollar,
die Ausgaben zwischen 50 bis 800 Mi lionen täglich. Die Voranschläge
müssen ständig revidiert werden. Außerdem muß Miss Hodel jeden Montag
und Donnerstag Voranschläge für die Einnahmen und Ausgaben der Regierung in der folgenden Woche machen. Auf Grund dieser Schätzungen
entscheidet das Schatzamt, ob von den 11 000 Privatbanken, bei denen
der Staat Konten unterhält, ein bestimmter Prozentsatz an die Bundesreservebanken überwiesen werden soll oder nicht.
Das Schatzamt bedient sich bei der Abwicklung seiner Geschäfte
in erster Linie der ~}6 im Zentralbankensystem zusammengefaßten Bundesreservebanken - 12 Zentral- und 24 Zweigbanken -, bei denen es Konten
unterhält. Sämtliche von der Regierung ausgegebenen Schecks werden
über diese Institute verrechnet.
Jeden Morgen um 9 Uhr werden von diesen Banken sowie von den
Privatbanken, bei denen der Staat Konten unterhält, die Kontenstände
vom Vortage über den Fernschreiber an Miss Hodel d rchgegeben. Auf
Grund dieser Unterlagen trifft sie sodann ihre Dispositionen.
Die zweite Bargeldquelle der Regierung sind die 11 000 Privatbanken, bei denen der Staat Konten unterhält. Steuergelder, Beiträge
zur Sozialversicherung, Eingänge aus dem Verkauf von Sparbonds und
so weiter fließen über diese Konten. Falls sich eine Auffüllung der
Konten bei den Bundesreservebanken als notwendig erweist, dienen Miss
Hodels Berechnungen zur Ermittlung der Summen, die von den Privatbanken für diese Zwecke überwiesen werden sollen.
Beim Ab^ug dieser Gelder ist jedoch größte Vorsicht geboten, um
die flüssigen Reserven der Privatbanken nicht zu stark anzuspannen,
weil sich das ungünstig auf den amerikanischen Geldmarkt auswirken
könnte. Anderseits würden zu hohe Geldbestände des Staates bei den
Privatbanken eine inflationistische Wirkung haben. Die auf Grund von
Miss Hodels Schätzungen vorgenommenen Dispositionen müssen also jede
Erschütterung des amerikanischen Geldmarktes vermeiden.
Die jugendlich schlanke Frau von knapp 40 Jahren mit dem so
männlichen Posten und der männlichen Verantwortung stammt aus der

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Juni 1956

der kleinen Stadt Maplewood im Staate New Jersey. Sie studierte
Handels- und Finanzwissenschaft am Wellesley College, einem der bekanntesten Frauencollege der Vereinigten Staaten. Später war sie
kaufmännischer Direktor des Milwaukee-Downer Seminars für Mädchen.
Als im Jahre 1942 eine große Anzahl amerikanischer Männer zum Militärdienst herangezogen wurde, suchte das amerikanische Schatzamt
nach fähigen jungen Frauen, mit denen man die vakanten Posten besetzen konnte. Man bot auch Miss Hodel eine Stellung an. Nur zögernd
kam sie, fühlte aber, daß sie schlecht Nein sagen konnte. Als dann
1948 ihr Vorgänger im Amt plötzlich starb, übertrug man ihr seinen
Posten.
Nach "Nation1s Business"
- Quellenangabe erforderlich -

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Miss Ethel Hodel, die Leiterin der Abteilung für
Kontenüberwachung im Schatzamt des US-Finanzministeriums.

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"•AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU .

Juni 1956

BLACKWELL-PREIS FÜR VIER AMERIKANISCHE ÄRZTINNEN

(30 Zeilen)
NEW YORK - (AD) - Mit dem Blackwell-Preis des Jahres 1955 wurden
kürzlich in New York vier amerikanische Ärztinnen für ihre außerordentlichen Verdienste auf dem Gebiete der Medizin ausgezeichnet. Diese
Ehrung wurde von der New Yorker Frauenklinik zum Gedächtnis an die
erste Arztin der Vereinigten Staaten und Gründerin des New Yorker
Wöchnerinnen- und Säuglingsheims, Dr. Elizabeth Blackwell, in diesem
Jahre zum siebten Male vergeben.
Seit Dr. Blackwell im Jahre 1849 ihr Doktorexamen an einer medizinischen Fakultät abgelegt und damit anderen Frauen den Weg zum ärztlichen Studium gebahnt hatte, sind über hundert Jahre vergangen.
Die nunmehr mit dem Blackwell-Preis für 1955 ausgezeichneten
vier amerikanischen Ärztinnen - vier von 12 000 in den USA - sind:
Dr. Hattie E. Alexander, Kinderärztin am Säuglingsheim von
New York City und Professor für Kinderheilkunde an der Medizinischen
Fakultät der Columbia-Universität. Den Blackwell-Preis erhielt sie
für ihre Forschungsarbeiten in der Behandlung von MeningitisvGehirnhaut entzündung).
Dr. Emma Selkin Aronson, ehemalige Leiterin der gynäkologischen
Abteilung am Bronx-Hospital in New York und Frauenärztin an der
New Yorker Frauenklinik. Die Auszeichnung wurde ihr zuteil in "Anerkennung ihrer seit dem Jahre 1912 praktizierten selbstlosen Aufopferangsbe:eitschaft im Dienste der Gesundheit".
Dr. Carroll La Fleur Birch, Professor für Medizin an der Universitär von Illinois i nd Leiter des Organisatio- sko legiums des "Lady
Hai dinge Medical College and Hospital" in Neu-Delhi (Indien). Ihre
außerordentlichen Leistungen auf dem Gebiete der T:o enmedizin als
Forscher und Lehrer brachten ihr den Blackwell-Pre^s des Jahres ein.
Dr. K tharine R. Boucot, Professor für vorbeugende Medizin am
Ärztinnen-College von Pennsylvamen und Mitarbeiterin des Städtischen
Gesundheitsamtes von Philadelphia. Die Auszeichnung wurde ihr für ihre
Tätigkeit in der Tuberkulosefürsorge zuteil.
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"AMERIKA PIEKST" - FÜR DIE FRAU

Juli

1956

* DIE JOHN TRACY CLINIC
Von Mrs. Spencer Tracy

( 98 Zeilen)
LOS ANGELES - (AD) - Mrs. Tracy, die Frau des
bekannten Filmschauspielers Spencer Tracy, ist
Gründerin und Leiterin der John Tracy Clinic,
einer Institution, die den Eltern gehb geschädigter Kinder die Möglichkeit gibt, sich in entsprechenden Lehrgängen den gegebenen Umständen
anzupassen und das Bestmögliche für sich und ihre
Kinder herauszuarbeiten.
Mrs. Tracy, die selbst Mutter eines taubgeborenen
Kindes ist, wurde für ihre außerordentlichen Verdienste um die Besserung des Loses solcherart betroffenen Eltern und Kinder von zwei Universitäten
mit dem Ehrendoktor ausgezeichnet. Vor kurzem hat
sie der US-Minister für Gesundheit, Erziehung und
Sozialfragen auf eine vierjährige Amtszeit zum
Mitglied des Beratungsausschusses für Berufsrehabilitierung ernannt.
"Als ich vor mehreren Jahren ihre Vorlesung an unserer Universität
über die Behandlung von tauben Kindern gehört habe, dachte ich nicht
daran, daß ich einmal ein taubes Kind haben und sehr froh sein würde,
zu wissen, an wen ich mich um Rat und Hilfe wenden soll", sagte die
junge Frau, die mir am Schreibtisch gegenübersaß.
Wie diese junge Mutter haben sich seit 1942

8000 Familien an

die John Tracy Clinic gewandt, als sie erkennen mußten, daß ihr Kind
zu jenen drei Millionen in den USA gehört, die an Gehörschäden leiden.
Jährlich werden in dieser Klinik 950 vorschulpflichtige Kinder mit
ihren Eltern zu einem oder auch mehreren Kursen, Beratungen und anderen
Dienstleistungen zugelassen, die alle kostenlos sind, und die Eltern
und Kindern helfen, nicht nur die Welt, sondern vor allem sich gegenseitig zu verstehen.
So ist die John Tracy Clinic in erster Linie eine Institution für
Eltern, obgleich die Behandlung ausschließlich den Kindern gilt. Sie ist
keine Schule für Taube und auch keine medizinische Heilanstalt. Beratungen und Hilfestellung aber gehen an die Adresse der Eltern, wie auch

"AMERIKA PIEKST" - FÜR DIE FRAU

Juli 1956

auch die Zulassung zum Kursus die Beteiligung von Eltern beziehungsweise
Mutter und Kind zur Bedingung macht. Die Klinik dürfte die erste und
wahrscheinlich auch die einzige ihrer Art auf der ganzen Welt sein.
Sie füllt eine Lücke, deren Existenz ich selbst am schmerzlichsten
erfahren mußte, als es mir klar wurde, daß unser Sohn taub zur Welt
kam. Alle vorhandenen Institutionen, Schulen und Anstalten beschäftigen sich wohl mit der Ausbildung des tauben Kindes, aber nie sind die
Eltern in diese Programme eingeschlossen.
Wir waren in der glücklichen Lage unseren Sohn schon mit drei
Jahren in eine Privatschule zu geben. Welche normale Schule kann und
soll solche Kinder aufnehmen? Gerade diese Kinder aber brauchen die
ständige Übung. Auch außerhalb der Schulstunden sollen sie Gelegenheit
haben, sich an die Sprache, das Lippenlesen, die Deutung der Geste
zu gewöhnen, und die Eltern brauchen eine entsprechende elementare
Einführung sich den veränderten Umständen anzupassen.
Wie notwendig dies ist, erkannten wir, als John mit sechs Jahren
an Kinderlähmung erkrankte. Zehn Jahre lang konnte er nicht zur Schule
gehen und wurde zu Hause von einem Privatlehrer, 1 1/2 Stunden täglich, unterrichtet. Den Rest des Tages war das Kind davon abhängig,
was wir, die Familie, für ihn tun konnten. Und wir hätten vielmehr
tun können, hätten wir mehr darüber gewußt.
Die Klinik ist die direkte Folge eines Sommerseminars, das die
Universität von Südkalifornien für 50 Eltern von gehörgeschädigten
Kindern in unserem Hause abhielt. Diese kleine Gruppe erarbeitete
ein Programm, das allen Beteiligten neue Hoffnung gab. Mein Mann half
über die erste finanzielle Klippe hinweg, und die Universität stellte
eine bescheidene Blockhütte in der Nähe des Universitätsgeländes zur
Verfügung.
Das war im Jahre 1942. Heute zählt die Klinik 26 Mitarbeiter, die
unter der fachmännischen Leitung von Dr. Edgar Lowell, einem HarvardMann, gehörgeschädigte Kinder mit ihren Eltern gemeinsam unterrichten.
Obwohl alle Kurse, Beratungen und Einführungen frei sind, lassen es
sich die Eltern meistens nicht nehmen, zum Unterhalt der Institution
beizutragen.
Kernstück

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Juli 1956

Kernstück der John Tracy Clinic ist der Kindergarten. Hier lernen
die Eltern ihr Kind als Kind sehen und verstehen. Das ist Voraussetzung,
denn allzu oft hat man die Erfahrung gemacht, daß die Eltern wohl die
Taubheit, aber nicht das Kind seihst berücksichtigen.
In geräumigen, sonnendurchfluteten Spielzimmern, angefüllt mit
Bilderbüchern und Spielzeugen, tummeln sich jeweils an die 25 Kinder
im Alter von 2 bis 6 Jahren. Das Arbeitsprogramm ist dasselbe wie in
jedem Kindergarten der USA: die Kinder spielen, nehmen ihre Zwischenmahlzeiten und ein diätetisch ausbalanciertes Mittagsmahl ein und legen
sich nach Tisch zum kleinen Nachmittags-Schlaf nieder. Es gibt hier
Tiere, mit denen es sich herrlich spielen und scherzen läßt, es gibt
Sandkästen und Spielplätze. Man pantscht mit Farben, klettert an Turngeräten herum und lauscht Geschichten.
"Zuhören" wird den ganzen Tag über fleißig geübt. In dieser an Gelegenheiten so reichen Umgebung, die für die geistige, seelische, physische und emotionelle Entwicklung eines Kindes alle Voraussetzungen
erfüllt, setzen wir mit unserem Spezialtraining an. Wir wissen, daß das
frühe Erziehungsstadium vorwiegend auf Nachahmung beruht und Nachahmen
nichts anderes heißt, als für ein Ding ein passendes anderes zu finden.
Man beginnt mit Gegenständen, Farben und Bildern und gewöhnt das Kind
schließlich daran, alle diese Dinge mit den V/orten in Einklang zu bringen, die es von den Lippen des Lehrers abliest.
Bei den meisten Kindern ist es möglich, das Lippen- oder '.Vortlesen, wie mar. es heute gerne bezeichnet, durch ein Hörgerät zu unterstützen. Jedes Kind, gleich wie stark oder schwach die Hörfähigkeit
ist, wird an das Gruppenhörgerät gewöhnt, eine Schulung, die das Hören
mit dem eigenen Apparat später erleichtert.
Aber auch die Eltern müssen in die Technik des Lippenlesens, der
Sprach- und Sprechvorbereitung eingeführt werden. Und es gibt

El-

tern,die bis zu 80 Kilometer an einem Abend zurücklegen, um an einem
derartigen Kursus teilnehmen zu können. Wir lehren sie, wie sie mit
ihren Kindern sprechen und wie sie ihnen zuhören müssen. Für ein taubes
oder schwerhöriges Kind ist das ständige Mit-ihm-Sprechen eine unabdingbare Notwendigkeit, Nur so werden Hemmungen beseitigt und sein Mitteilungsbedürfnis geweckt und gestärkt. Es ist wichtig, daß die Eltern eines

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Juli 1956

eines solchen Kindes alles liegen und stehen lassen, wenn das Kind
das Bedürfnis zum Sprechen, zum Sich-Mitteilen hat, auch dann, wenn
sie zunächst nicht wissen, was es will oder sagt. Das ändert sich
schnell.
Für alle jene, die zu weit entfernt leben, um an diesen Kursen
teilnehmen zu können, hat die John Tracy Clinic Fernlehrgänge eingerichtet, die ebenfalls kostenlos sind. An die "J000 Eltern von tauben
Kindern im Alter von 2 bis 6 Jahren haben sich auf diese Weise Rat
geholt. Darüber hinaus hält die Klinik in Zusammenarbeit mit der Pädagogischen Fakultät der Universität von Südkalifornien jedes Jahr
Sommerseminare für werdende Erzieher ab, die mithelfen sollen, unseren
Geist, unsere Idee und unser Programm zum Segen vieler geprüfter
Eltern und Kinder zu verbreiten.

ACHTUNG REDAKTION!

Auf Anforderung übersendet Ihnen der
AMERIKA DIENST kostenlos folgende Bilder:

1)

Einführungskurse für Eltern tauber oder schwerhöriger Kinder
im vorschulpflichtigen Alter gehören mit zum Programm der John
Tracy Clinic in Los Angeles. Seit der Gründung der Klinik im
Jahre 1942 haben 8000 Familien im Center Rat und Hilfe gesucht.
Weitere 7000 Eltern haben die Fernlehrgänge der der Universität
von Südkalifornien angeschlossenen Klinik in Anspruch genommen.
Kurse, Fernlehrgänge und Beratungen sind völlig kostenlos.

2)

Hörunterricht mit Hilfe eines Tischgeräts erhält dieses kleine
taube Mädchen, das mit seiner Mutter an der John-Tracy-Klinik
in Los Angeles eingeschrieben ist. Von der Lehrerin lernt die
Mama, wie dem Kind durch Lippenlesen und Sprechübungen weitergeholfen werden kann.

* * * * *

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AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

• li 1956

VON DER DREHTÜR BIS ZUM DACHGARTEN
Eine Frau leitet die erste amerikanische Hotelfachschule

(90 Zeilen)
WASHINGTON - (AD) - Eine 77 Jahre alte Frau, die in einem Hotel
zur Welt kam, in ei:.em Hotel heiratete und ihr ganzes Leben lang in
einem Hotel lebte und arbeitete, hat jetzt genau 40 Jahre lang anderen
beigebracht, was man in einem Hotel alles können muß.
Sie heißt Mary Catherine Lewis und ist Präsidentin und Geschäftsführerin der Lewis-Hotelfachschule in Washington, die sie im Sommer
1916 gemeinsam mit ihrem Mann eingerichtet hat . Eine adrette Dame
mit weißen Haaren und gütigen blauen Augen, liefert sie durch ihre
aktive Leitung der Schule d'en Beweis, daß es im Hotelgewerbe kein
Pensionierungsa ter

gibt.

In den letzten 40 Jahren sind annähernd 100 000 Absolventen der
Schule in alle Teile der Welt hinausgegangen

"Wenn ich Ferien mache,

treffe ich in ungefähr jeder Stadt, die ich besuche, frühere Schüler",
berichtet Mrs. Lewis. Bis aus Argentinien und Saudi-Arabien hat sie
Glückwunschschreiben - mehrere Hundert Briefe - anläßlich des 40jährigen Geburtstags der Schule erhalten.
Sie wurde in einem Hotel in Cincinnati im Staate Ohio geboren,
wo ihr Vater, nach einer ähnlichen Tätigkeit bei Präsident Abraham
Lincoln, Steward war. Als junges Mädchen arbeitete sie in mehreren Hotels und heiratete schließlich Clifford Lewis, dessen Vater und Großvater schon im Hotelgewerbe arbeitete::. Auch er war in einem Hotel zur
Welt gekommen. Beide waren in verschiedenen Hotels in leitenden Positionen tätig, bis sie eigene Hotels in Städten und Ferienorten bauten.
Dabei erkannten sie die Wichtigkeit gut ausgebildeten Personals und
die Notwendigkeit einer klaren Abgrenzung jedes einzelnen Aufgabenbereichs. Als Mr. Lewis Manager und seine Frau Sekretärin des Glacier Park
Hotel in dem als Ferienaufenthalt so beliebten Glacier-Nationalpark
waren, nahmen sie eine Analyse ihrer Arbeit vor. Der Erfolg war verblüffend. Eine Hochflut von Anfragen und Ersuchen um derartige Analysen
setzte ein. Da reifte der Entschluß, eine Schule, die erste ihrer Art

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"AMERIKA DIENST" - FÜR SIE FRAU

Juli 1956

Art auf der Welt, zu gründen und Leitfäden für die Ausbildung von
Hotelpersonal zu schreiben.
Mr. und Mrs. Lewis ließen sich in der amerikanischen Hauptstadt
nieder. Auf ihren Kenntnissen und Erfahrungen aufbauend, gaben sie
50 Lehrbücher heraus. Noch heute werden sie an der Schule benutzt und
alle zwei Jahre von Mrs. Lewis überarbeitet.
Seit dem Tod ihres Mannes im Jahre 1941 leitet Mrs. Lewis die
Schule. Es ist ein dreistöckiger Backsteinbau am Washington Circle.
Er erinnert an ein Miniaturhotel - mit dem Empfang für die Registrierung der Gäste, für die Zimmerbelegung und Schlüsselabgabe. Mit einem
Musterhotelzimmer für praktische Übungen im Bettenmachen und Aufräumen.
Mit einer komplett eingerichteten Küche, in der die Schüler lernen, in
großen Quantitäten zu kochen. Sie entwerfen die Menues, kaufen d'ie Lebensmittel ein und arrangieren Tischdekorationen für Diners.
Die Zahl der Schüler und Schülerinnen ist auf 50 begrenzt, damit
jedem einzelnen während des Vier-Monats-Kurses die nötige Aufmerksamkeit gewidmet werden kann. Die 25 Lehrkräfte sind weitgehend aus der
Schule selbst hervorgegangen. Rund JQ00 am Hotelfach interessierte
Menschen nehmen an Korrespondenzkursen teil.
Von der Drehtür bis zum Dachgarten lernen die Hotelfachschüler
alles kennen, was sie später einmal brauchen werden. Der Lehrplan erstreckt sich von einer Einführung in die Pflichten eines Liftboys und
eines Stubenmädchens bis zu denen der Wirtschafterin und des Geschäftsführers. Während die Schüler mit den Pflichten der über 155 verschiedenen Hotelberufe vertraut gemacht werden, wird jedem nahegelegt, sich
auf einem Gebiet zu spezialisieren, für das er auf Grund von Bildungsgang, Persönlichkeit und Interessen am besten geeignet ist.
"Viele Begabungen können im Hotel genutzt werden", sagt Mrs.
Lewis und findet für jeden die Arbeit, die auf ihn persönlich zugeschnitten scheint. Zeugnis dafür geben die Erfolgsgeschichten ab, die
auf dem Briefpapier von Hotels, Motels, Landklubs und Colleges aus der
ganzen Veit fein säuberlich zwischen Aktendeckeln in ihrem Büro aufbewahrt werden.
Zu den bekanntesten Absolventinnen gehört Mrs. Catherine V/itherall,
die erste Wirtschafterin des Mayflower-Hotels in 7/asnington, die auf
Vorschlag von Mrs. Lewis 1955 für die Eröffnung des neuen Hilton-

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"AMERIKA PIEKST" - FÜR DIE FRAU

Juli 1956

Hilton-Hotels in Istanbul geholt worden war. Über die Schwierigkeiten,
die ihre frühere Schülerin dabei zu bewältigen hatte, berichtet Mrs.
Lewis nicht ohne Stolz* "In letzter Minute waren die Kissen für die
Betten noch nicht da. Mrs. Witherall bestellte telephonisch 300 Kissen
in Holland - Lieferung per Flugzeug. Da dies immer noch nicht genügte,
stopfte sie Handtücher in Kissenbezüge. Auch die einheitlichen Kleider
für die Zimmermädchen waren noch nicht eingetroffen. Mrs. Witherall
nähte passende Kleidung aus den schicken Sachen, die für den Kosmetiksalon gekauft worden waren."
Große Aufmerksamkeit wird der Arbeitsvermittlung durch die Schule
geschenkt. Die offenen Stellen im Hotelgewerbe vermehren sich so rasch,
daß die Nachfrage gar nicht gedeckt werden kann. Ein Grund für die wachsende
Nachfrage ist der Erfolg der Motels, die überall in den Vereinigten Staaten
wie Pilze aus dem Boden schießen. Diese Motels werden häufig am Rand der
Städte oder in landschaftlich schönen Gebieten gebaut und sind speziell
auf den Bedarf der Autofahrer eingestellt. Die größte Nachfrage besteht
für Nachwuchs für leitende Positionen.
Für den Erfolg im Hotelgewerbe und zwar auf jedem Gebiet, hält Mrs.
Lewis eine Reihe von Grundregeln für ausschlaggebend. Ihre sieben goldenen Regeln sindt Ehrlichkeit, Kundendienst, Sauberkeit, Tüchtigkeit,
Wirtschaftlichkeit, Höflichkeit und Gastfreundschaft. Sie legt Wert darauf,
den Kundendienst gleich zu Anfang zu nennen, denn ohne ihn sei alles
übrige witzlos. Ihrer Meinung nach kann ein Hotel noch so schön und mit
allem Komfort ausgestattet sein und dennoch ein Mißerfolg werden - wenn
nämlich das Personal kalt oder gleichgültig und weder freundlich noch
hilfsbereit ist. Sie ist davon überzeugt, daß Atmosphäre und Geist eines
Hauses mehr als technische Neuerungen zählen und daß ein guter Hotelangestellter die Menschen lieben muß. Tut er dies nicht, solle er sich lieber
nach einer anderen Betätigung umschauen.
ACHTUNG REDAKTION!

Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA
DIENST kostenlos folgendes Bild:

Bettenbauen will gelernt sein, vor allem in einer Hotelfachschule. Eine Unterrichtskraft (links) demonstriert, wie es
vorschriftsmäßig gemacht wird.
* * * * *

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

O'

Juli 1956

BETRIEBSKRANKENSCHWESTER IN AMERIKA
Von Betty Leonard

<i

(Aus "Minneapolis Sunday Tribüne")
- Quellenangabe erforderlich (85 Zeilen)
MINNEAPOLIS - (AD) - Für die 1800 Arbeiter einer großen Fabrik
kann eine Frau Schild und Schirm gegen Unfallgefahr und Krankheit Bein.
Das Vertrauen.dieser 1800 ruht in fähigen Händen. Die Frau, von der
hier die Rede ist, ist "Schwester für Berufsgesundheit".
"Dienst an der Gesundheit ist für eine Schwester eine Selbstverständlichkeit", sagt Schwester Frances Garvey, die bei der Firma
General Mills Inc. angestellt ist. Dennoch gibt sie zu, daß man als
Betriebsschwester trotz aller Erfahrung eine ganze Menge Überraschungen erleben kann.
Eine ihrer Berufskolleginnen, Schwester Ethel Powers von Paper,
Calmenson & Company, erlebte an einem Tage im Oktober 1953 eine solche Überraschung, als man ihr einen 29 Jahre alten Arbeiter brachte,
dem ein scharfes Metallstück die Halsschlagader durchrissen hatte.
Schwester Ethel besaß eine Geistesgegenwart, für die ihr der Mann
heute noch dankbar ist. Mit Daumen und Zeigefinger beider Hände fand
sie die Arterienenden und preßte sie zusammen. Sie lockerte während
der zehn Kilometer langen, sieben Minuten dauernden Fahrt zum Krankenhaus den Griff nicht ein einziges Mal, obwohl sich ihre Finger schmerzhaft verkrampften. Das Abklemmen der Ader mit Daumen und Zeigefinger
sei eine Reflexhandlung gewesen, sagte Schwester Ethel später. Aber
solche Unfälle sind in der Praxis einer Betriebsschwester selten.
Ihre Aufgabe ist vor allem der Dienst an der Gesundheit der Angestellten, und sie führt ihn auf hunderterlei Art aus: Sofortmaßnahmen bei
schwereren Verletzungen und Routinebehandlung bei leichteren Zwischenfällen stellen nur einen Teil ihres weiten Arbeitsgebietes dar. Die
Verhütung von Unfällen und Krankheiten gehört zu ihren wichtigsten
Aufgaben. Zu diesem Zweck ist es wichtig, daß sie eine Krankenkartei
führt, Untersuchungen der Patienten anstellt, natürlich ohne zu
diagnostizieren, daß sie die Durchführung der medizinischen Verordnun- 8 -

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Juli 1956

Verordnungen überwacht, Tests durchführt, Unfallursachen überprüft,
daß sie die Arbeitsgebiete sämtlicher Angestellten und Arbeiter kennt,
andere Betriebsangehörige in der ersten Hilfe ausbildet, stets die
nötigen Medikamente vorrätig hat, daß sie mit Betriebsleitung, Sicherheits- und Personalabteilung zusammenarbeitet und stets auf das Unerwartete gefaßt ist.
Es ist selbstverständlich, daß die Arbeit der einzelnen Betriebsschwestern nicht in jedem Betrieb die gleiche sein kann, sie muß zwangsläufig variieren, was durch die Verschiedenheit der Arbeitsgebiete bedingt ist. Die Moline Company in Minneapolis zum Beispiel hat in ihrer
Gesundheitsabteilung sieben Schwestern angestellt. Oberschwester ist
Dorothy Soderberg. Sie überwacht ein Programm, das die Einstellungsuntersuchungen neuer Angestellter und Arbeiter, die jährlichen Untersuchungen derjenigen Arbeiter, deren Arbeit eine solche Überwachung erfordert, und die Sicherheit am Arbeitsplatz einschließt. Eine ihrer Unterschwestern ist ständig damit beschäftigt, darauf zu achten, daß die
Arbeiter die vorgeschriebenen Sicherheitsbrillen wirklich aufsetzen.
Die Schwestern überwachen auch die übrige Arbeitskleidung der Belegschaftsmitglieder. Sie erteilen Unterricht, machen klar, bei welchen
Handreichungen es unumgänglich ist, mit Handschuhen zu arbeiten, wann
man besser wasserdichte Gummischuhe als Lederschuhe trägt und so weiter.
Das Revier, in dem sie die eigentliche medizinische Arbeit verrichten,
umfaßt je ein Behandlungszimmer für Röntgentherapie, Augenuntersuchungen,
normale Untersuchungen, Massagen, Aussprachen

seelische Nöte der Ange-

stellten betreffend. Die Wände der Räume sind schalldicht. Nur wie aus
weiter Ferne ist das Laufen der Maschinen noch zu hören.
Jede Betriebsschwester muß Beurteilungen und Auswertungen der Krankengeschichten vornehmen können, aber die Diagnose bleibt in jedem Falle
Sache des Arztes. Dennoch muß die Schwester manchmal auch schon vor der
Diagnose erkennen, wie der Patient bis zur Untersuchung durch den Arzt
zu behandeln ist, ob man ihn besser liegend oder sitzend zum Krankenhaus
transportiert; denn oft kann von solchen Entscheidungen das Leben eines
Patienten abhängen.
Natürlich unterliegen die Direktbehandlungen durch die Schwestern
in jeden Falle den Beschränkungen des Gesetzes und der ethischen Prinzipien. Deshalb soll die Schwester ihr Hauptaugenmerk auf die Verhütung
richten.



Zur

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Juli 1956

Zur Zeit erleben wir den Anbruch einer neuen Ära im Schwesternberuf. Für die Industrie und die anderen Betriebe ist es nicht nur
wichtig, körperlich gesunde Arbeiter zu haben. Sie sollen auch
geistig-seelisch in Ordnung sein. Helen Hogan, Vorsitzende des Betriebsschwesternverbandes von Minnesota, sagt dazu, daß man manchmal Arbeiter oder Angestellte finde, die plötzlich Angst bekommen,
Existenzangst oder irgendeine andere Form von Angst. Die Betriebsleitung möchte bei Ausbruch einer solchen Psychose natürlich die Ursache wissen und zwar nicht nur aus innerbetrieblichen, sondern auch
aus menschlichen Gründen.
Mrs. Bethel McGrath, eine Minneapolitanerin, selbst für lange Jahre
im Schwesternberuf tätig gewesen, schrieb ein Handbuch über den Beruf
der Betriebsschwester, das bisher einzige Werk dieser Art. Es erschien
unter dem Titel "Nursing in Commerce and Industry".
Ihm entnehmen wir die Tatsache, daß es den Beruf der Betriebskrankenschwester bereits seit dem Jahre 1894 gibt, als ein marmorverarbeitender Betrieb im Staate-Vermont eine 24jährige Schwester einstellte, damit
sie über den Gesundheitszustand der Arbeiter des Werkes wachte. Wenige
Jahre später stellte eine New Yorker Firma ebenfalls eine Schwester ein,
die allerdings nicht im Betriebe arbeitete, sondern die erkrankten Angestellten besuchte und ihnen Unterstützung zuteil werden ließ. Seit dieser Zeit haben die Betriebsschwestern ihren festen Platz in Industrie
und Handel und sind heute nicht daraus wegzudenken.
(Aus "Minneapolis Sunday Tribüne")
- Quellenangabe erforderlich ACHTUNG REDAKTION!

Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA
DIENST kostenlos folgendes Bild:

Mehr und mehr Betriebe in den Vereinigten Staaten erkennen heute,
daß das Wohlbefinden der Angestellten und Arbeiter ein wichtiges
Element des Betriebsklimas ist. So sind schon seit der Jahrhundertwende zahlreiche Unternehmen dazu übergegangen, Betriebskrankenschwestern fest anzustellen, die sich um das physische und neuerdings auch psychische Wohl der Arbeitnehmer kümmern. Unser Bild
zeigt Schwester Helen Sheehy, die gerade dabei ist, den Blutdruck
einer neuen Angestellten zu messen.
* * # * *

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Juli 1956

DER VERRAT BEGINNT SCHON IM ELTERNHAUS
(30 Zeilen)
SCHANGHAI (China) - (AD) - Liebe um der Liebe willen ist ein Unding,
sie bedarf der festen politischen Grundlage, stand kürzlich in dem Organ
der Chinesischen Jungkommunisten "Chung Kuo Ching Nien" zu lesen. Der
Artikel befaßte sich mit einer jungen Frau und einem jungen Mann, die
die kommunistische "ruhmreiche Tradition der Auslöschung der Blutbande
um der Gerechtigkeit willen" noch immer nicht recht verstehen wollten.
Die Frau hatte einen Gegenrevolutionär zum Manne, der junge Mann einen
Vater, der als früherer Grundbesitzer sich zur Zeit der Landreform "leise
verkrümelt hatte."
Man fragte die junge Frau:

Was ist dir lieber, die Mitgliedschaft

in der Jugendlige oder dein Mann?
lautete:

Und man gab ihr auch die Antwort, die

Festhalten an der Partei und Aufgabe des Gegenrevolutionärs.

Auch der junge Mann sollte seinen Vater verleugnen. Die Zeitschrift
versuchte alles, um ihn von seinen "verstaubten bürgerlichen Ansichten"
abzubringen, die darin bestanden, daß der Sohn glaubte, seinen Vater nicht
verraten zu dürfen, da es doch immerhin sein Vater sei.

Man erklärte ihm,

daß man einem Verräter niemals Obdach gewähren oder nachsichtig und milde
mit einem Gegenrevolutionär verfahren dürfe, selbst wenn sie sein Vater
oder Gatte seien.
Auf den Einwand des Jungen, daß er seinem Vater werde niemals mehr
ins Antlitz schauen können, wenn dieser nicht zum Tode verurteilt und
später wieder entlassen werden sollte, antworteten ihm die Behörden, er
habe keinen Grund, sich darüber Gedanken zu machen. Wenn der Vater nach
Verbüßung seiner Gefängnisstrafe nicht "wahrhaft reformiert" sei, könne
er ihn ja weiterhin verleugnen...
Die Leiterin eines Schanghaier Kindergartens erklärte:
in China werde in den "Fünf Lieben" unterrichtet:

Jedes Kind

Liebe zun Vaterland,

zum Volke, zur Arbeit, zur Wissenschaft und zum öffentlichen Eigentum.
Die Liebe zu den Eltern ist darin nicht enthalten. Mehrere solcher
"Musterkinder" wurden bereits mit Medaillen und Titeln für die Verleugnung
ihrer nächsten Anverwandten "als Beispiele der Wachsamkeit" ausgezeichnet.
* * * * *

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Juli 1956

WOMAN'S MEDICAL COLLEGE VON PENNSYLVANIEN
Die erste medizinische Hochschule für Frauen in
den USA
(Aus "Medical News")
- Quellenangabe erforderlich ( 30 Zeilen)
PHILADELPHIA - (AD) - "Sie sind zugleich Studenten und Frauen",
sagt der weibliche Rektor des Woman's Medical College (Medizinische
Frauenhochschule) von Pennsylvanien, Marion Fay. "Keine aber kann sich
die Medizin zur Karriere erwählen und diese (im Leben) gleichzeitig
auf den zweiten Platz verbannen."
Die Quäker, die sich stets für die Rechte der Frauen eingesetzt
haben, gründeten in ihrer Hauptstadt Philadelphia vor rund hundert Jahren diese medizinische Frauenhochschule, um auch den Frauen ein Medizinstudium zu ermöglichen. Träger so großer Namen wie Dr. Ellen Potter, die
erste Frau, die im Kabinett eines Gouverneurs gesessen hat, Dr. Clara
Swain, die erste Missionar-Ärztin, und Dr. Catharine Macfarlane, Gründerin einer der ersten Krebskliniken in den USA, gingen aus dieser einzigartigen Schule hervor. In diesem Jahr wird das Institut 40 neue "Pflegetöchter" aufnehmen, die ihr Studium in der Tradition der großen Namen
fortsetzen werden. Für sie ist das besondere Problem, zugleich Medizinstudentin und Frau zu sein, gelöst. Diese medizinische Frauenhochschule
hat während einer hundertjährigen Erfahrungssammlung ihre eigenen Erziehungsmethoden entwickelt.
Unter den Studentinnen sind junge Mädchen, Mütter kleiner Kinder
oder solche Frauen, die gerade dabei sind, eine Familie zu gründen. Es ist
ein Prinzip der Schule, daß sie außerhalb der Ferien während der Schwangerschaft Urlaub ohne Nachteil für die werdende Mutter gewährt.
Als die Schule im Jahre 1850 gegründet wurde, galt sie überall als
Unikum; denn es gab so gut wie keine medizinische Lehranstalt, in die eine
Frau aufgenommen worden wäre. Damals war es für die Doktorin kaum möglich,
als Ärztin zugelassen zu werden. Außer im Frauenhospital in Philadelphia
öffnete sich für sie nirgendwo die Tür einer Krankenabteilung.
Heute spezialisieren sich die Studentinnen auf allen Gebieten der
Medizin, wenden sich aber nach wie vor hauptsächlich den Frauenkrankheiten
und der Kinderbehandlung zu. Die Quäker jedenfalls wußten 1850, was sie
taten. Die Zeit hat den Beweis erbracht, daß Frauen gute Ärztinnen sind.

* ****

- Quellenangabe
erforderlich ^
°

"^•'ERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

August 1956

"GIRLS STATE" - DER 49.STAAT DER USA
Praktische Erziehung zum guten Staatsbürger
Von Margaret Hickey
(Aus "Ladies' Home Journal")
- Quellenangabe erforderlich ( 85 Zeilen)
(AD) - In den von der American Legion Auxiliary, der Frauenorganisation des Amerikanischen Kriegsteilnehmerverbandes, eingerichteten
und geleiteten einwöchigen Schulungskursen sollen ausgewählte Schüler
und Schülerinnen der amerikanischen Oberschulen durch theoretische und
vor allem praktische Arbeit mit dem Aufbau, den Funktionen und der Bedeutung eines demokratischen Staatswesens vertraut gemacht werden. Die
jungen Menschen bilden unter der Anleitung und Führung von Mitgliedern
des Verbandes einen eigener, kleinen Staat - "Boys State" oder "Girls
State" -, in dem sie selbst die wichtigsten demokratischen Institutionen schaffen, die führenden politischen Ämter bekleiden und so aus dem
unmittelbaren persönlichen Erlebnis heraus eine lebendige und sehr viel
tiefere Beziehung zu ihrem Land als Staatswesen und seiner politischen
Struktur gewinnen.
"Wir stecken bis über die Ohren in Arbeit", schreibt Gail Curry,
eine Teilnehmerin an dem diesjährigen, für die Schülerinnen des Staates
Massachusetts am staatlichen College in Bridgewater veranstalteten Lehrgang, an ihre Eltern. "Als erstes müssen wir unsere Gemeindeverwaltungen
aufbauen. Später folgen dann die Kreisverwaltungen, und am Ende unserer
Schulungswoche steht als Krönung die Bildung unseres eigenen Staates."
Im Studentenheim, in dem die jungen Mädchen untergebracht sind,
sitzen sie abends gruppenweise über ihre Aufgaben - da sind graphische
Darstellungen des Werdegangs eines Gesetzes zu studieren, die Geschichte
des Staates Massachusetts, die Geschäftsordnung und Arbeitsweise des
Parlaments, die Vorbereitung und Durchführung von Wahlen.
Nach einer kurzen theoretischen Einführung durch Mitglieder des
Verbandes werden die Mädchen für den praktischen Teil der Studienwoche
in verschiedene Gruppen eingeteilt. Jeweils 25 bilden je vier "Ortschaften" und vier "Städte", die in acht verschiedenen Hörsälen "angesiedelt"
werden, wo sie über die Organisierung ihrer Kommunalverwaltungen beraten.
In

"AMERIKA DIENST" - FiJR HI?, FRAU

August 19:6

In Gails "Stadt" werden die Kandidaten für den Posten des Bürgermeisters und die Stadträte "benannt; in der "Ortschaft" ne .enan geht
es um die Besetzung der Ämter der Beisitzer und des Stadtsekre i-ärs.
Auf Plakaten werden die ersten "Wahlergebnisse" bekanntgegeben.
"Girls State", der "49«qtaat der USA", ist im Entstehen begriffen.
Die neugewählten Bürgermeister haben ihre Polizeipräsidenten U K ' Feuerwehrhauptl :ute ernannt, in den ^chulbehörden wird mit rauchenden Köpfen
über die Budgets beraten. Und nun gehen die Stadtparlamente an die Gesetzgebung.
"Es ist eine

ffenbarung", meint Gail zu einer Freundin. "Gesetze

sind nicht einfach da. V.e n die °tadt eine neue Brücke braucht o: er
bessere Straßenbeleuchtung o er mehr Geld für die Schulspeisung - immer
muß irgend jemand diese Fragen in der Stadtverordnetenversammlung verbringen. Drs heißt, ein guter Staatsbürger muß wissen, wo und wie mit
der Ordnung des ^ereinwesens und der Regelung des Gemeindelebens zu beginnen ist."
Dann geht es an die Wahl des "Gouverneurs von Girls State'. Zur
Aufstellu-g eines Kandidaten für dieses Amt bedurfte es

er Unterschrift

von mindestens zehn "Jürgern". Gall, die mit 20 Unterschriften als Kandidat der Partei der "Föderalisten" aufgestellt wurde, mußte ihre erste
"Wahlrede" vor einem begeisterten Auditorium jugendlicher "Staatsbürger"
halten. Der Kandidat der Gegenpartei, der sogenannten "Nationalen", unterlag, Gail wurde "Gouverneur' des Miniaturstaates. In dieser Eigenschaft
mußte sie in einer Konferenz ihrer Beiräte den Vorsitz führen, a-- den
Sitzungen des "Senats" und des "Abgeordnetenhauses" ihres Staates teilnehmen und vor versammelten oeiden Häusern ihre Jahresbotschaft verlesen.
Damit war "Girls State" vollendet. Die 200 jungen Kursasteilnehmerinnen konnten mit ihrem neuerrungenen Wissen in ihre Heimatgemeinden zurückkehren, um es dort als tätige Mitglieder ihrer Gemeinden zum Wohle ihrer
Mitbürger zu verwerten.
Den beiden "Gouverneurskandidaten" aber, Gail und ihrer Freundin
Judy, stand ein neues gewichtiges Ereignis bevor. Sie sollten an "Girls
Kation", einem ähnlichen einwöchigen Lehrgang in der Bundeshauptstadt
Washington, teilnehmen, wo sie die Arbeit des Kongresses und die riesige
Maschinerie der Regierung der Vereinigten Staaten kennen lernen sollten.
Jede Stunde theoretischen Unterrichts wurde ergänzt durch Besichtigungen
- 2 -

'AMERIKA J3IEN3 T:' - FÜR DIE FRAU

August 1956

Besichtigungen der verschiedenen Regierungsämter, der Ministerien
und an'erer Behörden. Einen Nachmittag verbrachten die Mädchen
im Außenministerium, wo sie ein wenig Einblick in die diplomatische Arbeit gewannen. Weitere Besuche galten dem Pentagon, dem
Senat \nd dem Repräsentantenhaus, dem Obersten Gerichtshof und
Mount Vernon, dem

hemaligen Grandbesitz des ersten Präsidenten

der Vereinigten Staate , George Washington.
Den Abschluß dieses Lehrgangs bildete die Wahl des "Präsidenten". Gail wurde zwar für diesen Posten nominiert, unterlag aber
gegenüber der zweitn Kandidatin für d'.eses Amt. So beteiligte sie sich
eifrig an der Wahlkampagne, schrieb Resolutionen, malte Wahlplakate,
und es schien ihr, daß diese Arbeit ihren künftigen Aufgaben als
Staatsbürger weit näher komme als selbst zu kandidieren.
Nach der Amtsein ührung von Präsident und Vizepräsident und
der Bildung des Kabinetts

ging es nach Hause zurück. "Ich wünschte,

alle Schüler und Schülerinnen könnten die gleichen Erfahrungen sammeln
wie wir', meinte iail zu ihrer Freundin.

"Hier wird man sich erst

ganz der Verantwortung bewußt, die man als Staatsbürger eines demokratischen Staatswesens für das Wohl j.nd Wehe seines Landes und
seines Volkes zu tragen hat."

* * * * *

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

August 1956

DIE VARIABLEN KIDDIE KEY-MODELLE
Knappe Mieder - weite Röckchen - tiefe Säume
( 55 Zeilen)
WACO (Texas) - (AD) - Daß die Kleidchen, die Johnny Dorsey aus
Sparsamkeitsgründen für ihre kleinen Töchterchen auf ihrer Nähmaschine
selbst schneiderte, sie eines Tages berühmt machen würden, hatte sie
sich nicht träumen lassen.
Und doch war es so. Freilich hatte sie auch ihre besondere Art
an die Dinge heranzugehen, und die kleinen Modelle, die heute unter
dem Firmenzeichen "Kiddie Key" von Millionen kleinen Mädchen in den
USA getragen werden, haben durch den kommerziellen Aufschwung nichts
an Originalität und Zweckmäßigkeit eingebüßt. Diese Kleidchen sind
vor allem auf "Zuwachs" geschneidert, eine gewaltige Erleichterung für
jede Mutter, die dem für den Geldbeutel oft allzu schnellen-: Wachstum
ihrer Kinder Rechnung zu tragen hat.

"Kiddie Keys" gibt es in über

hundert Modellen, die jeweils durch Verlängerung der Röckchen oder
Mieder garantiert drei Jahre getragen werden können, ohne dabei auch
nur ein einziges Mal "ausgewachsen" auszusehen.
Wenn Johnny Dorsey von den Anfängen ihrer Schneidertätigkeit erzählt, dann vergißt sie nie die primitiven Schnitte zu erwähnen, die
sie sich - wie sie es bei Mutter und Großmutter gesehen - aus alten
Zeitungen zusammenklebte. Der Erfolg aber war so verblüffend, daß sie
- die Berufsschullehrerin - ihr 7/issen nicht allein für sich behalten,
sondern auch ihre Schülerinnen daran teilnehmen lassen wollte. Erstaunlich
war, wieviele Frauen doch wenigstens soweit zeichnerisch begabt sind, um
ein Modell aus Zeitschriften oder nach anderen Kleidern schnittgerecht
kopieren zu können.
Mit der Zeit nahm diese Arbeit an Umfang zu und machte immer mehr
Freude, unterstützt durch einen verständigen Ehemann, der den kommerziellen Wert der Sache rasch erkannte und ebenso schnell zu nutzen wußte.
Johnny Dorsey machte zunächst Normalschnitte für Mädchen von 1 bis
9 Jahren, für die der Brustumfang Maßstab ist. Alle anderen Schnitt-Teile
lassen sich dann den jeweiligen Körperbedürfnissen eines Mädchens leicht
anpassen. Soll das Kleidchen nett aussehen, ist vor allem zu beachten,
daß

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

August 1956

daß die Schulternähte so knapp gehalten sind, daß das Armloch nicht
durchsacken kann. Das kleine Mieder muß eng anliegen, das weitschwingende
Röckchen gleichmäßige Länge und tiefe Säume haben.
Der "Kiddie Key"-Schnittmusterdienst ist ein richtiges Familienunternehmen geworden, mit saisonalen Modenschauen in den großen Warenhäusern von Texas und ein gern gesehener Teil der Fernsehprogramme,
wenn die Zeit dafür gekommen. Die drei kleinen Töchter der Dorseys sind
die Mannequins; der Vater, von Haus aus Automohilverkäufer, ist ein
kluger Manager.
Trotzdem sehen die Dorseys darauf, daß ihnen das Geschäft nicht
über den Kopf wächst, und sie schlagen manche Gelegenheit zur Erweiterung des Geachäftsumfanges aus. So will es die kluge Frau, die, wie
sie sagt, zu 99$ Frau und Mutter ist und nur ;zu einem einzigen Prozent
die Karriere im Auge hat. Diese könne warten bis die Kinder groß sind.
Zwischen Kleidernähen und Haushalt - sie hat keinerlei Hilfe - bleibt
auch so Arbeit genug, die selbst das noch kleine Unternehmen mit sich
bringt und die erledigt werden muß.
Vor kurzem hat Johnny Dorsey ihrer Kollektion auch Schnitte für
10-, 11 undl 2jährige angefügt, nach den Grundmaßen ihrer 12jährigen
Tochter. Wi« alle "Kiddie Key"-Muster ist auch dieser letzte Schnitt
variabel, praktisch, anpassungsfähig, und nicht zuletzt kleidsam und
schön.
ACHTUNG REDAKTION!

1)

Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST
kostenlos folgende Bilder:

Johnny Dorsey aus Waco (Texas), die Schöpferin | der "Kiddie
Key"-Schnittmuster für Mädchen im Alter von 1 bis 12 Jahren
mit ihrem Gatten und ihren drei Kindern, den Mannequins des
Unternehmens. Alle drei Dorseytöchter, Charlotte, Dianne
und Suzanne, tragen Kiddie-Key-Kleider aus der Werkstatt
ihrer Mutter, deren Geheimnis die hohe Variationsmöglichkeit
der Grundschnitte ist. Kiddie-Key-Schnitte gibt es in über
100 Modellen.

2) Selbstschneidern nach Kiddie-Key-Schnitten macht immer Spaß.
Die Kleidchen sind alle so geschnitten und verarbeitet, daß
sie mindestens drei Jahre tragbar sind und mit den Kindern
wachsen, ohne jemals "ausgewachsen" auszusehen.
* * * * *

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

August 1956

EIN HANDIKAP WIRD ÜBERBRÜCKT
Kindergarten für blinde Buben und Mädchen
(75 Zeilen)
ANNANDALE ("Virginia) - (AD) - Tief über ihre Schreibmaschine
gebeugt, tippt die fünfjährige Jane auf die merkwürdig breit aussehenden Tasten. Dann nimmt sie das dicke braune Papier, auf dem sie geschrieben hat, aus der Maschine, und wie sie die Buchstaben mit ihren
feinen Fingerchen abtastet, sagt sie: "Ich hab• da einen Fehler gemacht,
gelt?"
Die Maschine ist eine Braille-Blindenschriftmaschine. Jane lernt
ihren Tastsinn zu entwickeln. Er muß sie durch ihr ganzes Leben führen;
denn sie ist blind.
Sie gehört zu den acht Kindern im Alter von drei bis sechs Jahren,
die die Vorschule für blinde Kinder in Nordvirginia, in der Nähe von
Annandale, besuchen. Es gibt noch mehrere dieser besonderen Art von
Kindergärten in den Vereinigten Staaten. Ihr Ziel ist es, sehbehinderte Jungen und Mädchen auf die Schulzeit vorzubereiten, wo sie dann
mit normal sehenden Kindern in einer Klasse lernen werden.
Die Vorschule in Virginia ist eine Stiftung der Lions Clubs aus
dem Jahre 1954, einer internationalen Vereinigung einflußreicher Geschäftsleute. Sie wollten den blinden Kindern des Bezirkes die Möglichkeit geben, gemeinsam mit normalen Kindern die Schule zu besuchen und
zu Hause zu leben, statt auf eine vom Staat subventionierte Blindenschule gehen zu müssen. Sie mieteten das Haus, richteten es ein und
stellten drei Lehrkräfte an. Schulgeld wird nur von solchen Eltern
verlangt, die dazu imstande sind. Bedingung ist es nicht.
Die einzige Voraussetzung für die Zulassung zur Schule ist, daß
die Kinder "dem Gesetz nach" blind sind, das heißt, weniger als drei
Prozent Sehvermögen haben. Die meisten Kinder sind Opfer einer unheilbaren Art von Blindheit, entstanden durch eine Netzhautwucherung, deren
Ursache wahrscheinlich übergroße Sauerstoffgaben an zu früh geborene
Babys ist. Seit man diese Gaben eingeschränkt hat, hat sich nach Feststellungen der Ärzte auch die Zahl der erblindeten Babys vermindert.
Wie in jedem Kindergarten herrscht in dieser Vorschule jeden Morgen ein geschäftiges Treiben und munteres Plappern. Um den verschiedenen

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

August 1956

verschiedenen Altersstufen und Entwicklungsstadien der Kinder gerecht
zu werden, ist der Unterricht auf jedes Kind individuell abgestimmt.
Gleich bleibt für alle die Einführung in die Blindenschrift.
"Die Entwicklung des Selbstbewußtseins und der Selbständigkeit der
Kinder liegt uns besonders am Herzen", erklärt Mrs. Mosso, die Leiterin
der Schule. Wir geben ihnen selbstverständlich die Hilfestellung, die
sie brauchen, aber wir versuchen, sie dazu zu bringen, möglichst viel
von alldem, was ein sehendes Kind verrichten kann, selbst zu tun.
Aussprachen mit den Eltern finden in regelmäßigen Abständen statt,
wobei vor allem zur Sprache kommt, wie die Familie verstärkt zu einer
Überbrückung des Handikaps beitragen kann. Ein wunder Punkt bei der Erziehung der blinden Kinder ist es, den Auswirkungen der übergroßen elterlichen Fürsorge entgegenzuwirken. Oft muß den Kindern erst das Essen beigebracht werden, da ihnen die ängstlichen Familien bisher jeden Handgriff
abgenommen haben. Eine grundlegende Erschwerung bei der Erziehung ist,
daß diesen nicht-sehenden Kindern, die mit vielen Dingen einfach nicht
vertraut sind, alles, aber wirklich alles, zunächst einmal genauestens
beschrieben werden muß.
In der Schule gibt es jede Art von Spielzeug»

da sind Baukästen,

Bücher, aus denen die Lehrerinnen vorlesen, Farbe für Fingermalereien,
ein Schaukelpferd und ein Grammophon. Die Schule verwendet ferner viele
Dinge, die das Unterscheidungsvermögen der Kinder fördern, so Holztafeln
und -karten, auf die - um den Tastsinn der Kinder zu schärfen - verschiedene Arten von Material und Stoffen aufgeklebt werden.
Eine Spezialanfertigung, durch die alle Kinder buchstäblich spielend
lernen, ist eine kleine Treppe mit Geländer, Plattform und drei Stufen
auf jeder Seite. Die Kinder steigen die Treppe herauf und herunter, und
allmählich hören sie auf, mit den Füßen zu schleifen oder sich angstvoll
an das Geländer zu klammern.
Bei schönem Wetter tollen die Jungen und Mädchen auch draußen herum,
auf der Schaukel, der Wippe oder am Rundlauf. Häufig kommen auch die Kinder aus der Nachbarschaft zum Spielen, Freundschaften werden geschlossen.
Auch das hilft, das Selbstvertrauen zu stärken. Wenn sie dann später ganz
mit diesen Kindern zusammen sein werden, ist die erste Hemmung, bevor sie
kommt, schon überwunden.
Mrs. Mosso ist geschulte Lehrerin, die bereits während ihrer Studienzeit an der Schule für Blinde und Taube volontiert hat. Sie bringt neben

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"AMERIKA DIENST" - FÜR SIE FRAU

August 1956

neben der Erfahrung aber auch jenes Übermaß an Geduld und Liehe zum
Kind mit, die eine derartige. Aufgabe voraussetzt.
Noch ist die Stiftung der Lions Clubs eine Vorschule, die den
blinden Kindern den Weg zur großen, normalen Schule ebnen soll. Um
das Werk zu Ende

führen zu können, bedürfen auch die Volksschulen

eines entsprechenden Klassenraumes mit besonderen Braille-Einrichtunge
Derartige Pläne werden zur Zeit in Virginia erwogen.

ACHTUNG REDAKTION!

Auf Anforderung übersendet Ihnen der
AMERIKA DIENST

kostenlos folgende Bilden

])

Die Spieltreppe macht nicht nur Spaß, sondern gibt
Sharon und Teenie, die beide von Geburt an blind sind,
auch die notwendige Sicherheit, um mit all den Stufen,
die sie in ihrem Leben noch hinauf- und hinuntersteigen
müssen, fertig zu werden. Das Selbstvertrauen der jungen
Menschen zu stärken, ist ein wesentlicher Programrapunkt
der amerikanischen Kindergärten für blinde Kinder.

2)

Den Umgang mit der Blindenschreibmaschine lernt die blinde
Jane schon mit fünf Jahren. Sie wird dadurch auf den Besuch einer richtigen Schule, wo sie mit sehenden Jungen
und Mädchen zusammen sein wird, vorbereitet. Die Leiterin
der Vorschule für blinde Kinder in Nordvirginia, Mrs. David
Mosso, überwacht den Unterricht mit unendlichem Einfühlungsvermögen.

* * * * *

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

August 1956

KÜRZNACHRICHTEN FÜR DIE FRAU
SPRACHUNTERRICHT FÜR KLEINKINDER
(10 Zeilen)
NSW YORK - (AD) - Kinder im vorschulpflichtigen Alter bereits
mit der französischen Sprache vertraut zu machen, ist der Sinn

eines

kürzlich herausgegebenen Schallplattenalbums, das die Firma unter Mitarbeit von Universitäten zusammengestellt hat.
Es haben an diesem Sprachunterricht per Schallplatte zwei Psychologen mitgearbeitet, die dafür Texte wählten, die auch emotionelle
Seiten anklingen lassen. Die Themen haben die Eltern-Kind-, Kind-Kindund Kind-Tier-Beziehungen zum Inhalt; der Wortschatz entspricht dem
von Kindern, die die beiden Unterstufen von Elementarschulen, in denen
Französisch gelehrt wird, besuchen.

* * * * *

EUROPÄISCHE HAUSHALTSGERÄTE AUF DSM AMERIKANISCHEN MARKT
(9 Zeilen)
NEW YORK - (AD) - New Yorker Haushaltswarengeschäfte bieten zur
Zeit eine ganze Reihe europäischer Küchengeräte zum Kauf an. Besonderen
Anklang finden zwei Schneidegeräte, das eine ein französisches, das andere
ein deutsches Erzeugnis. Letzteres ein Eierschneider aus Aluminiumblech,
der mit einem leichten Druck hartgekochte Eier in sechs gleiche Teile,
eine richtige Margaritenblüte, zerteilt. Dieses Gerät ist ebenso verwendbar zum Schneiden von Bananen und gekochten Gemüsen.
Das französische Produkt ist ein Rettichschneider, der den Rettich
zu einer appetitlich anzusehenden Rose zerkleinert.

* * * * *

h

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August 1956

DREI "FRAUEN"-ROMANE AUF AMERIKAS BÜCHERBORDEN
(

15 Zeilen)
NEW YORK - (AD) - Pearl Bucks neues Buch, "Imperial Woman", schil-

dert den Aufstieg der letzten chinesischen Kaiserin Tzu Hsi aus der
Mandschu-Dynastie, gegen die sich der Boxeraufstand richtete, von einer
Konkubine zur Herrscherin des Reiches der Mitte. Das Buch ist das erste
historische Werk der Dichterin.

"Marjorie Morgenstern" heißt ein Roman des Erfolgsautors Herman
Wouk, der im bürgerlich-jüdischen Milieu von New York spielt und den
Weg eines klugen Mädchens durch eine Reihe von Irrtümern zur Harmonie
eines erfüllten Lebens schildert.

Eine Helen-Keller-Biographie von Van Wyck Brooks legt der E. P.
Dutton & Co.-Verlag vor. Das wertvolle Buch des bekannten amerikanischen Kritikers und Literarhistorikers ist keineswegs eine bloße
Lebensbeschreibung der blinden und tauben Schriftstellerin, sondern
eine Würdigung der geistigen Größe einer Frau, die sich durch ihr
schweres Schicksal nicht niederdrücken ließ.

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September 1956

FRAUENKLUBS HELFEN, WO SIE KÖNNEN
Gutes tun - kennt keine Grenzen
Von J. A. Arndt
Nach "The Christian Science Monitor"
- Quellenangabe erforderlich /

(88 Zeilen)
(AD) -- Kindergarten in ägyptischen Dörfern, Jugendprogramme in
Guam,

sanitäre Einrichtungen und verbessertes Wohnen für bedürftige

Familien in Belize (Britisch-Honduras) und Bangkok (Thailand) - das
sind einige Projekte im Wettbewerb zur Verbesserung des Gemeinddiebens,
der der "General Federation of Women's Clubs" angeschlossenen Frauenverbände in Übersee, Projekte, die in Zusammenarbeit mit der SearsRoebuck-Stiftung in Angriff genommen werden.
Seit vielen Jahren unterstützen die amerikanischen Frauen die
Bildung solcher gemeinnütziger Klubs. Sie haben gelernt, wie wichtig
es ist, andere Gruppen der Gemeinde mit dem Ziel, die Belange ihrer
Städte zu fördern, zur Zusammenarbeit zu bringen. Sie wissen, daß das,
was sich in einem Teile der Gemeinde tut, alle anderen Gemeindemitglieder ebenfalls betrifft.
Im Jahre 1955 wurden erstmalig die Uberseeklubs der General Federation zur Teilnahme am Wettbewerb zur Verbesserung des Gemeindelebens
eingeladen. Über 20 von ihnen gaben Berichte über konstruktive Ideen.
3000 Nennungen von Klubs in den Vereinigten Staaten, Alaska und Übersee
liefen

ein. Der erste, zweite und dritte Platz in diesem internationa-

len Wettbewerb ging an Klubs in Kairo, Guam und Britisch-Honduras.
"Die Kinder sind auf der Straße, weil es in ägyptischen Dörfern
keine Höfe, keine Grünflächen und keine Bäume gibt ... Die Bauern bauen
ihre Häuser so eng aneinander wie möglich, um keinen Zentimeter des
kostbaren Bodens zu verlieren ... Die Kinder sind in den Straßen, weil
die aus an der Sonne getrockneten Ziegeln gebauten Hütten mit ihren
Lehmböden und Strohdächern zu klein, finster, zu dürftig ausgestattet
und schlecht gelüftet sind. Diese Kinder sind ohne Aufsicht und ohne
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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

September 1956

ohne jedwede Fürsorge, weil ihre Eltern von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang arbeiten müssen".
So beginnt der Bericht des Kairoer Frauenklubs über das Projekt
eines Dorfkindergartens im nahegelegenen Sandioun, der das Leben der
Dorfkinder völlig umgestaltet und ähnliche Unternehmungen in anderen
Dörfern angeregt hat.
Der Klub, der 1950 seine Tätigkeit mit Nähuntejrricht für die älteren unter den Mädchen des Dorfes begonnen hatte, war über die unbefriedigten Bedürfnisse der kleineren Kinder erschüttert und begann deshalb sofort mit dem Aufbau des ersten Kindergartens im bäuerlichen
Ägypten. Bis 1954 hatten dieser Kindergarten und ein anderer in dem
Dorf Tersa sich so erfolgreich entwickelt, daß der in Sandioun erweitert werden mußte, um f0 Kinder zu fassen, und in anderen Dörfern wurden
neue aufgebaut. Da man bei der wachsenden Zahl von Kindergärten natürlich auch Kindergärtnerinnen brauchte, wurde in Sandioun eine entsprechende Schule errichtet.
Die Idee der Eröffnung einer Kindergärtnerinnenschule mußte mit
großem Takt an die Mütter herangetragen werden. Behutsam fragte man
sie, was sie für Vorschläge machen könnten, um die Kinder nicht den
ganzen Tag unbeaufsichtigt zu lassen. Ein Achselzucken war die Antwort.
Als man dann weiter fragte: "Was halten Sie davon, wenn man sie unter
Aufsicht in dem wundervollen Garten im Zentrum spielen lassen würde?"
stimmten sie erfreut zu. Die ägyptische Regierung ist nun dabei, überall im Lande Dorfkindergärten zu errichten.
Das gesamte Projekt hatte die herzliche Unterstützung Dr. Ahmed
Husseins, der damals Minister für soziale Angelegenheiten war und jetzt
ägyptischer Botschafter in den Vereinigten Staaten ist. Er ist es auch
gewesen, der die Einrichtungen von Nähklassen für die älteren Mädchen
vorgeschlagen hatte.
In Guam, das zum Territorium der Vereinigten Staaten gehört, machte
sich der in Agana 1952 organisierte Frauenklub daran, bessere Erholungsund Freizeitmöglichkeiten für Jungen und Mädchen zu schaffen. Der Frauen
klub spendete 1000 Dollar, wählte ein Bürgerkomitee, das zwei Jahre lang
die Notwendigkeiten erforschte, die mit der Durchführung eines Jugendpro
gramms erfüllt werden sollten. Filme, Tanzschule, Kirchentätigkeit und

September 1956

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

und Sportereignisse waren bis dahin die vier Elemente der Freizeitgestaltung gewesen. Durch die Bemühungen der Frauen wurde die Hilfe anderer Organisationen gewonnen, ein Jugendprogramm zu entwickeln und
ein Erholungszentrum zu bauen, die Guam Youth, Inc.

wurde gegründet.

Programme zur Gestaltung der Freizeit auf den Dörfern werden jetzt
durchgeführt, bei denen talentierte und vor allem willige Einwohner
mitwirken. Ein' Baseball-Team entstand in jedem Dorf. Andere Unterhaltungen auf dörflicher Grundlage sind Rettungsschwimmen, Volkstanz, Handwerksklassen und Völkerball für Mädchen.
Ein Frauenklub in Britisch-Honduras zählte nur 25 Mitglieder, als
er sich 1954 anschickte, sich der bedauernswerten Zustände in den Slumvierteln von Belize anzunehmen und dort einen Kindergarten einzurichten.
Zu dieser Zeit lebten die 30 000 Einwohner von Belize in rund 4000
schlechten Unterkünften. Zwei größere öffentliche Bauunternehmungen
haben zwar manche Erleichterung gebracht, aber noch immer hausen zu
viele Familien in halbverfallenen Holzhütten, die der Wucht tropischer
Regenfälle nicht mehr gewachsen sind. Der Frauenklub veranstaltete
Sammlungen, errichtete einen Tageskindergarten, bezahlte das Betonieren
von Brunnenschächten und sammelte Fundamentsteine in Stadt und Land, um
ein Kinderheim errichten zu können. Die Frauen verkauften "Betonblöcke",
das Stück zu 50 Cent, und hatten bald die 800 Blöcke zusammen, die sie
für "ihr Projekt" brauchten. Der Erlös eines Basars, an dem die ganze
Stadt teilnahm, erlaubte dann die Anschaffung von Dachgestühl, Türen
und Fenstern.
Diese drei Beispiele sind nur einige wenige, herausgegriffen aus
einer weltweiten Hilfe. Seiten ließen sich füllen mit ähnlichen Berichten aus Hawaii, den Philippinen, Indien, dem Libanon, aus Südafrika,
Puerto Rico, Jordanien und - last not least - auch aus vielen Teilen
des alten Europa.
- Quellenangabe erforderlich ACHTUNG REDAKTION!

1)

Auf Anforderung übersendet - Ihnen der
AMERIKA DIENST kostenlos folgende Bilder:

Der Kinderspielplatz des Sandioun-Kindergartens, den der
Frauenklub von Kairo ins Leben gerufen hat.

2) Die Nähklasse im Sandioun-Kindergarten.
* * * • *

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

September 1956

DIE FRAU IST DAS MASS ALLER DINGE
Die Amerikanerinnen haben die Herrschaft angetreten
Nachstehend berichtet Dr. Sraikalla von der
Main-Post in Würzburg über Eindrücke, die er
im Laufe eines vom amerikanischen Außenministerium
ermöglichten Studienaufenthaltes in den USA sammeln
konnte .
(55 Zeilen)
(AD) - Die amerikanischen Frauen treten die Herrschaft an - das ist
die Erklärung für Hunderte von Fragen, die man in den Staaten immer wieder zu hören bekommt.
Um sicher zu gehen, durchstöberte ich mehrere Bücher in den Bibliotheken. In einem dicken Walser fand ich folgende Fakten:
In den Vereinigten Staaten leben 1,5 Millionen mehr Frauen als
Männer; 40 Millionen Amerikanerinnen sind verheiratet, 7 Millionen verwitwet und 1,2 Millionen geschieden; 19>5 Millionen amerikanische Frauen
stehen in einem Arbeitsverhältnis. Das heißt, daß jeder dritte Beschäftigte
in den Vereinigten Staaten eine Frau ist; 50 Prozent aller angestellten
Frauen sind verheiratet, 4 Millionen von ihnen haben Kinder. Über die
Hälfte aller amerikanischen Wähler sind Frauen. Etwa 21 000 amerikanische
Frauen nehmen wichtige Positionen im öffentlichen Leben ein; 70 Prozent
des Volkseinkommens geht durch die Hände der Frauen, 50 Prozent aller
Industrieaktien und 40 Prozent allen Landbesitzes werden von Frauen kontrolliert. Frauen zahlen 80 Prozent aller Erbschaftssteuern in den Vereinigter. Staaten und 700 000 von 862 000 amerikanischen Lehrern sind
Frauen.- Gut, das genügt.
Die amerikanischen Frauen haben die Herrschaft bereits angetreten.
In dem Sinne, daß der Geist der Frau das gesellschaftliche Leben in
Amerika regiert.
Ich habe den Schlüssel zu der Antwort auf eine Frage gefunden, die
mich verwirrt hat von dem Augenblick an, seit dem ich in den USA bin:
Warum ist der Geschmack des amerikanischen Volkes so unterschiedlich von
dem unsern in Europa?

Ich glaube, fast alles hier ist nach weiblichem

Geschmack.
Nehmen Sie einen Cadillac, das neueste Modell, und stellen Sie einen
europäischen Mercedes daneben. Sehr bald werden Sie auf den Unterschied

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

September 1956

Unterschied kommen, den ich meine. Der Stil von ungefähr allem - von
der Krawatte zu den V/ohnzimmermöbeln -, was Sie in Amerika kaufen können,
entspricht dem Geschmack von Frauen. Die Fernseh- und Radioprogramme,
die Bilder in Theatern, Magazinen und Zeitungen - dem Europäer scheint
es, als sei so ziemlich alles hier nur für Frauen gemacht.
Der Manager eines großen Geschäftes, den ich in Allentown (Pennsylvanien) traf, wußte eine sehr einfache Antwort: "Na ja, 80 Prozent unserer
Kunden sind Frauen ..."

Das stimmt. Aber ich glaube auch nicht, daß ein

amerikanischer Mann, wenn er Krawatten selbst kaufen geht, anders wählen
würde als seine Frau.
Ich habe mir diese Frage vom ersten Tag, seitdem ich in Amerika
bin, überlegt. Jetzt habe ich die Antwort gefunden:
Die Statistik sagt, über 80 Prozent aller amerikanischen Lehrer sind
Frauen. Vor Jahren war der Prozentsatz noch höher. V/enn die amerikanische
Mutter die Erziehung ihres sechs Jahre alten Sprößlings in die Hände der
Lehrerin gelegt hat, vertieft sich der weibliche Einfluß auf das Kind
rasch, und zwar auf jedem Gebiete, geistig, sittlich, ideel, äußerlich.
Auch der weibliche Geschmack. Das trifft auf Jungen wie auf Mädchen zu.
Ein paar Schuljungen sagten mir ganz offen» "Unsere Lehrerinnen sind
moderner und wissenschaftlicher als unsere Eltern."
Ein alter griechischer Philosoph hat gesagt, daß der Mensch das
Maß aller Dinge sei. 'iVenn er eine Einladung des amerikanischen Außenministeriums zu einem Besuch der Vereinigten Staaten erhalten hätte,
so würde er vielleicht gelächelt und gesagt haben: "Die Frau ist das
Maß aller Dinge."

* * * * *

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

September 1956

PLANE DEINE ZEIT WIE DEINE AUSGABEN
Bericht über die Sommerkonferenz "Service Bureau for Y/omen" in
Hartford (Connecticut)
Von Anna Haag
(100 Zeilen)
HARTFORD (Connecticut) - (AD) - Das "Service Bureau for Women" in
Hartford ist eine in der ganzen Welt einzigartig dastehende Einrichtung.
Das "Bureau" hielt seine traditionelle Sommer-Konferenz in diesem Jahr
in der Yale Divinity School ab (...

einem Teil der berühmten Universität).

Es feierte gleichzeitig das Jubiläum seines zehnjährigen Bestehens.
Dieses Institut ist mit Erfolg bestrebt, den Frauenorganisationen und
Einzelpersonen durch Vorträge und durch informatives Material ob^ktive
Kenntnis über wirtschaftliche Vorgänge, über Gemeinde-, Staatb- und außenpolitische Probleme und über die Aufgaben der Vereinten Nationen zu vermitteln .
Die Gründerin dieses weltoffenen Instituts ist Mrs. Beatrix Auerbach,
Inhaberin eines großen und eleganten Warenhauses in Hartford. Finanziert
wird diese Einrichtung durch die Beatrix Auerbach Foundation, deren Fonds
aus den verschiedensten Brünnlein gespeist werden.
Auf der diesjährigen Konferenz begegnete man Frauen aus allen Erdteilen und aus den verschiedensten Lebensbezirken, die sich alle mit der
Frage: "Inwieweit sollen die Frauen aktiv am Leben ihrer Gemeinde teilnehmen?" beschäftigten. Berühmte Professoren von Yale und anderen Universitäten ... Männer und Frauen ... sprachen mit bemerkenswerter Offenheit
zu diesem in Amerika besonders brennenden Thema. Der Autor des bekannten
Romans "Der Mann im grauen Flanell-Anzug"

(The Man in the Grey Fümnell Suit),

Sloan Wilson, einer der zahlreichen Redner, entpuppte sich als scharfer
Gegner jeder außerhäuslichen Aktivität der Frauen. In seinen Äußerungen
erinnerte er zuweilen an die Einstellung deutscher Ehemänner vor einem
halben Jahrhundert. Die Reaktion der anwesenden Amerikanerinnen war denn^
auch entsprechend, obwohl fast alle ausnahmslos einsahen, daß die aktive
Teilnahme der Frauen am öffentlichen Leben in Amerika tatsächlich einer
gewissen Regulierung bedürfe.
Die dreitägige Konferenz klang aus mit einer glanzvollen Abendveranstaltung in der Universitätskapelle. Zwei berühmte Frauen Amerikas,
Mrs. Eleanor Roosevelt und Dr. Lillian Gilbreth, waren die Rednerinnen

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

September 1956

Rednerinnen dieses Abends.
Dem ausländischen Besucher fiel

bei dieser Konferenz vor allen

Dingen zweierlei auf:
1) Die Tatsache, daß die so oft bewunderte Aktivität der amerikanischen
Frauen im Gemeindeleben zu einem Problem geworden zu sein scheint, das einer
ausführlichen Diskussion seitens der besten Köpfe des Landes bedarf.
2) Die Offenheit und Ehrlichkeit, mit denen die gegenwärtige Situation
von allen Seiten beleuchtet wurde, und wie man versuchte, eine Lösung zu
finden.
Unumstritten blieb die Auffassung, daß die "Bürger" ... in diesem
Fall ging es ja um die Bürgerinnen ... keinesfalls nachlassen dürfen in
ihrem Interesse und ihrer aktiven Mitverantwortung für die Angelegenheiten
ihrer Gemeinde. Fast über allen Vorträgen hätte als Motto der Satz Friedrich
Sieburgs stehen können: "V/o der Mensch zurückweicht, da rückt der Staat
nach", ein V/ort, das die Auffassung vieler großer Männer und Frauen rundum auf Erden präzis wiedergibt.
Das Problem heißt also:

Was kann getan werden, daß diese aktive

Mitverantwortung der Bürgerin erhalten bleibt, ohne daß sie die ihr näherliegenden, ihre Familie betreffenden Aufgaben vernachlässigt oder als ein
von Aufgabe zu Aufgabe jagendes Vasen sich durch die Tage hetzen läßt:
vom Haus zu einer Besprechung, von dort zu einer anderen Besprechung, in
den Klub, zu einem V/ohltätigkeitskonzert, einem Basar, einer Eltern- und
Lehrep-Besprechung, einer übernommenen Aufgabe in der Kirchengemeinde und
vieles andere mehr.
Professor Baley (Princeton) beschrieb in seiner ausgezeichneten Rede
das V.'unschgebilde einer Amerikanerin von heute etwa folgenderweise:
1 ) Sie ist ein liebevolles Weib und eine geduldige mit Humor begabte
Mutter.
2) Sie liest alle Seiten der New York Times, die Sonntagsausgabe eingeschlossen, und sie liest mindestens drei verschiedene Zeitschriften
und wöchentlich ein ernstes Buch.
3) Sie ist aktiv in ihrer Kirchengemeinde.
4) Sie leitet mindestens

e i n e

Pfadfindergruppe.

5) Sie wählt bei jeder Wahl und unterrichtet sich zuvor genau über die
Kandidaten.
6) Sie verfolgt die Gesetzgebung auf der Gemeinde -, der Landes-, der
Staatsebene und aus der Sicht der Vereinten Nationen. Natürlich

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

September 1956

natürlich schreibt sie ihrem Abgeordneten häufig.
7) Sie opfert Zeit und Geld für wichtige Dinge, wie die Krebsund Poliobekämpfung.
8) Sie ist ein belebender Faktor in der Eltern-Lehrer-Organisation.
9) Sie verbringt zumindest drei Abende in der Woche mit Aufgaben in
der "League of '.Vomen Voters" (Liga der amerikanischen Wählerinnen),
der öffentlichen Bibliothek oder in anderen wichtigen Organisationen .
10) Sie ist sehr aktiv in einer unserer beiden politischen Parteien
vor
Kurz»

und

w ä h r e n d

und

n a c h

den Wahlen ....

sie ist unermüdlich und tugendhaft, und wenn sie nicht ein

bloßes Geschöpf meiner Einbildung wäre, so wäre diese "Super-Frau"
wahrscheinlich völlig unausstehlich.
Das Ergebnis der Diskussionen sah dann etwa so aus s
Die Mitarbeit und Mitverantwortung der amerikanischen Frauen im Gemeindeleben ist nicht zu entbehren. Viel Wichtiges und das Zusammenleben
Erleichterndes würden ungetan bleiben ohne die von Frauen ausgehende Initiative. Aber ... und nun kommt das große "Aber"; alle Arbeit auf Erden strebt
einer Rationalisierung zu. So muß auch die vielfältige Aktivität der amerikanischen Frauen "rationalisiert" werden. Die Frauen müssen davon loskommen,
zu meinen, sie müßten in allen Dingen aktiv mittun. Sie müssen lernen, auszuwählen. Sie müssen lernen "Nein" zu sagen. Sie müssen ihre Kräfte aufteilen, nachdem sie durch Erfahrung gelernt haben, daß sie mehr tun können,
wenn sie weniger tun. Wohl können sie passive Mitglieder bei allen möglichen guten und nützlichen Organisationen und Einrichtungen sein, können
diese durch Mitgliedsbeiträge finanziell unterstützen. Für die eigene
Aktivität aber sollen sie sich ein Ideal oder höchstens zwei auswählen.
Diesen sollten sie dann dienen, ohne sich zu zersplittern.
Auf die Ausführungen der beiden großen Frauen Amerikas, Mrs. Roosevelt
und Mrs. Gilbreth» eingehend, ist zu sagen, daß sie ebenso inhaltsreich wie
verschieden waren. Eleanor Roosevelts Vortrag war ein "hohes Lied" auf die
Erziehung, die für sie gleichbedeutend mit "Bildung" ist. Darunter aber versteht sie nicht eine Anhäufung von zusammenhanglosen Einzelheiten, sondern
fordert, daß sich die jungen Frauen vorbereiten auf die gewaltigen wirtschaftlichen und sozialen Umwandlungen ihrer Umwelt. "Erziehung" heiße
erfolgreiche Übung in "Anpassungsfähigkeit". Die Rednerin zeigte an Bei- 8 -

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

September 1956

Beispielen, um wie viel rascher sich diejenigen Länder kulturell und
wirtschaftlich entwickeln, in denen Frauen sich mitverantwortlich einschal
ten, im Gegensatz zu jenen Völkern, bei welchen die Frauen bislang nichts
anderes sind als Geschlechtswesen.
Dr. Lillian Gilbreth, die Ingenieurin und Mutter der Verfasser des
köstlichen Buches "Im Dutzend billiger", sah die Aufgabe der jungen
Generation darin, zu lernen, in die Zukunft zu blicken. Auch sie sprach
von "Erziehung", sieht darin aber den "lebenslangen Frozeß". Im weiteren
Verlauf ihres Vortrags verbreitete sie sich im wesentlichen über die
kommende "Automation". In leidenschaftlichen V/orten versuchte sie, den
Menschen die Angst davor zu nehmen, die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes. "Ich glaube an die Zukunft", rief sie und mahnte zur Dankbn
der Maschine gegenüber. '-'Automation" sei mehr als Mechanisierung. . ie *
1

de den Menschen viel freie Zeit bringen, die sie hoffentlich mio Würde
nützen werden.
Einen sehr schönen Schlußakkord der Konferenz gab der kurze Vortrag
Lady Readysider großartigen Engländerin, die während des zweiten Weltkrieges den zivilen Luftschutz ihres Landes organisiert und durch ihr Beispiel
ungemein viel freiwillige und echte Opferbereitschaft geweckt hat. Abgesehen von ihrer warmen Menschlichkeit ist es ihre einfache Philosophie,
durch die sich alle angesprochen fühlten. Sie faßte sie in die zwei Sätze
zusammen t
"First thing first ... das Nächstliegende immer zuerst!"

und

"Improvisieren ist das Geheimnis des Tages".
Die Quintessenz dieser wichtigen Konferenz war: "Budget your time"...
Plane deine Zeit genauso, wie du die Verwendung deines Geldes planst!
Plane deine Zeit!

und

Plane deine Ausgaben!

Das sind nicht nur für die

Amerikanerinnen!sondern für die Frauen in aller Welt die beiden kategorischen Imperative der Gegenwart.

* * * * *

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

September 1956

DAS INTERESSIERT DIE FRAU

IMMER MEHR FRAUEN IN LEITENDEN POSITIONEN
(12 Zeilen)
WASHINGTON - (AD) - Einem kürzlichen Bericht des Dachverbandes der
amerikanischen Frauenklubs zufolge bekleiden heute 50 Prozent mehr Frauen
als noch vor zwei Jahren Stellungen mit leitenden Funktionen, Die Statistik
verzeichnet für 1954

1910 Frauen in solchen Berufen gegenüber 3089 im

Jahre 1956.
Auch auf dem Wirtschaftssektor macht sich dieses Eindringen der Frau
in die gehobeneren Berufsschichten bemerkbar. Von den rund 20 Millionen berufstätigen Frauen in den USA bekleiden 12 Prozent sogenannte KarriereJobs, von denen 6 Prozent hohe verantwortliche Exekutivaufgaben einschließen. Interessant ist der Vergleich mit den entsprechenden Relationen
der Jahre 1870 und 1930, wo die Frauen in Exekutivpositionen weniger als
ein beziehungsweise drei Prozent ausmachten.
* * * * *

SÄUGLINGS- UND KLEINKINDERPFLEGE
US-Bestseller Nr. 1
(30 Zeilen)
WASHINGTON - (AD) - Die einzige Publikation in den Vereinigten Staaten,
die eine höhere Auflage als die Bibel erzielen konnte, ist das vom Amt für
Kinderfürsorge herausgegebene Bändchen "Infant Care" (Die Säuglings- und
Kleinkinderpflege). Es hat seit seinem ersten Erscheinen im Jahre 1914 die
gewaltige Druckhöhe von 36 Millionen Exemplaren erreicht, die entweder gegen
wenige Gent oder auch unentgeltlich an Interessenten abgegeben wurden. Es
gab Zeiten, da mehr als 100 000 Exemplare monatlich angefordert wurden.
Die Broschüre ist heute in der zehnten revidierten Auflage. Die P
sionen waren notwendig, um mit den Erkenntnissen der modernen Medizin und
Pädagogik Schritt zu halten. "Infant Gare" wurde in viele Sprachen übersetzt und hat auch in anderen Ländern der Welt zahlreiche begeisterte und
dankbare Aufnahme gefunden.
Verfasserin ist die noch jugendliche, heute sechsfache Großmutter
Marion L. Faegre vom US-Amt für Kinderfürsorge. Sie begann ihre Laufbahn als
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"AMERIKA PIEKST" - FÜR DIE FRAU

September 1956

als Lehrerin am Institut für Kinderfürsorge an der Universität Minnesota
und gehört dem Washingtoner Amt seit dem Kriegsjähr 1943 an« Außer diesem Bestseller schriet Mrs. Faegre noch drei weitere Broschüren über
Erziehungsfragen
"Dein Kind von eins bis sechs":
'•Dein Kind von sechs bis zwölf";
"Reifejahre in der FamilieY,
von welchen allein im Jahre 1955

2,5 Millionen Exemplare angefordert

wurden.
Die Bändchen wurden vor der Drucklegung einem 75^öpfigen Fachkollegium zur Begutachtung vorgelegt - Kinderärzten, Psychologen,
Psychiatern, Eltern und Pädagogen. Bei aller Sachlichkeit und Brauchbarkeit der Publikationen als Ratgeber in vielen Fragen der Kindererziehung legt Mrs. Faegre aber allen ihren Lesern immer wieder ans Herz:
Bildet euch ein eigenes Urteil und habt Vertrauen darein. Man kann
vieles aus Büchern lesen, aber bedenkt, jedes Kind ist ein eigenständiges
Individuum mit einer eigenen Persönlichkeit und muß als solche respektiert werden.

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Oktober 1956

GEHÖREN FRAUEN ÜBER VIERZIG ZUM ALTEN BERUFSEISEN ?
US-Arbeitsministerium wirbt für die ältere Frau
( 90 Zeilen)
WASHINGTON - (AD) - Die meisten von uns haben davon gehört, wie
schwer es oft für die älteren Angestellten ist, einen passenden Arbeitsplatz zu finden. Und viele haben vielleicht selbst bittere Erfahrungen
gemacht. Besonders schwierig ist es für ältere Frauen, die zum ersten Mal
in ihrem Leben auf Stellungssuche sind oder für jene Frauen, die nach vielen Jahren hausfraulicher Tätigkeit aus irgendeinem Grunde wieder in ihren
früheren Beruf zurückzukehren wünschen. In den Vereinigten Staaten konnte
man feststellen, daß die Jahrgänge der älteren Frauen eine bedeutende zusätzliche Arbeitsreserve bilden.
"Nicht das Alter, sondern die Fähigkeiten und die charakterliche
Haltung sind die Faktoren, die im heutigen Arbeitsleben von ausschlaggebender Bedeutung sind", das ist die Meinung von Mrs. Alice K. Leopold,
die im US-Arbeitsministerium als Unterstaatssekretär arbeitet und für
die Frauenangelegenheiten verantwortlich ist. Mrs. Leopold bemüht sich,
diese Ansicht weitgehend zu verbreiten, unter den Arbeitgebern und auch
unter den Arbeitnehmern "über vierzig".
Die ältere Frau habe durchaus keine Veranlassung, sich wegen ihres
Alters zu entschuldigen, wenn sie auf Arbeitssuche geht, sagt Mrs. Leopold,
•gewöhnlich ist sie ein fähiger Mitarbeiter, verantwortungsbewußt, zuverlässig und loyal."
Etwa ein Drittel aller weiblichen Arbeitnehmer in den Vereinigten
Staaten, das sind rund sieben Millionen, ist über 45 Jahre alt. Ungefähr
10 Millionen Personen dieser Altersgruppen stehen in keinem Beschäftigungsverhältnis, obwohl viele von ihnen gern eine Arbeit annehmen werden, wenn
sie eine Möglichkeit fänden. Mrs. Leopold betont nachdrücklich, daß die
richtige Behandlung dieser gegenwärtigen und potentiellen Arbeitskräfte
nicht nur für die Volkswirtschaft von großer Bedeutung, sondern auch geeignet ist, die Beziehungen der Menschen untereinander zu fördern und zu
verbessern.
Aus der Erkenntnis heraus, daß diese älteren Arbeitskräfte trotz
der neuerdings verbesserten Möglichkeiten immer noch ein besonderes

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Oktober 1956

besonderes Problem darstellen, hat das US-Arbeitsministerium zur
Unterstützung dieser Frauen ein neues Programm gestartet. So werden
zunächst in Gebieten, wo ein Mangel an Arbeitskräften besteht, eintägige Versammlungen für ältere Frauen abgehalten, in denen diese
von Experten aus der Wirtschaft und aus der Verwaltung über die Arbeitsmöglichkeiten und über die Wege dazu aufgeklärt werden. Diese
Versammlungen werden in Zusammenarbeit mit privaten Organisationen und
Behörden veranstaltet; ihr Besuch ist kostenlos und für jedermann zugänglich.
Sie sind jeweils den besonderen Umständen und Bedürfnissen der
betreffenden Gemeinde angepaßt und vermitteln gleichzeitig den Arbeitgebern einen Eindruck von den verfügbaren Arbeitsreserven und den
Kenntnissen und Fähigkeiten der Frauen "über vierzig".
In Boston wurde vor kurzer Zeit eine derartige Versammlung abgehalten. Über 500 Frauen nahmen daran teil. Unter ihnen Frauen, die zum
ersten Mal eine Beschäftigung suchten; Frauen, die nach Jahren der
Tätigkeit im Hause wieder ihren Beruf ergreifen wollten und auch Frauen,
die kein festes Arbeitsverhältnis suchten, sondern die ein Geschäft
einrichten wollten oder eine sonst unabhängige Beschäftigung anstrebten. Ihr Problem war im allgemeinen das gleiche: Wie können sie ihre
Talente und Fähigkeiten anwenden und was sollen sie tun, um Geld zu
verdienen? Die Gründe für ihren Wunsch nach Verdienst sind verschieden:
Viele benötigen das Geld zum eigenen Unterhalt oder möchten zum Unterhalt ihrer Familien beitragen; andere wollen zu ihrem Einkommen aus
der Sozialversicherung noch etwas dazuverdienen und wieder andere suchen in erster Linie eine Beschäftigung, die sie ausfüllt und bei der
sie ihre Fähigkeiten verwerten können.
Die Beratung und die Vorträge hatten Persönlichkeiten aus den Gewerkschaften, der Industrie, aus dem Geschäftsleben sowie die Vertreter von Schulen, der Stadt und der Regierung übernommen.
Die den ganzen Tag dauernde Versammlung wurde von zwei Themen
beherrscht: "Wie finde ich eine Beschäftigung und was muß ich tun, um
sie zu behalten?" und "Meine Zukunft und die Zukunft meines Arbeitsplatzes?" Das Programm wurde durch eine Diskussion über die Arbeitsmöglichkeiten in der Stadt Boston eingeleitet. Dann folgten mehrere Vorträge mit den Themen "Was kannst du?", "Welche Gesetze betreffen die

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Oktober 1956

die arbeitenden Frauen?", "Verwende deine Fähigkeiten zum Besten deiner
Stadt" und "Was muß ich tun, um wieder in meinen Beruf zurückzukehren?"
Man bemühte sich besonders darum, auf die bestehenden Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten bei den Schulen und Colleges in der Stadt und die
Fortbildungskurse bei verschiedenen Firmen hinzuweisen.
Der Kern aller Ausführungen und Ratschläge läßt sich mit folgenden
zwei Worten zusammenfassen: "Sei vorbereitet". Sei sicher, daß du etwas
kannst, wenn du einen Arbeitsplatz suchst. Frische deine Kenntnisse
auf oder lerne etwas dazu. Bemühe dich, einen guten persönlichen Eindruck zu machen. Bleibe ruhig und selbstsicher.
Zwei sehr sorgfältig gekleidete Frauen versuchten der Versammlung zu zeigen, wie man sich bei der Vorstellung und bei der Arbeit
benehmen und wie man sich dazu anziehen soll. Mrs. Muriel Cox, die
Vorsteherin einer Schule für Einzelhandel, gab den Frauen den Rat:
"Seien Sie nicht zaghaft, wenn Sie sich um einen Arbeitsplatz bewerben. Achten Sie auf Ihre Haltung, tragen Sie den Kopf hoch. Der
Eindruck, den Sie machen, ist für Ihre Anstellung entscheidend."
Marion Russell, die einen Stellenvermittlungsdienst betreibt,
erklärte den Frauen, daß "mit der Einstellung längst noch nicht alles
erreicht sei. Es gilt, sich den Arbeitsplatz zu erhalten. Man muß es
daher verstehen, sich einzufügen, anzupassen und zusammenzuarbeiten."
Für diejenigen Frauen, die keine feste Anstellung wünschen, sondern
sich mit dem Gedanken tragen, ein eigenes Geschäft oder sonstiges Unternehmen zu gründen, hatte Mary Campbell, eine Redakteurin des
"Glamor Magazine" folgenden Rat: "Sehen Sie sich in Ihrer Stadt um, was
benötigt wird. Genialität ist für Ihren Erfolg kaum erforderlich, was
notwendig ist, sind Originalität, Energie, Phantasie, Ausdauer und
vor allem harte Arbeit."
Man hatte sechs Frauen eingeladen, die sämtlich mit über 4-0 Jahren ihre Tätigkeit neu begonnen haben. Sie berichteten über ihren
Start und ihre Schwierigkeiten und Erfolge. Drei dieser Frauen haben
heute sehr gut gehende Geschäfte.
Nach den Diskussionen und Vorträgen des Vormittags war die zweite
Hälfte des Tages der individuellen Beratung gewidmet. An bestimmten
Tischen erfuhren die Frauen alles Wissenswerte über die von ihnen gewünschte Tätigkeit, so zum Beispiel über die freien Stellen in der
Stadt, die Ausbildungsmöglichkeiten, die Entwicklungsmöglichkeiten in
dem betreffenden

,

AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Oktober 1956

betreffenden Beruf und über die Bezahlung.
Die bei der Versammlung anwesenden Frauen waren von dieser Einrichtung begeistert. Sie war eine der ersten ihrer Artj das Programm
des Arbeitsministeriums sieht für das gesamte Gebiet der Vereinigten
Staaten ähnliche Veranstaltungen vor.

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kostenlos folgende Bilden

1)

Mrs. Alice K. Leopold, Unterstaatssekretär im
US-Arbeitsministerium, führte bei der Versammlung in Boston den Vorsitz. Vertreter aus dem
Geschäftsleben, der Industrie, den Gewerkschaften, der Schulen und der Verwaltung hatten sich
zur Verfügung gestellt, um den arbeitsuchenden
älteren Frauen Auskünfte und Rat zu erteilen.
Diese von dem US-Arbeitsministerium inspirierte
und mit Hilfe öffentlicher und privater Stellen
durchgeführte Versammlung gehört zu einem Programm, das eine Reihe gleicher Veranstaltungen
in den Vereinigten Staaten vorsieht.

2)

Berufsberater und Personalsachbearbeiter standen
den Frauen zur individuellen Beratung zur Verfügung. Sie gaben über die Berufsaussichten und
Ausbildungsmöglichkeiten auf den verschiedenen
Gebieten Auskunft. Auf unserem Bild erhalten
Frauen Auskunft über den Krankenpflegeberuf.

* * * * * * *

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Oktober

1956

EIN KRANKENHAUS, DAS DIE LIEBE BAUTE
Von Dr. Howard A. Rusk

Copyright: "The New York Times"
Quellenangabe erforderlich
(60 Zeilen)
KANSAS CITY - (AD) - In dem blitzsauberen Räume des soeben renovierten 92-bettigen neuen Krankenhauses von Kansas City im Staate
Missouri hörte eine dunkelhäutige Baptistin das katholische Pontifikalamt des Osterfestes 195& aus einem Rundfunkgerät, das am Bette ihrer
weißen Bettnachbarin stand. Am Montag vorher war sie Zeuge des Passahfestes, einer Übertragung aus dem gleichen Apparat, das an diesem Tage
aber am Bette einer jüdischen Zimmergenossin aufgestellt war. Wenig
später, am selben Ostertage, hatte man ihr das Radio ans Bett gestellt,
damit auch sie Gelegenheit habe, die Osterzeremonie ihrer eigenen
Kirche zu hören.
Diese Tatsache allein aber gab ihr nicht die innere Stärke, die
von ihr ausstrahlte. Diese hatte Zeit gehabt zu wachsen seit jenem
Tage, da man sie in dieses großartigste aller Krankenhäuser von Kansas
City eingewiesen hatte, das keinen Unterschied der Person kennt, gleich
welcher Herkunft, Rasse oder Religion.
Genau wie die Aufhebung der Rassentrennung in den öffentlichen
Schulen des amerikanischen Südens ihre Zeit braucht, so war auch dieses Krankenhaus, das sich "Queen of the World Hospital" nennt, was
Königin des Welthospitals heißt, nicht über Nacht gekommen, schon gar
nicht in diesem mittelwestlichen Grenzstaat, dem seit Jahrhunderten
die Rassentrennung Tradition gewesen ist.
Zehn Jahre lang war dem Wohlfahrtsamt von Kansas City der Mangel
an Krankenbetten

für die Negerbevölkerung der Stadt, die immerhin 1 S'/o

der Einwohnerschaft ausmacht, ein Dorn im Auge gewesen. Obgleich die
Stadt über ausgezeichnete Negerärzte verfügt, gab es außer dem städtischen Krankenhaus nur noch eine Klinik, die Negerärzte praktizieren
ließ. Der Erfolg war, daß die Negerpatienten sich mangels Krankenhausbetten in die vorbildlich eingerichtete Universitätsklinik einweisen
ließen, wo sie allerdings nicht von ihren eigenen Ärzten behandelt werden

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Oktober

1956

werden konnten, da diese Klinik als Hochschulinstitution ihr eigenes
festeß Ärzte- und Klinikpersonal hatte. Das hatte außerdem die wenig
erfreuliche Auwirkung auf die gesamte farbige Ärzteschaft der Stadt
insofern, als sie so mancher wertvollen Erfahrung in der Krankenhauspraxis verlustig ging. Dieser Zustand war ein echter Übelstand, dem
man baldmöglichst abhelfen mußte. Im Jahre 1952 wandte sich daher das
jüdische Komitee der Stadt an Bischof Edwin V. O'Hara mit der Bitte,
das Wöchnerinnenheim St. Vinzenz in ein Negerhospital umbauen zu
dürfen. Der aber lehnte ab, mit der Maßgabe, daß er an einem Negerhospital nicht interessiert sei, wohl aber an einer Institution, die
allen Hilfebedürftigen und Kranken, gleich welcher Rasse, Hautfarbe,
Herkunft oder Religion, ihre Pforten öffne.
In einer großartigen Werbekampagne für das neue Krankenhaus samme
ten und stifteten die Bürger von Kansas City die notwendigen 500 000
Dollar.
Das neue Haus steht unter der Leitung von 16 Dominikanerinnen,
von denen zwei ausgebildete Ärztinnen sind. Es erübrigt sich zu erwähnen, daß auch die Ärzteschaft und das Personal sich aus Angehörigen verschiedener Rassen und Konfessionen zusammensetzt. Dasselbe
gilt für die Mitglieder des Aufsichtsrats. Einer der größten Vorteile,
die das neue Krankenhaus den farbigen Ärzten von Kansas City bietet,
ist, daß sie hier klinische Erfahrung sammeln können.
Wie stolz die Einwohner von Kansas City auf ihre von reiner
Menschlichkeit getragene Errungenschaft sind, braucht nicht besonders
betont zu werden. Sie ist ein gutes Beispiel der Toleranz, des gegenseitigen Verstehens und der mildtätigen Liebe für alle.
(Aus "The New York Times"
-Quellenangabe erforderlich ACHTUNG REDAKTION!

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Sechzehn Dominikanerinnen leiten das neue Hospital
in Kansas City, das die Liebe gebaut hat. Blick
in einen Tagesraum der Kinderstation.
* * * * *

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Oktober 1956

WER KEINE KONFEKTION KAUFEN WILL ...
Schneiderwettbewerb amerikanischer Hausfrauen auf der
New Yorker Modewoche
(56 Zeilen)
NEW YORK - (AD) - Die fertigen Kleider saßen nie 30 recht. Die
Brust war zu flach, die Hüften zu breit, die Arme zu lang. Man ging
über zum Selbst-Nähen....
Selbstschneidern ist in den USA ein vielgeübtes "hobby", das,
unterstützt von dem alljährlich von den Singer-Nähmaschinen-Werken
veranstalteten Schneiderwettbewerb, neuen Auftrieb erhielt. Er wurde
kürzlich in New York ausgetragen.

Die Teilnahme war enorm - über

50 000 amerikanische und kanadische Frauen zeigten ihre Kunst.
Schließlich kamen 33 ins Finale, das den Höhepunkt der Modewoche im
New Yorker Coliseum, dem großen neuen Messehaus, bildete. Durch Mitwirkung von 30 Firmen bot die Woche einen Überblick über die neuesten
Schöpfungen der Mode und Tricks, die das Selbst-Schneidern und die
Raumgestaltung erleichtern. Rund 12 000 Menschen drängten sich täglich
zu den Ausstellungen, Modeschauen und zum Schneiderwettbewerb.
Das Können jeder Teilnehmerin wurde nach zwei Kreationen beurteilt,
einer, die sie für sich selbst bereits gearbeitet hatte, und einer, die
sie für ein ihr zugeteiltes Mannequin wählen und "schau-nähen" mußte.
Drei ?S£S lang steckten, schnitten, nähten und bügelten die Bewerberinnen in je einer vollständig ausgestatteten Schneiderstube hinter
Glasfenstern, die dem Publikum das Zusehen gestatteten. Die Jury setzte
sich aus sechs Damen zusammen, von denen drei über die schneidertechnischen Fähigkeiten und drei über das modische Verständnis der Rivalinnen
zu entscheiden hatten. Den zehn Siegerinnen wurden Preise von 500 bis
25OO Dollar zuerkannt.
Den Grand Prix gewann eine kleine Frau von 39 Jahren, die vor
15 Jahren mit Schneidern angefangen hatte, Mrs. Floreine Doss. Für sie
ist die Schlacht schon halb gewonnen, wenn sie den richtigen Schnitt
und das passende Material gewählt hat. Für sich selbst wählt sie immer
Muster und Macharten, die strecken. Den Wettbewerb gewann sie mit einem
Mantel aus ganz feinem schwarz-weißen Tweed, der von oben bis unten
durchgeknöpft wird. Für ihr Mannequin arbeitete sie ein Ensemble aus

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Oktober 1956

aus zweierlei Grau, wobei das Anthrazit des Mantels mit dem Weißgrau
des schmalen Kleides abgefüttert ist. Ein farbiger Akzent wird durch
einen roten Schal geschaffen.
Mrs. Doss näht für sich und ihre vier Kinder alles selbst. Sie
findet, daß es besser paßt und daß sie dabei außerdem beachtlich viel
Geld spart. Sie näht durchschnittlich 14 Stunden in der Woche und
schafft in dieser Zeit zwei Kleider oder Röcke oder Schlafanzüge oder
was eben sonst gerade an Neuem geplant ist.
Den zweiten Preis gewann eine Veteranin auf dem Gebiet des Selbstschneiderns, Mrs. Joseph G. Smith aus Virginia Beach, die seit 22 Jahren
all ihre Sachen selbst näht. Ihre Paradestücke waren ein Jackenkleid aus
marineblauem Leinen und ein schwarzes Wollensemble.

Mrs. Smith, die

schöne Kleider und moderne Möbel liebt, findet, daß sie durch das Selbstschneidern genau den Stil, die Qualität und die persönliche Note haben
kann, die sie wünscht. Sie sitzt etwa zehn Stunden wöchentlich an der
Nähmaschine. Hinzu kommt, daß sie mit ihrem Mann, einem Marineflieger,
zusammen Möbel macht:

er schreinert und sie polstert.

Eine französische Kriegsbraut, Mrs. Simone Taylor, wurde mit dem
dritten Preis ausgezeichnet. Sie ist ein Neuling auf dem Gebiet der
Nadelarbeit. Vor fünf Jahren hat sie ihre ersten Versuche gemacht, als
sie für ihre Wohnung Vorhänge nähen mußte. Seitdem schneidert sie für
sich und ihren kleinen Buben. Es gibt ihr das Gefühl, schöpferisch tätig
zu sein. Für den Wettbewerb arbeitete sie sich ein beiges, für ihr
Mannequin ein grünes Wollkleid.
ACHTUNG REDAKTION!

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DIENST kostenlos folgendes Bild»
Wie angegossen sollen die Kleider sitzen, die von
den amerikanischen Hausfrauen im Schneiderwettbewerb
den Mannequins auf den Leib geschnitten werden. Jeder
Teilnehmerin steht eine separate, mit allem Notwendigen ausgestattete Nähstube zur Verfügung. Durch
eine Glaswand können die Besucher des New Yorker
Coliseums das Entstehen der Kleider beobachten.
* * * * *

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i
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"AMERIKA PIEKST" - FÜR DIE FRAU

Oktober 1956

KURZNACHRICHTEN FÜR DIE FRAU
ERWEITERTES ALTERSVERSORGUNGSGESETZ FÜR FRAUEN
(18 Zeilen)
WASHINGTON - (AD) - Der 84.Kongreß erließ kürzlich ein Gesetz, mit
dem durch die Herabsetzung des Versicherungsschutzalters für Frauen von
65 auf 62 Jahre an die 800 000 Frauen nunmehr in den Genuß einer Altersrente kommen.
Der finanzielle Verlust ist gering} Frauen, die mit Vollendung des
62.LebensJahres Antrag auf Auszahlung ihres Pensionsanspruchs stellen,
erhalten 80 Prozent der ihnen mit 65 Jahren zustehenden Rente, Frauen
von bereits pensionsberechtigten Arbeitnehmern 75 Prozent, Witwen und
Mütter mit von ihnen abhängigen Kindern erhalten die Pension in voller
Höhe ausbezahlt.
Die monatliche Zuwendung, die sich jeweils nach der Höhe des Lohns
des Arbeitnehmers richtet, wird von Arbeitnehmer und Arbeitgeber gemeinsam getragen. Der Beitrag zur Pensionskasse beträgt jeweils zwei Prozent
des versteuerbaren Einkommens.
1
\

Bereits im ersten Jahre des Inkrafttretens dieser neuen Verfügung
werden zusätzlich 200 000 Witwen, 500 000 weibliche Arbeitnehmer und
300 000 Frauen pensionierter Arbeiter Anspruch auf die sogenannten
"government retirement benefits" haben.
* * * * *

DENKMAL FÜR HANS CHRISTIAN ANDERSEN
)

(7 Zeilen)
NEW YORK CITY - (AD) - Dänische Schulkinder, die dänisch-amerikanische
Frauenvereinigung und die Stadtverwaltung von New York kommen gemeinsam für
die Kosten der Errichtung eines Denkmals auf, das in einem der großen Parks
von New York stehen und dem Andenken an Hans Christian Andersen, den unsterblichen Märchenerzähler Dänemarks, gewidmet sein wird.
Auf den das Denkmal umstehenden Bänken werden hier in diesem Refugium
der Phantasie regelmäßig Märchenstunden für Kinder abgehalten werden.
* * * * *

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Oktober 1956

SEMINAR FÜR STAATSBÜRGERLICHE ERZIEHUNG DER FRAUEN
(lO Zeilen)
GENF - (AD) - Die Vereinigten Staaten haben in Zusammenarbeit
mit den Vereinten Nationen ein Seminar "Staatsbürgerliche Erziehung
der Frauen" eingerichtet, das 1957 in den USA stattfinden wird. Zweck
des Unternehmens ist, Frauen aus asiatischen Mitgliedstaaten der UN
und ihren Sonderorganisationen zusammenzuführen und ihnen aufzuzeigen,
wie wichtig es ist, die Frauen staatsbürgerlich zu schulen und sie auf
ihre in diesen Ländern vielfach neuen Rechte und Pflichten aufmerksam
zu machen. Das Seminar soll gleichzeitig ein Musterbeispiel sein für
ähnliche Treffen, die in der Folge regelmäßig in den verschiedenen
Ländern abgehalten werden sollen.
* * * * *

BERUF - HEIM - FAMILIE
(17 Zeilen)
WASHINGTON - (AD) - "Berufstätige Frauen können durchaus ihrer
Doppelaufgabe in Beruf, Heim und Familie gerecht werden',' das ist die
Ansicht der Präsidentin der Home Economics Association, des Verbandes
für Hauswirtschaftierinnen, einer privaten Berufsorganisation in den
USA.
Bevor eine verheiratete Frau den Entschluß faßt, eine Arbeitsstelle anzunehmen, so rät Catharine Dennis, sollte erst ein Familienrat einberufen werden. Jedes Familienmitglied sollte bereitwillig einen
Teil der "Hausfrauen"-Pflichten mitübernehmen»und auch die Dienstleistungen der Kinder sollten volle Anerkennung finden.
Die Ursache für die neuerdings steigende Tendenz der Berufsarbeit
der verheirateten Frau liegt, so führt C.Dennis aus, im hohen Stand der
amerikanischen Wirtschaftsproduktion, die

a) ein starkes Arbeitspoten-

tial verlangt, das eine starke Reserve in der Mitarbeit der verheirateten Frau findet,

b) ein kaufkräftiges Verbrauchertum, das nicht zuletzt

durch die von der Ehefrau zusätzlich verdienten Dollar gestützt wird und
c) Frauen, die sich ihrer doppelten Verantwortung als Hausfrau, Berufskollegin und Mutter durchaus bewußt sind.
* * * * *

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"AMERIKA PIEKST" - FÜR DIE FRAU

Oktober 1956

PASSIVE ZUHÖRER SIND NICHT ERWÜNSCHT
(17 Zeilen)
NEW LONDON (Connecticut) - (AD) - Die amerikanische Frauenrechtlerin

und Angehörige eines Klubs ist keineswegs mehr jene

vielbelachte Figur satirischer Zeitschriften (die meist von Männern
gemacht wurden), wie dies vor wenigen Jahrzehnten noch gang und gäbe
war. Sie ist heute ein wesentlicher Faktor im öffentlichen Leben einer
Gemeinde. Zu dieser Feststellung kam die Leiterin des Amtes für Frauenfragen von Connecticut.

Mrs. Chase Going Woodhouse, ehemaliges Mitglie

des amerikanischen Kongresses, ergriff anläßlich der kürzlich stattgefundenen sechsten Jahrestagung der Frauenverbände von Connecticut,
an der über 500 Vertreterinnen teilnahmen, das Wort und sagte unter
anderem 1 "

anstatt sich in allgemeinen Phrasen über die Wohlfahrt

des Volkes zu ergehen, haben die Frauenklubs aktive Hilfe in jeder
Form geleistet. Ihre Arbeit beschränkt sich nicht allein auf lokale
Angelegenheiten, jede Organisation in Connecticut, hat 'ihr' internationales Hilfeprogramm. Die Klubs legen Wert auf diese aktive Mitarbeit, passive Zuhörer sind nicht erwünscht. Nur aus der aktiven
Arbeit kommt das nötige Selbstvertrauen...."

* * * * *

US-FAMILIENEINKOMMEN 1955 UM SECHS PROZENT GESTIEGEN
(5 Zeilen)
WASHINGTON - (AD) - Das Familieneinkommen in den USA ist
nach Angaben des amerikanischen Handelsministeriums

1955 um rund

sechs Prozent gestiegen. Da die Preise im gleichen Zeitraum nahezu
stabil geblieben seien, bedeute dies für die amerikanischen Familien
eine beachtliche Kaufkraftsteigerung.

* * * * *

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

November 1956

DIE FRAU ALS BOSS
Von Katharine Hamill

CHICAGO - (AD) - Allgemein galt der amerikanischen Frau die Bewunderung, der Neid, der Wunschtraum und das Bedauern vieler anderer Frauen in
aller Welt. Sie ist ein viel diskutiertes Thema.
Es sind nahezu vierzig Jahre her, daß die amerikanische Legislative der Partnerin aus den Pioniertagen des Kontinents das allgemeine Wahlrecht zugestand. Mit dieser politischen Gleichberechtigung
öffneten sich ihr auch die Ylege in die Verantwortungsbereiche der Männer. Wieweit sie es bis heute,
in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts, darin gebracht hat, ist Gegenstand unserer nachfolgenden
Artikelreihe, die wir in drei Teilen der großen
Wirtschaftszeitschrift "Fortune" entnehmen.
(Bei Nachdruck ist Quellenangabe unbedingt erforderlich)

TEIL I
(80 Zeilen)
Das Vordringen der Frau in den Bereich der Manager
Es gibt heute mehr Frauen in leitenden Stellungen als vor fünfzehn
Jahren, vor fünf Jahren oder auch noch vor einem Jahr. Der Widerstand
der Männer, ihnen Verantwortlichkeit zu übertragen, scheint im Schwinden
begriffen. Das heißt nicht, daß die historisch bedingten Schranken, die
Frauen den Zugang zu höchsten Stellungen verwehren, zerbröckelt sind.
Aber die Risse an der Oberfläche.weiten sich. Und wenn eine Frau in
einem Unternehmen, das den Frauen gegenüber skeptisch eingestellt war,
gute Arbeit leistet, wird es für die nächste Frau leichter sein, aufzusteigen.
Manches Unternehmen gestattet es Frauen, an seinen ManagementKursen teilzunehmen und eine Frau in einer heutigen Vorstandskonferenz
bedeutet für die Männer einen weniger großen Schock als noch vor einigen
Jahren. Einige große Gesellschaften haben Frauen geradezu in den Konferenzraum hineingedrängt.
Wirkliche Möglichkeiten für Frauen in Geschäft und Beruf begannen
sich im zweiten Weltkrieg zu eröffnen. Seither haben sie sich - weit entfernt davon, mit der Rückkehr der Männer wieder abzusinken - ständig er^.

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

November 1956

erhöht. Heute trifft man Frauen an der Spitze oder nahe der Spitze
von Textilunternehmen, Ingenieurbüros, Brauereien, Banken und Kreditinstituten sowie von Einzelhandelsgeschäften, Zeitungen und Zeitschriften, Werbebüros, Public Relations- und Maklerfirmen. Wachsende
Chancen für Frauen bieten sich nicht nur auf den ihrer Natur entgegenkommenden Gebieten, wie Mode, Publizistik, Personalwesen, Radio und
Fernsehen, sondern auch auf dem Gebiet der Forschung und Technik.
Die Zahl der Frauen, die unter die Kategorie Manager, Beamte und
Geschäftsinhaber fallen, ist zwischen 1940 und Januar 1956 von 450 000
auf eine Million angestiegen. Gleichzeitig erhöhte sich noch die Zahl
der Frauen in technischen und anderen gehobenen Berufen um 53 Prozent,
nämlich von 1 570 000

auf

2 400 000.

Unter die Kategorie Manager,

Beamte und Geschäftsinhaber fallen auch die Besitzerinnen kleiner Restaurants und Läden sowie jede der Betriebsführung angehörende Frau, die mehr
als aufsichtsführende Funktionen hat, ohne dabei in wirklich "leitender
Position" zu sein. Die Zahl der Frauen in solchen Positionen ist - im
wahrsten Sinne des Wortes -

zweifellos gering. Man schätzt sie bei viel-

leicht einer Viertel Million solcher Positionen auf nicht höher als 5000.
Weniger als 40 000 Amerikanerinnen - das sind weniger als 0,2 Prozent
aller weiblichen Berufstätigen - verdienen 10 000 Dollar im Jahr. Eingerechnet sind hier auch Schauspielerinnen, Filmstars und Einkäuferinnen.
Zwei Drittel der 1,9 Millionen Frauen, die 1950 in technischen und
anderen gehobenen Berufen arbeiteten, waren Lehrerinnen (865 000) und
Krankenschwestern (390 000). Im Jahre 1950 gab es aber auch 57 000
Rechnungsprüferinnen gegenüber 18 000 im Jahre 1940 und 29 000 Redakteurinnen und Reporterinnen gegenüber 15 000 im Jahre 1940.
Bedeutend an Terrain gewonnen hat die Frau in den höheren Berufsgruppen. Obwohl Frauen nur ein Prozent aller Ingenieure in den Vereinigten Staaten stellen, hat sich die Zahl zwischen 1940 und 1950 verneunfacht - von 730

zu

6475 -» und der Bedarf scheint heute, insbe-

sondere in der Flugzeugindustrie, unbegrenzt zu sein.

Die Zahl der

weiblichen Rechtsanwälte und Richter ist von 4185 im Jahre 194O auf
6255 angestiegen, die der weiblichen Ärzte von 76IO
Architekten von 475

auf

935«

auf

11 715» der

Die Gesamtzahl der Frauen in diesen Be-

rufsgruppen hat sich fast verdoppelt - von 14 255

auf

27 425.

Was sind nun - in großen Zügen - die Kräfte, die Frauen in den Beruf treiben und ihnen hier und da den Weg zu höchsten Ämtern ebnen?

I
!
(
"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

November 1956

1. Da ist zuerst natürlich die Wirtschaft, die seit 15 Jahren in
einer ständigen Expansion begriffen ist und dadurch Millionen neuer
Arbeitsplätze geschaffen hat. Und das größte Reservat für Arbeitskräfte stellen in den USA die Frauen. Die Zahl der berufstätigen Frauen
ist von 14 Millionen im Jahre 1940 auf 21 Millionen angestiegen und
jeder dritte Beschäftigte - außerhalb der Landwirtschaft - ist heute
eine Frau. Da der Anteil der Frauen an der berufstätigen Bevölkerung
gewachsen ist, wäre es für natürlich, daß allmählich mehr von ihnen in
leitende Positionen aufsteigen.
2. Eine andere Folge der "Prosperity" ist, daß heute mehr Frauen als
früher eine College-Bildung erhalten. Gleichwohl ist die Proportion zwischen Studentinnen und Studenten seit 1940 i n etwa die gleiche geblieben.
Von den 6 7"l6 000 jungen Menschen, die 1952 an den amerikanischen Colleges
graduierten, waren 2 930 000 Frauen;

von den 3 400 000, die 1940 abgingen,

waren 1 386 000 Frauen. Unter den 2,4 Millionen jungen Amerikanern, die
im Augenblick ein College besuchen, sind nur 800 000 Frauen.
3. Abgesehen von der Prosperität besteht kein Zweifel darüber, daß
ü * Leistungen, die Frauen während des Krieges in Industrie und Handel
vollbracht haben, die Grenzen verwischt und Vorurteile beseitigt haben.
Das Ergebnis von all dem scheint zu sein, daß die Männer heute weniger Angst haben, eine Frau am Konferenztisch könnte die altehrwürdigen
männlichen Gepflogenheiten verderben, und die Frau in der Welt des Mannes
könnte versuchen, "wie ein Mann zu handeln" (obwohl die Männer bewundernd
sagen: "Sie denkt wie ein Mann!"). Und die alte Ansicht, daß Frauen "zu
sehr gefühlsbetont", "zu subjektiv" sein könnten, ist manchmal der Überzeugung gewichen, daß es für das Geschäft ein Gewinn sein kann, wenn eine
Frau eine Sache gefühlsmäßig und subjektiv behandelt.
ACHTUNG REDAKTION'.

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1) Dorothy Shaver, seit 1946 Präsidentin des großen New Yorker
Warenhauses Lord & Taylor, in dem sie 1927 eine Direktorenstellung erhielt.
2) Eine "Businessfrau" geht ins Büro. Die Männer haben sich daran gewöhnt, daß sie die Entscheidungen trifft und daß sie den Konferenzraum
mit einem "Bitte, behalten Sie Platz" betritt und das Präsidium übernimmt.
* * *

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

November 1956

TEIL II
(130 Zeilen)
Stellt die Frau wirklich ihren Mann?
Kann eine Frau wirklich einen Beruf so ausfüllen wie ein Mann?
Die Antwort, die wohl die meisten erfolgreichen Frauen geben, würde
viele Geschäftsleute als paradox verblüffen. Denn die berufstätigen
Frauen von heute haben den alten frauenrechtlerischen Kampf um ihre
Anerkennung als "Mensch" weit hinter sich gelassen. Sie will um ihrer
besonderen Fähigkeiten willen, die denen des Mannes entsprechen, anerkannt werden.
Die "besonderen" Fähigkeiten von Frauen in leitenden Positionen
waren Gegenstand einer Untersuchung der Social Research, Inc., in
Chicago. Eine Studie am Beispiel von 60 erfolgreichen Frauen ergab,
daß die Frau im allgemeinen über einen ausgeprägten Sinn für das Praktische, über Organisationstalent, Takt und Anpassungsfähigkeit verfügt,
daß sie ungewöhnliche Energie und Selbstvertrauen besitzt und sich
über Erfolge freut.
Die Hindernisse, die der Frau noch im Weg stehen, werden wahrscheinlich schwinden, wenn sie sich ernsthaft auf einen höchsten Verantwortungsbereich vorbereitet und sich so hart wie ein Mann um eine
Stellung bemüht, und um sie zu halten - vielleicht sogar härter. Es
gibt keinen wissenschaftlichen Beweis, daß die Fähigkeiten der Frauen
größer oder geringer als die der Männer sind. Die Anthropologin und
Soziologin Dr. Margaret Mead sagtt "Für eine normale Arbeit - auf jeder
Ebene - können Frauen alles, was es nur gibt, lernen und kompetent ausführen. Aber wir wissen nichts über die schöpferische Ader - Männer
mögen darüber auf dem Gebiet der Mathematik, Physik und Musik verfügen."
Unwillkürlich erinnert man sich an die Namen einiger ungewöhnlicher Frauen in leitenden Positionen, zum Beispiel Dorothy Shaver, 58,
seit 1946 Präsidentin von Lord & Taylor, dem großen New Yorker Warenhaus, dem sie mit viel Eleganz eine ganz persönliche Note gab; oder
Oveta Culp Hobby, 51, Herausgeberin der "Houston Post", die der erste
Minister für Gesundheits-, Srziehungs- und Sozialfragen der USA war}
oder Anna Rosenberg, 54, Beraterin für Public Relations und ehemals
Unterstaatssekretär im amerikanischen Verteidigungsministerium} oder

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November 1956

oder Elsie Murphy, 49, Präsidentin des Textilunternehmens S. Stroock
& Co.

Diese vier haben wie die anderen amerikanischen "Karriere-

Frauen" wenig gemeinsam mit den frühen Frauenrechtlerinnen, die sich
in die Berufe der Männer hineinkämpften und sich damit um alle Gunst
der Männer brachten.

Sie haben außergewöhnliche Fähigkeiten, außerge-

wöhnliche Energie und Elan.

Außer Miss Shaver sind alle verheiratet

und haben Kinder. Sie versuchen nicht, die Männer in der Art, wie diese sich geben, zu kopieren. Sie bringen eigenes Können und Takt mit.
Eine weitere "Managerin", Frances Corey, Vizepräsidentin des Warenund Versandhauses Macy, sagt: "Ich bin froh, daß ich eine Frau bin.
Ich finde, daß ich als Frau etwas Positives beitragen kann. Ich habe
keine Qualifikations-Komplexe, wie ein Mann sie haben würde. Ich reagiere gefühlsmäßiger als er - und Gefühl ist ein sehr notwendiger Artikel .
Die meisten der ausnehmend erfolgreichen Frauen sind in Kleinoder Mittelbetrieben hochgekommen. Trotz schwindender Vorurteile hat
man Frauen in den ganz großen Unternehmen noch keine Spitzenstellung
gegeben. Bei den großen Unternehmen ist man etwas verlegen, dies zugeben zu müssen. Als Begründung wird gewöhnlich angeführt, daß Frauen
Stellungen nicht als Lebensstellungen ansähen, daß Frauen nicht entsprechend vorgebildet seien und daß sie vor Verantwortung zurückschreckten. In allen drei Gründen steckt Wahrheit. Frauen sehen ihre
berufliche Tätigkeit gewöhnlich als zeitlich begrenzt an, und viele
sind nicht genügend ausgebildet oder in der Lage, Verantwortung zu
übernehmen.
Aber es gibt Männer in leitenden Positionen, die zugeben werden,
daß es vereinzelt Frauen gibt - und ihre Zahl steigt ständig -, deren
Fähigkeiten von männlichen Arbeitgebern nicht erkannt werden und die
durch Tradition und Vorurteil am Vorwärtskommen gehindert werden. Sie
werden schlechter bezahlt als Männer in vergleichbaren Stellungen.
Eine der seltenen

Frauen, die ganz oben sind, wie Dorothy Shaver,

verdient vielleicht 150 000 Dollar im Jahr. Im allgemeinen wird eine
Frau in leitender Position, die zwischen 12 000

und

20 000 Dollar ver

dient, als wirklich blendend verdienend betrachtet.
Einige wenige Themen kehren bei den Erörterungen der Arbeitgeber
über die Aussichten der Frau für höchste Positionen immer wieder.
Dwight

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

November 1956

Dwight Joyce, der Präsident von Glidden Co. in Cleveland erklärt:
"Wir haben nie Mädchen gehabt, die nach den obersten Positionen strebten. Sie arbeiten bis sie heiraten oder noch ein bißchen länger, bis
sie Babys bekommen. Die meisten Frauen, die ich gesehen habe, sind von
Natur aus nicht für die höchsten Stellungen geeignet. Ich glaube nicht,
daß sie hart genug sind. Eine Frau in leitender Position schafft ein
psychologisches Problem. Die Leute arbeiten nicht gern für Frauen. Dies
ist etwas Grundlegendes, das nicht überwunden werden kann. Solange wir
Familien haben, werden Frauen im Geschäftsleben behindert sein."
Annete Ducheon, Vizepräsidentin der Spartan Mills, Spartanburg
(Süd-Karolina) sagt: "Ich glaube absolut, daß Frauen in die höchsten
leitenden Stellungen kommen können, wenn sie es nur wollen. Aber verhältnismäßig wenige haben in ihrem Inneren den Entschluß gefaßt, eine derartige
Karriere einschlagen zu wollen."
Der Direktor einer Detroiter Autofabrik meint: "Frauen sind nicht in
der Lage, die Spannungen und Anstrengungen des Geschäftes auszuhalten."
Der Direktor eines anderen Detroiter Autowerks erklärt: "In den
höchsten Stellungen findet man keine Frauen, weil sie nicht genug Interesse am Geschäft haben, um 30 Jahre ihres Lebens zu opfern, um sich
nach oben zu arbeiten."
Margaret Divver, Werbeleiterin bei John Hancock Mutual Life, Boston,
vertritt folgende Meinung: "Das Vorwärtskommen der Frau hängt weitgehend
von ihrer Initiative ab, die wiederum mit der Bereitschaft, ein Opfer zu
bringen, zusammentreffen muß. Frauen wollen einfach den Preis nicht bezahlen ."
Mangel an Ausdauer - ob tatsächlich oder eingebildet - ist wahrscheinlich die Wurzel für das Widerstreben der Arbeitgeber, Frauen für höhere
Positionen auszubilden und sie aufrücken zu lassen, wenn sie es verdienen.
Die meisten von der Schule oder vom College kommenden jungen Frauen möchten arbeiten, wenigstens bis sie heiraten und Kinder haben - und alle,
abgesehen von einem Bruchteil, wollen heiraten und Kinder haben. Eine
Untersuchung, die von Dr. Mirra Komarovsky von der Columbia-Universität
an verschiedenen Colleges angestellt worden ist, zeigte, daß 90 Prozent
der Studentinnen arbeiten wollten; von diesen beabsichtigten 50 Prozent,
wieder aufzuhören, wenn sie verheiratet wären und Kinder hätten; 20 Prozent wollten auf jeden Fall ständig weiterarbeiten, ob verheiratet oder

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

November 1956

oder nicht} 30 Prozent wollten mit der Arbeit aussetzen, solange sie
ihre Kinder großzögen, und dann wieder in den Beruf zurückkehren.
Es steht außer Zweifel, daß viele der vom College kommenden jungen
Frauen, die einen Beruf ausüben, diesen als zeitlich begrenzt ansehen
und sich nicht auf ihn vorbereiten oder so intensiv in ihm arbeiten
wie junge Männer, die wissen, daß sie ihr ganzes Leben arbeiten werden.
Diese Betrachtungsweise führt dazu, was der große Psychologe Professor
Dael Wolfle

den Circulus vitiosus der Frau genannt hat»

Die Frau in-

vestiert nichts in akademische Studien oder Sonderausbildung, weil sie
fürchtet, dies sei auf einem feindlichen Markt verschwendet} andererseits hat sie wenig Chancen, vorwärtszukommen, weil sie nicht genügende
Vorbildung hat."
Es ist natürlich wahr, daß sehr viele Frauen - etwa zwei Drittel ihren Arbeitsplatz aufgeben, wenn sie heiraten und Kinder bekommen. Die
Arbeitgeber - gewöhnlich Männer - haben eine gewisse Rechtfertigung für
ihren mangelnden Eifer, für die Aus- und Weiterbildung und das Vorwärtskommen der berufstätigen Frau zu sorgen. Jüngere Männer, deren Mütter oder
Frauen gearbeitet haben, scheinen weniger an herkömmlichen Ansichten über
die Frau im Beruf zu hängen. Sie scheinen eher bereit zu sein, ihr in
einer guten Stellung eine Chance zu geben. Und selbst in Gegenden, wie
im Süden und bis zu einem gewissen Grade auch im fernen Westen der Vereinigten Staaten, wo die Ansicht herrscht, die Frau gehöre an den Kochtopf oder an die Schreibmaschine, scheint der Weg für die Frau freier
zu werden.
Die einzige Management-Schule, die ausschließlich für Frauen bestimmt ist, führt das Harvardi-Radcliffe-Programm für Business Administration durch. In diesem Jahr wird sie von 79 Studentinnen besucht. Frauen
sind jedoch auch an fast allen anderen betriebswirtschaftlichen Fakultäten zugelassen, wo sie einen Prozentsatz von fünf bis zehn Prozent stellen.
Gut, es scheint, der Frau an Ausdauer und Vorbildung zu fahlen. Hinzu
kommt, daß es ihr in ihrer Angst vor Verantwortlichkeit widerstrebt, sich
um ihr Vorwärtskommen zu bemühen, und sie eher dazu neigt, sich in einer
sicheren Stellung bei angemessener Bezahlung wohlzufühlen und jemand anderen
um Spitzenstellungen kämpfen zu lassen. Ferner halten viele Männer die
Frauen für "zu gefühlsbetont". Es wird auch häufig behauptet, daß Männer
nicht für Frauen arbeiten wollen, und Frauen nicht für Frauen arbeiten
Dr

wollen.

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Mead

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

November 1956

Dr. Mead glaubt, daß die Wurzeln für die Empfindlichkeit der
Männer gegenüber weiblichen Chefs bereits in den Entwicklungsjahren
liegen, wenn die geistige Reife der Mädchen früher einsetzt als die der
Jungen, die dann in der Schule ausgestochen werden. Und doch gibt es
Beispiele dafür, daß Frauen ohne Schwierigkeiten ihre Vorgesetztenposition ausfüllen.

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Betty V. Ossola - Hauptgeschäftsführer der
J. Ossola Company, einer New Yorker Lebensmittelimportfirma.
* * #

TEIL III
(95 Zeilen)
Das soziale Problem

-

Partnerin und Mutter

So viel von den Schwierigkeiten, von denen manche noch unverändert bestehen, manche im Schwinden begriffen sind. Warum versuchen die
Frauen dann ihr Glück in dieser halb vielversprechenden, halb feindlichen Welt?

Frauen in höher^ gestellten Positionen arbeiten aus demselben

Grund, aus dem Frauen in Fabriken arbeiten, was/derselbe Grund ist, aus
dem Männer arbeiten:

um Geld zu verdienen. Die alleinstehende Frau ver-

dient ihr Brot und unterstützt vielleicht noch Angehörige! die verheiratete Frau verbessert durch ihren Beitrag oft den Lebensstandard der
Familie, und selbst wenn ihr Mann eine gute Position hat, ist es viel*
leicht ihr Gehalt, das Extraausgaben und Luxus ermöglicht, vielleicht
auch eine bessere Schulausbildung für die Kinder, als die Familie,sich
sonst leisten könnte.
Dennoch gibt es so etwas wie ein Dilemma für eine verheiratete Frau,
die Kinder und ein ganz gutes Einkommen hat. Ihr Gehalt, zusammen mit dem
ihres Mannes, stuft die Familie in eine höhere Steuerklasse ein. Deshalb
und weil von dem Gehalt eine Haushälterin bezahlt werden muß (wenn sich
eine findet)/ plus ein Mehr an Kleidung, Essen im Restaurant, Fahrten
zwischen Wohnung und Arbeitsplatz und alles andere, was durch die Berufstätigkeit bedingt und nirgends abzuziehen ist, hat ihr Mann vielleicht
- 8 -

"ALIERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

November 1956

vielleicht das Gefühl, es lohne sich nicht, daß sie arbeite.
Geld ist natürlich nicht das einzige Motiv, und es steht außer
Zweifel, daß manch eine berufstätige Frau arbeitet, weil es ihr Spaß
macht - besonders die verheiratete, die nicht ihren Lebensunterhalt
verdienen muß. (Eine Untersuchung, die während des Krieges angestellt
worden ist, ergab, daß von 13 000 befragten Frauen 20 Prozent der verheirateten und nur vier Prozent der alleinstehenden arbeiteten, weil
es ihnen Freude machte.)

Rund 40 Prozent der verheirateten Amerikane-

rinnen gehen noch da« erste'Jahr nach der Heirat zur Arbeit, häufig,
um ihren Männern die Beendigung des College oder den Start ins Berufsleben zu erleichtern. Etwa 15 Prozent arbeiten weiter, selbst wenn sie
keine Kinder haben, oft, weil sie müssen, oft, weil sie sich zu Hause
einsam fühlen und langweilen.
Viele verwitwete oder geschiedene Frauen arbeiten wieder, und auch
Frauen mit erwachsenen Kindern kehren oft zu ihrem früheren Arbeitsplatz
zurück, um einen Beruf auszuüben, für den sie sich besonders interessieren,
oder vielleicht auch nur, um die Leere in ihrem Leben zu füllen. Zwischen
1940 und 1955f einer Zeit, in der die Gesamtzahl der berufstätigen Frauen
um 48 Prozent stieg, erhöhte sich die Zahl der über 45jährigen weiblichen
Berufstätigen um 170 Prozent.
Zur Zeit der militanten Frauenbewegung glaubten die Frauen, sie
müßten wählen zwischen Ehe und Karriere, zwischen Heim und Büro. Heute
können sie ganz selbstverständlich beides wählen^und sie tun es auch.
Der Preis, den eine verheiratete Frau, die Kinder hat, zahlen muß, um
eine leitende Position einzunehmen, ist hoch. Dennoch zahlt ihn eine
ganze Reihe von Frauen gern - mit einer gnädigen Verneigung vor ihrem
"kooperativen" und "verständnisvollen" Ehemann.
Manche Frauen lösen den Konflikt zwischen Ehe und Beruf dadurch, daß
sie eine Halbtagsstellung annehmen. Eine solche ist jedoch meistens schlecht
abbezahlt. Eine leitende Position/erfordert die ganze Zeit.
Man liest von Zeit zu Zeit, daß es in den Entwicklungsjahren der
Kinder keinen Ersatz für die Mutter gebe. Auf der anderen Seite konsultiert man vielleicht einen Kinderpsychologen, der sagt, daß es nicht
auf die Länge der Zeit ankomme, die Eltern mit ihren Kindern verbringen,
sondern darauf, wie diese Zeit ausgefüllt und angewandt wird, und daß, so
lange ein Kind nur Wärme empfängt, diese nicht unbedingt von seiner leib-

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

November 1956

leiblichen Mutter kommen müsse. Und natürlich wird eine Frau noch nicht
zu einer guten Mutter, nur weil sie zu Hause bleibt.
Die Frauen heiraten früher als vor dem zweiten Yv'eltkrieg und bekommen
früher und häufiger Kinder. Aus einer Erhebung am Sweet Briar College zum
Beispiel geht hervor, daß nur 55 Prozent der Absolventinnen des Jahres
1930 fünf Jahre nach der Graduierung verheiratet waren, gegenüber 80 Prozent
der Absolventinnen von 1945« Im Jahre 1955 waren 89 Prozent der Abschlußklasse von 1930 verheiratet, 93 Prozent der von 1945»
Die jungen Ehemänner dieser jungen Frauen verbringen viel Zeit - die
ihnen in reichlicherem Maße zur Verfügung steht als ihren Vätern -y mit
Hausarbeit und Kinderpflege. Die jungen Frauen haben die letzten technischen Neuerungen, die es ihnen erlauben, den Haushalt perfekt in Schuß zu
halten, ohne sich dabei stundenlang abzurackern. Viele Amerikanerinnen
sind mit dem Leben, so, wie es ist, zufrieden. Pädagogen und Soziologen
geben allerdings zu, daß es auch eine etwas unglückliche Gruppe von Frauen
gibt; diese glauben, daß die Arbeit, die sie zu Hause verrichten, weniger
wertvoll ist als die Arbeit, die Männer oder andere Frauen außerhalb des
Hauses leisten.

Umgekehrt gibt es alleinstehende Frauen, die Geld ver-

dienen und sich dabei nach dem "bequemen", gesicherten Leben ihrer verheirateten Schwestern im Haushalt sehnen.
Es gibt noch keinen klar vorgezeichneten Weg, dem die Frauen folgen
könnten.

"Die freie Frau wird gerade geboren", schreibt Simone de Beau-

voir in "Das andere Geschlecht". Ein Mann geht ganz automatisch zur Arbeit,
um sich und seine Familie zu ernähren. Eine Frau hat in gewisser Hinsicht
mehr Entscheidungsfreiheit, aber die Entscheidung ist oft schwer zu treffen,
und sie ist vielleicht nie ganz sicher, ob es die richtige war. Die Frau,
die im Beruf Erfolg hat, wird bewundert und manchmal auch bemitleidet.
Die Frau, die außer Hause arbeitet und ihre Kinder der Pflege einer Kinderschwester oder eines Kindergartens übe-rläßt, wird vielleicht schief
angesehen oder um ihrer Freiheit willen beneidet. Und die Frau, die zu
Hause bleibt, wird vielleicht kritisiert, "nur eine Hausfrau" zu sein.
Mädchen werden auf die mehr oder weniger}gleiche Art erzogen wie ihre
Brüder. Es wird ihnen gelehrt, daß die Geschlechter gleichberechtigt sind.
Aber selbst für die klügste, schwerstarbeitende junge Frau ist es vielleicht
schwierig, die Stellung zu bekommen, die sie möchte - wenn sie wirklich
weiß, was sie will. Sie wird wahrscheinlich nicht so gut bezahlt wie der
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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

November 1956

der Mann am nächsten Schreibtisch. Sie wird nicht so schnell vorwärtskommen. Aber es steht außer Zweifel, daß seit dem zweiten
Weltkrieg die Frauen im Berufsleben vorangekommen sind. Wenn
die heutige Nachfrage nach Führungspersönlichkeiten und technischen Begabungen anhält, werden sie noch mehr erreichen.

(Aus "Fortune")
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Wilma Soss - Präsidentin der Vereinigung
amerikanischer Aktionärinnen. Sie steht an
der Spitze einer Organisation, die Frauen
über Kapitalanlagen, deren Möglichkeiten,
Vor- und Nachteile informiert und berät.

* * * * * *

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T'M

•• •

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

November 1956

KURZNACHRICHTEN FÜR DIE FRAU

EIN SCHLÜSSEL FÜR DIE URSACHEN DER HASENSCHARTE
(22 Zeilen)
NEW YORK - (AD) - Wenn eine junge Mutter in einer gewissen
Periode ihrer Schwangerschaft eine schwere seelische Erschütterung
erleidet, so kann dies zur Entwicklung einer Gaumenspalte oder
Hasenscharte hei ihrem Kind beitragen. Diese Erkenntnis der beiden
amerikanischen Ärzte Lyon P. Strean und Lyndon A. Peer stützt sich
auf die Untersuchung von 2^2 Fällen. Die meisten der beobachteten
Mütter hatten zwischen der achten und zwölften Woche ihrer Schwangerschaft, der Zeit, in

der

sich der Oberkiefer des Embryos bildet,

schwere seelische Erregungen oder Erschütterungen durchgemacht.
Die Ergebnisse dieser Untersuchung lassen nach Aussage der Ärzte
die Folgerung zu, daß diese Abnormitäten nicht unbedingt erblich sind,
wenn auch 25 Prozent der beobachteten Mütter über das Auftreten einer
Gaumenspalte oder Hasenscharte bei einem anderen Familienmitglied berichteten. Die behandelnden Ärzte sind der Ansicht, daß möglicherweise ein Zusammentreffen von Erregungszustand - gleichgültig aus
welchen Ursachen - und erbliche*) Anlagen diese Mißbildungen hervorruft.
Weitere Tests ergaben, daß eine Gaumenspalte oder Hasenscharte
vermieden werden kann, wenn den Müttern in der kritischen Zeit entsprechende Mengen von Vitaminen und lebenswichtigen Mineralien verabreicht werden.
* * * * *

NANSEN-MEDAILLE FÜR DOROTHY HOUGHTON
(8 Zeilen)
GENF - (AD) - Die ehemalige Leiterin der Abteilung für Flüchtlinge, Umsiedlung und Freiwillige Hilfe im US-Amt für Internationale
Zusammenarbeit (iCA), Dorothy D. Houghton, ist für ihre hervorragenden
Verdienste auf dem Gebiet der Flüchtlingshilfe mit der diesjährigen
Nansen-Medaille in Bronze ausgezeichnet worden. Mrs. Houghton ist die
zweite Amerikanerin, der diese Anerkennung des Hohen Kommissars der_
- 12 -

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

November 1956

der UN für Flüchtlinge zuteil wurde. Im Jahre 1954 war Mrs. Eleanor
Roosevelt die Medaille verliehen worden.
* * * * *

EIN NEUES BUCH VON PEARL S. BÜCK
(10 Zeilen)
NEW YORK - (AD) - Die amerikanische Schriftstellerin Pearl S.
Bück, die 1938 mit dem Nobelpreis und 1932 mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet worden ist, hat soeben ein neues Werk abgeschlossen. Es
führt den Arbeitstitel "The White Bird" (Der weiße Vogel) und beschäftigt sich nicht, wie die meisten Bücher der Autorin, mit dem
Fernen Osten, sondern mit dem Leben in einer amerikanischen Vorstadt.
Im Augenblick bearbeitet Pearl Bück den Roman von Hilda Wernher
"My Indian Family" (Meine indische Familie) für die Bühne. "My Indian
Family" soll in der nächsten Saison als Singspiel am Broadway aufgeführt werden.

* * * * *

GEFLÜCHTETES UNGARISCHES TÄNZERPAAR GRÜNDET EIGENES BALLETT
(6 Zeilen)
NEW YORK - (AD) - Die ungarische Ballerina Nora Kovach und ihr
Mann, der Tänzer Istvan Rabovsky, die vor drei Jahren über Berlin den
Weg in die Freiheit gewählt haben, beabsichtigen, eine Gastspielreise
durch die Vereinigten Staaten zu unternehmen und dabei in 60 Städten
aufzutreten.

Das Tänzerpaar hat in New York eine eigene Ballettge-

sellschaft gegründet.
* * * * *

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}

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Dezember 1956

HAUSWIRTSCHAFTSLEHRE ALS AKADEMISCHES STUDIENFACH IN DEN USA
Die Familie steht dabei im Mittelpunkt
(100 Zeilen)
NEW YORK - (AD) - Wer erinnert sich in den modernen Großstädten
des 7/estens heute noch so recht der Zeit, da alle hauswirtschaftliche
Belehrung und Erziehung der Töchter einzig und allein von der Mütter
ausging, wobei allenfalls noch die Großmutter als unbedingte Wahrerin
des von Generation zu Generation überlieferten Herkommens gelegentlich
mit herangezogen wurde?

Nun - die Technik, die unaufhaltsam vorwärts

schreitende, hat auch vor der Hauswirtschaft nicht haltgemacht und sich
nicht gescheut, durch Jahrhunderte geheiligte Bräuche umzustoßen, um den
Frauen - und heutzutage manchmal auch den Männern - die Arbeit auf diesem
Gebiete zu erleichtern. Besonders in Amerika ist man in dieser Hinsicht
besonders weit vorgestoßen. Die Hauswirtschaftslehre hat dort ihren Einzug selbst auf Colleges und Universitäten gehalten, und man kann dabei
sogar den akademischen Grad des "bachelor of science", des "Bakkalaureus
der Wissenschaft", erwerben.
Die Hauswirtschaftslehre, in amerikanischen Unterrichtsanstalten
zuerst um das Jahr 1870 als förmliches Lehrfach eingeführt, hat mit den
Jahren eine ständige Umbildung und Weiterentwicklung erfahren. Der Schwerpunkt hat sich dabei von der Unterweisung in den grundlegenden hauswirtschaftlichen Tätigkeiten verlagert und zu einem vollständigen Lehrplan
ausgeweitet, der darauf abzielt, den einzelnen für die mannigfachen Aufgaben und Verpflichtungen, die das Leben in der Familie mit sich bringt,
von Grund aus vorzubereiten.
Mit dieser allmählichen Veränderung im Charakter der Hauswirtschaftslehre ging eine ständig erweiterte Anwendung ihrer Grundsätze auf die
Mechanik des täglichen Lebens einher. Infolgedessen sind heute von den
rund 64 000 in ihr Ausgebildeten, die in den Vereinigten Staaten eine
entsprechende Anstellung gefunden haben, weniger als die Hälfte - oder
annähernd 30 000 - mit der Unterweisung der Jugend in den Schulen und
Colleges betraut, während die übrigen 34 000 in Industrie und Verwaltung
in den verschiedensten Stellen Verwendung gefunden haben, welche die Fähigkeiten des ausgebildeten Hauswirtschaftlers verlangen.
Besondere hauswirtschaftliche Klassen wurden in den amerikanischen
Elementar- und höheren Schulen eingerichtet, um den Mädchen die erforder- 1 -

I
"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Dezember 1956"

erforderliche manuelle Ausbildung für die spätere Haushaltsführung zu
geben. Man beschränkte diesen Unterricht zunächst auf die überkommenen
Hausarbeiten des Nähens, Kochens und Reinigens. Aber obwohl anfangs der
Unterricht mehr auf eine theoretische Anweisung als auf die praktische
Anwendung der hauswirtschaftlichen Fähigkeiten für den Alltag abgestellt
war, erfreuten sich die Kurse doch großer Beliebtheit bei den Schülerinnen
und wurden schon bald als fester und dauernder Bestandteil des Lehrplans
der öffentlichen Schulen angesehen.
Die Folge war, daß die wachsende Nachfrage nach hauswirtschaftlichem
Lehrpersonal zur Einrichtung besonderer Ausbildungskurse für Lehrer dieses
Spezialfachs an den Colleges und Universitäten in den Vereinigten Staaten
führte. Rund 800 der genannten Bildungsstätten beschränkten sich dabei
auf die Aufnahme von Kursen, 500 andere aber verleihen, wie bereits erwähnt wurde, sogar den akademischen Grad des bachelor of science an Studenten,
die sich die Hauswirtschaftslehre als Spezialfach erwählt haben, wenn sie
die erforderlichen Prüfungen bestehen.
Das Gebiet des zu behandelnden Stoffes wurde ebenfalls erweitert, und
zwar dahin, daß man eine ganze Reihe verwandter Unterrichtsfächer mit einschloß, da die Pädagogen allmählich mehr und mehr zu der Ansicht gelangten,
daß das Ziel der hauswirtschaftlichen Erziehung darin bestehen sollte, die
Studenten mehr für die Gesamtheit der vielfältigen aus der Führung eines
Haushalts erwachsenden Aufgaben und Pflichten vorzubereiten, als den Unterricht darauf zu beschränken, ihnen einige wenige grundlegende hauswirtschaftliche Fertigkeiten beizubringen.
Der heutige Unterricht in der Hauswirtschaftslehre in den amerikanischen Unterrichtsanstalten umfaßt die gründliche Beschäftigung mit elf verschiedenen Fächern 1

Lebensmittelkunde, Ernährung, Bekleidung, Textilien,

V/ohnungsbeschaffung, Kunst im Heim, Haushaltsausstattung, Hausverwaltung,
Verwaltung des Familieneinkommens und -Vermögens, Pflege und Entwicklung
der Kinder sowie Pflege der Familienbeziehungen. Im Kittelpunkt dieses
ganzen Unterrichtsprogramms steht also immer die Familie. Das heißt» es
ist auf das Ziel ausgerichtet, die allseitige Entwicklung von Knaben und
Mädchen zu rechten und tätigen Gliedern der Familie zu fördern und durch
die Ausbildung gewisser Fähigkeiten und Fertigkeiten in ihnen die Voraussetzungen zu schaffen für die Erfüllung häuslicher Aufgaben

und ihnen da-

mit behilflich sein soll, ein sie selbst mit Zufriedenheit erfüllendes
häusliches Leben zu führen.

Obgleich
- 2 -

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAü

Dezember 1956

Obgleich man den hauswirtschaftlichen Unterricht in den Vereinigten Staaten heute in jeweils verschiedenem Umfang, sowohl im Lehrsaal des
College bis zu den untersten Stufen des Volksschulunterrichtes antrifft,
erfreut er sich zweifellos doch der größten Beliebtheit bei den Schülern
und Schülerinnen der höheren Schule, und zwar in der 7. bis 12. Stufe,
die einem Durchschnittsalter von zwölf bis achtzehn Jahren entsprechen.
Die Mädchen stellen dabei natürlich das Hauptkontingent für die Anmeldung
zu den hauswirtschaftlichen Klassen. Aber im Jahre 1954 wurden unter den
rund 2,75 Millionen höheren Schülern, die an solchen Kursen teilnahmen,
doch immerhin auch 26 500 Jungen gezählt.
Die Knaben fanden in erster Linie Interesse an den Themen, welche
die finanzielle Seite der Hausverwaltung betreffen:

der richtigen Ein-

teilung des Familieneinkommens und der notwendigen Ausgaben, den Kosten
und Vorteilen des Hausbesitzes, dem Einkauf der Verbrauchsgüter, der
Instandhaltung des Eigentums und dem notwendigen Ausbau der Einrichtung,
dem Abschluß und der Aufrechterhaltung der Versicherungsverträge, den
Steuer- und Hypothekenzahlungen.
Einem Mädchen, das sich als Hauswirtschaftierin beruflich betätigen
will, steht, wenn es seine Ausbildung auf dem College beendet hat, eine
Vielfalt von Anstellungsmöglichkeiten offen. Es kann als Lehrkraft an
einer Elementarschule, höheren Schule oder einem College wirken; es kann
eine Anstellung bei der Verwaltung finden, wo heute im Rahmen des Volkshochschuldienstes des Landwirtschaftsministeriums der Vereinigten Staaten
allein 5000 Hauswirtschaftler als Kreis-Volkshochschulbeauftragte beschäftigt sind, um mit den Frauenvereinigungen im ganzen Lande zusammenzuarbeiten; es kann sich auch auf das Gebiet der Diätetik spezialisieren
und sich damit einigen 11 000 Hauswirtschaftlern zugesellen, die entsprechende Posten in Diätküchen von Krankenhäusern und ähnlichen Anstalten, in Hotels, Restaurants sowie gewerblichen und industriellen Eroßbetrieben innehaben; und es kann schließlich seine besonderen Fachkenntnisse und -fähigkeiten als Grundlage benutzen, um auf dem Gebiete der
sozialen Wohlfahrtspflege und des öffentlichen Gesundheitswesens zu arbeiten, oder es kann sich auch schriftstellerisch, im Rundfunk oder im
Fernsehfunk betätigen, um auf diesem Wege sich die Verbreitung hauswirtschaftli^hen Wissensstoffes in breiteren Kreisen angelegen sein zu lassen.
Die

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Dezember 1956

Die Anwendungsmöglichkeiten der Hauswirtschaftalehre im Leben
unserer Zeit reichen daher in die verschiedensten Gebiete hinein. Doch
wohin sie auch immer gerichtet sein mögen, ihr Ziel bleibt stets das
gleichet

sowohl die Erwachsenen als auch die Jugend, Mädchen und

Knaben, in den praktischen Geschicklichkeiten für den Alltag zu
schulen und sie zu einem richtigen Verständnis der Beziehungen von
Mensch zu Mensch anzuleiten, das nicht nur beitragen wird zu einem
glücklicheren Leben in der Familie und der engeren Gemeinschaft,
sondern letzten Endes auch zu einer besseren Gestaltung des Lebens
aller.

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Schülerinnen einer öffentlichen Schule in Detroit
im Staate Michigan studieren im "Wohnraum" ihrer
hauswirtschaftlichen Abteilung eifrig die Lebensmittelanzeigen in den Tageszeitungen, ehe sie ihren Küchenzettel für den Tag aufstellen und einkaufen gehen.

2) Schülerinnen einer hauswirtschaftlichen Klasse in einer
amerikanischen Schule beim Unterricht im Wiederaufpolstern von schadhaft gewordenen Sesseln und Couchteilen, Beziehen von Lampenschirmen und Ausbessern
von kleineren Möbeldefekten.

* * * * *

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Dezember 1956

KUNST IM RAUM
Zu einer Ausstellung in New York
Von Norman Smith
(75 Zeilen)
NEW YORK - (AD) - Es ist faszinierend, in den Galerien nach Gemälden oder Skulpturen für das Heim zu suchen. Aber diese Aufgabe ist
nicht einfach, weil man seine Wohnung eben nicht auf die Runde durch
die Kunstsammlungen mitnehmen kann.
In anderen Worten, der zukünftige Käufer von Kunstgegenständen
ist gezwungen, sich, so gut er kann, vorzustellen, wie ein bestimmtes
Bild aussähe, wenn es in seiner Wohnung hinge. Das wird besonders kompliziert, wenn es dabei um moderne Kunst geht.
Um zur Lösung dieses Problems beizutragen, veranstalten die
Midtown Galleries in New York alljährlich eine Ausstellung, in der
führende Innendekorateure ihre Gedanken zu dem Thema darlegen.
"Kunst im Raum" heißt die Schau und ist in wenigen Jahren zu einem
der "Ereignisse der Saison" geworden, das Tausende von Besuchern aus
allen Teilen des Landes anzieht.
Die fünfte Ausstellung "Kunst im Raum", die vor kurzem zu Ende
ging, brachte eine Reihe von Lösungen für die Raumgestaltung, wobei
moderne Kunst mit älterer sowie mit ganz neuzeitlicher Einrichtung
kombiniert wurde. Einige dieser Ideen waren aufregend, andere amüsant,
aber alle waren interessant und regten zum Denken an - was die ursprüngliche Absicht war.
Die schönste Lösung war nach Ansicht vieler Besucher, einschließlich des Berichterstatters, die Wohnzimmerecke des Innenarchitekten
David Leavitt. Hier wurden die vertikalen Elemente einfallsreich - man
möchte sagen, architektonisch - eingesetzt, um die gesamte Ecke zu
einer harmonischen Ganzheit zusammenzuschließen - von den niedrigen
japanischen "Bank-Tischen" bis zur Decke. Dieser Kombination paßten
sich zwei abstrakte Gemälde von William Palmer in mehrstufigen Rahmen
auf der mit belgischem Leinen tapezierten Wand vollständig an. Arline
Wingates "Vögel im Flug" genanntes Mobile schien genau das richtige zu
sein, um die Bedeutung der Vertikale für die Ecke zu akzentuieren.
Das Hauptelement eines Entwurfs von Edward J. Wormley für e_in

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Dezember 1956

ein Junggesellenheim war eine Einbauwand mit zugehörigem Schreibtisch, die Hauptattraktion daran eine helle Zebra-Holz-Fl&che mit
einem abstrakten Gemälde von Betty Parsons. Rechts neben dem Schreibtisch hing ein Porträt von Robert Vickrey, auf einem Tischchen stand
eine Statuette von Arline Wingate.
Beide Räume waren modern eingerichtet, obwohl die kühle Leichtigkeit Leavitts nichts mit der warmen Intimität Wormleys zu tun hatte.
Stark abweichend in Atmosphäre und Gestaltung waren die traditionell
eingerichteten Zimmer.
In seinem ländlichen Eßzimmer bemühte sich John B. Wisner unter
anderem zu beweisen, daß Bilder und eine nicht zu laut gemusterte Tapete sehr wohl zusammenpassen können.

Wisner wählte ein Dessin mit

großen, weit auseinander stehenden Figuren als Hintergrund für eine
"Küste" von Zoltan Sepeshy und zwei Gemälde von Robert Sivard. Diese
modernen Bilder nehmen sich in dem konventionell ausgestatteten Raum
sehr gut aus, aber man darf nicht vergessen, daß sie alle drei gegenständlich und nicht abstrakt waren. Die Ausstellung ließ eines deutlich werden, nämlich, daß abstrakte Kunst am besten nur in ganz modernen Räumen verwandt wird.
Bemerkenswert waren außerdem ein Foyer und eine Eßnische in
elegantem Renaissance-Stil. Hier bildeten die Wände, die mit einem
- prosaisch Matratzen-Drell benannten - eng gewebten Material tapeziert
waren, einen neutralen Hintergrund für ein "Zwischenspiel" von Isobel
Bishop im Foyer und "Möwen und Frucht" von Emlen Etting in der Eßnische .
Ein weiterer interessanter Vorschlag, der allerdings nicht viel
Anklang fand, war das Sprechzimmer eines Zahnarztes, in dem gegenüber
dem Schmerzensstuhl ein "erholsames" Gemälde von William Pahlmann an
der Wand hing. Der Grundgedanke - zu zeigen, daß Bilder nicht nur in
der Wohnung genossen werden müssen - wurde sehr begrüßt. Aber der Kritiker wurde nicht überzeugt, daß sich dieser Ort zur Bewunderung eines
Gemäldes eigne

- und wenn es noch so "erholsam" sei.

Es lag keineswegs in der Absicht der "Kunst im Raum", die Menschen
zu überzeugen, daß sie ihre Eßzimmer in ländlichem Stil einrichten oder
in ihre Arbeitszimmer Zebra-Holz-Wände einziehen sollten. Zweck der

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)

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Dezember 1956

der Ausstellung, die starkes Interesse fand, war vielmehr, zu zeigen,
wie Kunst sich harmonisch in jeden Stil einfügt.

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Die Wohnzimmerecke des amerikanischen
Innenarchitekten David Leavitt wird durch
zwei abstrakte Gemälde und ein Mobile belebt.
Interessant ist die Betonung der Vertikale.
* * * * *

DAS INTERESSIERT DIE HAUSFRAU

NEUES VON DEN NAHRUNGS- UND GENUSSMITTELN
Kartoffeln von Eiern "überrundet"

-

Luxusobst wurde

Volksnahrungsmittel
(AD) - Die Amerikaner, so sagt die Statistik, essen heute nicht
halb so viel Kartoffeln wie vor dem ersten Weltkrieg und auch der Verbrauch an Brot und Getreideprodukten wie Haferflocken, Hafermark und
dergleichen ist in den letzten Jahrzehnten sehr bedeutend zurückgegangen.Dafür ist der Konsum von Milchprodukten, einschließlich Butter, um
rund 15 Prozent gestiegen. Noch eindrucksvoller ist die Zunahme an Beliebtheit von anderen Nahrungsmitteln, denn heute werden in den USA
rund 50 Prozent mehr Eier gegessen als 1910 und der Konsum von Obst und
Gemüse ist sogar um 60 Prozent gestiegen.
Einen bedeutenden Anteil an dieser Entwicklung hat die Tatsache,
daß Orangen und andere Citrusfrüchte, die noch vor wenigen Jahrzehnten
als Luxus galten, heute in großen Mengen von der gesamten Bevölkerung
der USA -genossen werden. Größtenteils kommen diese Früchte in Form tiefgekühlter konzentrierter Säfte auf den Markt, wobei ihr außerordentlicher
Vitaminreichtum erhalten bleibt. In den beiden letzten Jahren machte der
Konsum von "Juice" aus Orangen, Grapefruit oder Zitronen 22 Prozent des ge
samten Obstverbrauchs in den Vereinigten Staaten aus und die Nachfrage
steigt weiterhin steil an.

* * *
Kaffee

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Kaffee

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Dezember 1956

ein neuer Aktivposten der mittelamerikanischen

Kleinstaaten
Der Staat Panama, der viele Jahre hindurch nicht genug Kaffee
produzierte, um den Inlandsbedarf decken zu können, entwickelt sich
in letzter Zeit zum bedeutenden Kaffee-Exporteur.

Noch zwischen

1951 und 1954 betrug die Ernte rund 42 000 Sack im Jahr, was ungefähr
dem Eigenverbrauch entsprach. Angesichts der steigenden Weltmarktpreise
unternahm jedoch die panamesische Industrie, unterstützt von der ICA,
große Anstrengungen, die Kaffeeplantagen zu erweitern, um exportieren
zu können. Das erste Ergebnis dieser Bemühungen war ein Export von
10 700 Sack im vorigen Jahr.
Panamas Nachbarstaat Costa Rica, der hingegen bereits seit langem
Kaffee ausführt, hat seine Produktion durch neue Pflanzungen, durch vermehrte Verwendung von Kunstdünger und durch Einführung neuer Kultivierungsmethoden inzwischen intensiviert und darf nunmehr eine Rekordernte erwarten, die weit über die optimistische Voraussage von 613 000 Sack
hinausgehen wird.
* * *

Welche Brotsorten liebt der Amerikaner?
Das Marktamt für Agrarprodukte führte kürzlich Erhebungen über die
Beliebtheit der fünf häufigsten Weißbrotsorten durch, die vor allem ergaben, daß die Bevölkerung der USA den flaumigeren Broten gegenüber den
Sorten von größerer Konsistenz den Vorzug gibt. Ebenso wird Weißbrot mit
Zusatz von Milchfeststoffen mehr geschätzt als Sorten, die keine derartigen Beimengungen aufweisen - allerdings wird dabei wenig Unterschied zwischen den Sorten mit siebenprozentigem und jenen mit nur vierprozentigem
Gehalt gemacht. Eindeutig wird ein größerer Gehalt an Rohrzucker geschätzt
- man gab nämlich allgemein Weißbrot mit sieben Prozent dem zweiprozentigen gegenüber den Vorzug. Vollkommen einig waren sich die befragten amerikanischen Hausfrauen in der Ablehnung von schwammigem Brot. Die Untersuchung ergab auch, daß fast in allen Familien Weißbrot zu drei Mahlzeiten
am Tag serviert wird, wenn auch einzelne Familienmitglieder nicht regelmäßig Brot essen»
* * * * *

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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Dezember 1956

AUS HAUSFRAUEN V/ERDEN LEHRERINNEN
Ein amerikanischer Versuch, das Problem der Lehrerknappheit
zu lösen
( 16 Zeilen)
WASHINGTON D.C. - (AD) - In den Vereinigten Staaten von Amerika
hat man vor einigen Jahren damit begonnen, geeignete Hausfrauen, die
über eine College-Ausbildung verfügen und die von ihrem Haushalt
nicht mehr voll in Anspruch genommen werden, in besonderen Kursen
zu Lehrern auszubilden. Damit sollen nicht nur Arbeitsmöglichkeiten
für qualifizierte Frauen geschaffen werdenj in erster Linie dient
dieses Programm dazu, den akuten Lehrermangel an den amerikanischen
Grund- und Mittelschulen, die zur Zeit von ungefähr 38 Millionen Kindern besucht werden, zu beheben.
Die Unterstaatssekretärin im amerikanischen Arbeitsministerium,
Mrs. Alice K. Leopold, stellte vor einigen Tagen in einem Bericht fest,
daß seit 1954 ungefähr 11 000 Frauen diese Ausbildung abgeschlossen
haben beziehungsweise an Colleges und Universitäten eingeschrieben sind.
Schulräte und Schulleiter in Detroit und in San Diego, wo die Ergebnisse dieses Programms überprüft wurden, klassifizieren die neu rekrutierten Lehrkräfte als "überdurchschnittlich".

* * * * *

NEUES ÜBER ANTIBIOTIKA
Neue Konservierungsmethoden und Medikamente gegen
Pflanzenkrankheiten
(25 Zeilen)
(AD) - In den letzten Jahren wurden sehr eingehende Forschungen
über die Möglichkeit angestellt, rohe Nahrungsmittel durch Behandlung
mit kleinen Mengen von Antibiotika lange Zeit hindurch frisch zu erhalten. Ein Teil dieser Versuche, die in verschiedenen Universitätsinstituten und Industrielaboratorien in den Vereinigten Staaten durchgeführt wurden, unterstehen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) der Vereinten Nationen. So auch die umfangreiche, vor kurzem
an der Universität von Kalifornien abgeschlossene Untersuchung über die
beste Methode, Fisch durch Antibiotika wochenlang genußfähig zu erhalten.
Dabei

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Dezember 1956

Dabei wurden insgesamt 14 Antibiotika getestet, 10 davon darunter auch das Penicillin - erwiesen sich jedoch als ungeeignet.
Von den restlichen vier, die für die kommerzielle Fischkonservierung
in Frage kommen, zeigte sich Aureomycin als das vorteilhafteste.
Die Verwendung des gleichen Präparates für die Konservierung von
Geflügel wurde kürzlich in den USA durch die Nahrungs- und Heilmittelbehörde ausdrücklich genehmigt. Die Anwendung der Antibiotika
ist nämlich wie jede andere Konservierungsmethode an die strengen
Nahrungsraittelgesetze zum Schutz des Verbrauchers gegen gesundheit-rliche Schäden gebunden. Im Falle der Frischhaltung mittels Antibiotika mußte erst durch unzählige wissenschaftliche Versuche nachgewiesen werden, daß die geringen verwendeten Mengen nicht in den
menschlichen Körper gelangen und unter Umständen eine Überempfindlichkeit auslösen, die bei einer späteren medizinischen Behandlung
mit dem betreffenden Antibiotikum stören würde.

* * * * *
BACKDÜFTE ZIEREN DURCH DAS HAUS
Weihnachtliche Küche mit den amerikanischen Spezialitäten
Plumpudding - Fruit Cake - Eggnog

(AD) - Daß man in den USA zu Weihnachten den Truthahnbraten
einem Gänsebraten vorzieht, ist hinlänglich bekannt. Daß auf die
Festtafel je nach Familientradition aber auch Plumpudding oder Fruit
Cake mit einem echten Kentucky Eggnog gehören, weiß man nicht überall.
In Neuengland, dem Siedlungsgebiet der vorwiegend englischen Einwanderer, halten viele Familien noch an der englischen Plumpudding
sitte fest. Für sie ist erst dann wirklich Weihnachten, wenn der mit
Zucker bestreute und mit Alkohol übergossene, von saftigen Früchten
strotzende Pudding, der meist schon einige Zeit vor dem Fest zubereitet
wird, damit er auch Zeit zum richtigen Durchziehen hat und die würzigen
Zutaten sich so recht vermischen können, zum festlichen Weihnachtsmahle
angezündet wird. Es gilt vielfach heute noch der alte Yorkshire-Glaube,
daß man ebensoviele glückliche Monate im Neuen Jahr verleben wird, wie
man in den verschiedenen Heimen in den zwölf Tagen und Nächten vffir
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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU



Dezember 1956

vor Weihnachten Plumpudding gegessen hat.

PLUMPUDDING
Man siebt:

120 Gramm feines Weizenmehl
1 Teelöffel Backpulver
1
"
Salz
1
"
Zimt
1/4
"
Muskatnuß
3/4
"
Muskatblüte

Man gibt dazu:

250
250
125
125
125
250

Gramm
"
"
"
"
"

Rosinen
in Rum oder Whisky geweichte Korinthen
feingeschnittene Zitrone
feingeschnittenes Zitronat und Orangeat
grobgeschnittene Walnußkerne
zerkleinertes, entrindetes altes Weißbrot

Diese Kasse wird zu einem glatten Teig verarbeitet
unter Zugabe von:
225 Gramm Nierenfett
200
"
Farinzucker
3 verquirlte und schaumig geschlagene Eier
6 Eßlöffel Johannisbeergelee
2
"
Sherry-Wein
2
"
Rum oder Weinbrand
Man füllt die Masse in zwei fest verschließbare Puddingformen und
läßt sie im Wasserbad etwa 6 Stunden garziehen. Das Wasser muß die Formen
stets zu 2/3 bedecken, auch dürfen die Formen im '/Vassergef äß nicht aufstehen. Verdampftes Wasser muß nachgefüllt werden.
Es empfiehlt sich den Pudding, der für .16 Personen ausreicht,
einige Zeit vor dem Fest zu bereiten. Am besten bewahrt man ihn in
der mit Wachspapier verschlossenen Form an einem kühlen und dunklen
Ort auf. Vor dem Anrichten läßt man ihn nochmals etwa eine Stunde im
Wasserbad durchziehen, stürzt ihn, bestreut ihn mit Zucker und begießt
mit hochprozentigem Alkohol. Mit einem Streichholz wird.der verdampfende
Alkohol entzündet. Mit weihnachtlichem Dekor angerichtet, serviert man
ihn mit schaumiger Vanillensauce, einer Weinschaumtunke oder einem Glas
echten Kentucky Eggnog.
FRUIT CAKE
Obwohl es in den Vereinigten Staaten heute überall Fruit Cakes
in allen Größen, Qualitäten und Verpackungen zu kaufen gibt, wie anderswo etwa die Lebkuchen, so gibt es doch noch eine ganze Reihe amerikanischer Hausfrauen, die es vorziehen, diesen köstlichen Kuchen, der
eigentlich ein ganz exquisites Früchtebrot ist, selbst nerzustenen.
Holiday Fruit Cake
Die Zubereitung der Früchte wird am besten zuerst vorgenommen,
damit die in Wein oder Rum oder Weinbrand geweichten Rosinen und Korinthen gut durchziehen können. Zitronen- und Orangenschalen werden sehr
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"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

Dezember 1956

sehr fein gewiegt, die kandidierten Früchte etwas gröber geschnitten
und die Nußkerne nach dem Erhitzen ebenfalls grob zerkleinert.
Zutaten zur Teigmasse
Man rührt schaumig:

220
400

schlägt nacheinander
hinein :

Gramm Butter oder Butterschmalz
"
Farinzucker

große Eier

Dann werden gesiebt

375 Gramm feines Kehl
1 1/2 Teelöffel Backpulver
1
"
Salz

und die Gewürze dazugegeben :

1 Teelöffel Zimt
1
"
Muskatnuß
1/2
"
Muskatblüte
1/2
"
gestoßene Nelken

man rührt die Flüssigkeiten ein:

3 bis 4 Eßlöffel starker schwarzer Kaffee
100 Gramm Johannisbeergelee
100
" Melasse

zuletzt kommen die vorbereiteten Früchte dazu:
450
225
, 225
450
225

Gramm
"
"
"
"

Rosinen oder Sultaninen
Korinthen
Datteln
gemischte kandierte Früchte
Nüsse

und die abgeriebenen Schalen und den Saft
je einer Zitrone und einer Orange.
Man füllt die Masse in eine mit gutgefettetem Wachspapier ausgelegte Backform und zwar ziemlich voll und bäckt 2 1/2 bis 3 Stunden
im Ofen, die letzte Stunde wird das Backgut mit Wachspapier abgedeckt.
Bei der Stäbchenprobe muß das Hölzchen ganz sauber herauskommen.
Alte Hausfrauen wickeln den Cake, nachdem er in der Form abgekühlt ist,
in ein weingefeuchtetes Tuch, um ihn nun erst richtig "reif" werden zu
lassen. So ein Fruit Cake ist luftdicht abgeschlossen und an einem
kühlen Ort aufbewahrt fast unbegrenzt haltbar.

KENTUCKY EGGNOG
9
1
175
1/8
1/8

Eier
Liter
Gramm
Liter
Liter

Sahne zum Schlagen
Zucker
Whisky
Rum

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1/8 Liter Gin

AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU

1/8
1/8

Dezember 1956

Liter Gin
"
Weinbrand

Eiweiß und Eidotter werden getrennt geschlagen. Der Zucker
wird geteilt und zu einem Teil dem Eischnee, zum anderen der
Dotterschaummasse beigefügt. Man gibt unter ständigem Schlagen
die Sahne und in kurzen Abständen die Spirituosen hinzu.
Sollte die Creme zu dick werden, wird mit etwas Büchsensahne
vorsichtig gestreckt. Süßen nach Geschmack. Durch das ständige
Schlagen wird das Getränk besonders cremeartig und fein, und es
wird so das Ausscheiden einzelner Ingredienzen verhindert.

*

* * * *

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RTIKEL DIENST

PARTNERIN UND MUTTER

Soviel von den Schwierigkeiten, von denen manche noch unverändert
bestehen, manche im Schwinden begriffen sind. Warum versuchen die Frauen
dann ihr Glück in dieser halb vielversprechenden, halb feindlichen Welt?
Frauen in höhergestellten Positionen arbeiten aus demselben Grund, aus dem
Frauen in Fabriken arbeiten, was wiederum derselbe Grund ist, aus dem
Männer arbeiten: um Geld zu verdienen. Die alleinstehende Frau verdient
ihr Brot und unterstützt vielleicht noch Angehörige; die verheiratete
Frau verbessert durch ihren Beitrag oft den Lebensstandard der Familie,
und selbst wenn ihr Mann eine gute Position hat, ist es vielleicht ihr
Gehalt, das Extraausgaben und Luxus ermöglicht, vielleicht auch eine
bessere Schulausbildung für die Kinder als die Familie sie sich sonst
leisten könnte .
Dennoch gibt es so etwas wie ein Dilemma für eine verheiratete
Frau, die Kinder und ein ganz gutes Einkommen hat. Ihr Gehalt, zusammen
mit dem ihres Mannes, stuft die Familie in eine höhere Steuerklasse ein.
Deshalb und weil von dem Gehalt eine Haushälterin bezahlt werden muß (wenn
sich eine findet) plus ein Mehr an Kleidung, Essen im Restaurant, Fahrten
zwischen Wohnung und Arbeitsplatz und alles andere, was durch die Berufstätigkeit bedingt und nirgends abzusetzen ist, hat ihr Mann vielleicht
das Gefühl, es lohne sich nicht, daß sie arbeite.
Geld ist natürlich nicht das einzige Motiv, und es steht außer
Frage, daß manch eine berufstätige Frau arbeitet, weil es ihr Spaß
macht - besonders die verheiratete, die nicht ihren Lebensunterhalt
verdienen muß. (Eine Untersuchung, die während des Krieges angestellt
wurde, ergab, daß von Vj 000 befragten Frauen 20 Prozent der verheirateten und nur vier Prozent der alleinstehenden arbeiteten, weil es
ihnen Freude machte.) Rund 40 Prozent der verheirateten Amerikanerinnen

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gehen noch im ersten Jahr nach der Heirat zur Arbeit, häufig, um ihren
Männern die Absolvierung des College oder den Start ins Berufsleben zu
erleichtern. Etwa 15 Prozent arbeiten weiter, selbst wenn sie keine Kinder
haben, oft, weil sie müssen, oft, weil sie sich zu Hause einaamfühlen und
langweilen.
Viele verwitwete oder geschiedene Frauen arbeiten wieder, und auch
Fiauen mit erwachsenen Kindern

kehren oft zu ihrem früheren Arbeitsplatz

zurück, um einen Beruf auszuüben, für den sie sich besonders interessieren,
oder vielleicht auch nur, um die Leere in ihrem Leben auszufüllen. Zwischen
1940 und 1955» in einer Zeit, in der die Gesamtzahl der berufstätigen Frauen
um 48 Prozent anstieg, erhöhte sich die Zahl der über 45jährigen weiblichen
Berufstätigen um 170 Prozent.
Zur Zeit der militanten Frauenbewegung glaubten die Frauen, sie müßten
wählen zwischen Ehe und Karriere, zwrschen Heim und Büro. Heute können sie
ganz selbstverständlich beides wählen, und sie tun es auch. Der Preis, den
eine verheiratete Frau, die Kinder hat, zahlen muß, um eine leitende Position
einzunehmen, ist hoch. Dennoch zahlt ihn eine ganze Reihe von Frauen gern mit einer gnädigen Verneigung vor ihrem "kooperativen" und "verständnisvollen"
Ehemann.
Manche Frauen lösen den Konflikt zwischen Ehe und Beruf dadurch, daß sie
eine Halbtagsstellung annehmen. Eine solche ist jedoch meistens schlecht bezahlt. Eine leitende Position aber erfordert die ganze Zeit.
Man liest von Zeit zu Zeit, daß es in den Entwicklungsjahren der Kinder
keinen Ersatz für die Mutter gebe. Auf der anderen Seite konsultiert man
vielleicht einen Kinderpsychologen, der sagt, daß es nicht auf die Länge der
Zeit ankomme, die Eltern mit ihren Kindern verbringen, sondern darauf, wie
diese Zeit ausgefüllt und verwendet wird, und daß, solange ein Kind nur Wärme
empfängt, diese nicht unbedingt von seiner leiblichen Mutter kommen müsse.
Und natürlich wird eine Frau noch nicht zu einer guten Mutter, nur weil sie
zu Hause bleibt.
Die Frauen heiraten früher als vor dem zweiten Weltkrieg und bekommen
früher und häufiger Kinder. Aus einer Erhebung am Sweet Briar College zum
Beispiel geht hervor, daß nur 55 Prozent der Absolventinnen des Jahres 1930
fünf Jahre nach der Graduierung verheiratet waren, gegenüber 80 Prozent der
Absolventinnen von 1945» Im Jahre 1955 waren 89 Prozent der Abschlußklasse
von 1930 verheiratet, 93 Prozent der von 1945.

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Die jungen Ehemänner dieser jungen Frauen verbringen viel Zeit - die
ihnen in reichlicherem Maße zur Verfügung steht als ihren Vätern - mit
Hausarbeit und Kinderpflege. Die jungen Frauen bedienen sich der letzten
technischen Neuerungen, die es ihnen erlauben, den Haushalt perfekt in Schuß
zu halten, ohne sich dabei stundenlang abzurackern. Viele Amerikanerinnen
sind mit dem Leben, so, wie es ist, zufrieden. Pädagogen und Soziologen
geben allerdings zu, daß es auch eine etwas unglückliche Gruppe von Frauen
gibt; diese glauben, daß die Arbeit, die sie zu Hause verrichten, weniger
wertvoll ist als die Arbeit, die Männer oder andere Frauen außerhalb des
Hauses leisten. Umgekehrt gibt es alleinstehende Frauen, die Geld verdienen
und sich dabei nach dem "bequemen", gesicherten Leben ihrer verheirateten
Schwestern im Haushalt sehnen.
B| gibt noch keinen klar vorgezeichneten Weg, dem die Frauen folgen
könnten. "Die freie Frau wird gerade geboren", schreibt Simone de Beauvoir
in "Das andere Geschlecht". Ein Mann geht ganz automatisch zur Arbeit, um
sich und seine Familie zu ernähren. Eine Frau hat in gewisser Hinsicht mehr
Entscheidungsfreiheit, aber die Entscheidung ist oft schwer zu treffen, und
sie ist vielleicht nie ganz sicher, ob es die richtige war. Die Frau, die
im Beruf Erfolg hat, wird bewundert und manchmal auch bemitleidet. Die Frau,
die außer Hause arbeitet und ihre Kinder der Obhut einer Kinderschwester
oder eines Kindergartens anvertraut, wird vielleicht schief angesehen oder
um ihrer Freiheit willen beneidet. Und die Frau, die zu Hause bleibt, wird
vielleicht kritisiert, "nur eine Hausfrau" zu sein.
Mädchen werden mehr oder weniger auf die gleiche Art erzogen wie ihre
Brüder. Es wird ihnen gelehrt, daß die Geschlechter gleichberechtigt sind.
Aber selbst für die klügste, schwer arbeitende junge Frau ist es vielleicht
schwierig, die Stellung zu bekommen, die sie möchte - wenn sie wirklich weiß,
was sie will. Sie wird wahrscheinlich nicht so gut bezahlt wie der Mann am
nächsten Schreibtisch. Sie wird nicht so schnell vorwärtskommen. Aber es gibt
keinen Zweifel, daß die Frauen seit dem zweiten Weltkrieg im Berufsleben
vorangekommen sind. Wenn die heutige Nachfrage nach Führungspersönlichkeiten
und technischen Begabungen anhält, werden sie noch mehr erreichen.